Formerfordernisse im Arbeitsverhältnis

Verwirrende Vielfalt


Jasmin Johanna Herbst

Eine Abmahnung kann mündlich erfolgen, während die Kündigung per E-Mail unwirksam ist. Das ist nur eines von vielen Beispielen dafür, wie kompliziert es sein kann, alle Formvorschriften im Arbeitsrecht sauber einzuhalten. Dieser Beitrag will Licht ins Dunkel bringen, wann welche Formerfordernisse gelten, und zugleich aufklären, inwieweit die gesetzlichen Vorschriften den digitalen Ansprüchen noch hinterherhinken.

Die Vielfalt der formalen Anforderungen im Arbeitsrecht kann mitunter sehr verwirrend sein. (© AdobeStock/WoGi)

Ist die Schriftform gesetzlich festgelegt, so bedeutet dies, dass das Schriftstück, die Erklärung oder der Vertrag mittels eigenhändiger Namensunterschrift unterzeichnet werden muss, um Gültigkeit zu erlangen. Die Person des Ausstellers muss dabei individuell erkennbar sein, was grundsätzlich die Unterzeichnung mittels Familiennamen erforderlich macht (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2002, V ZR 279/01). Während der Vorname allein nicht als Unterschrift genügt, ist er in Verbindung mit dem Nachnamen auch nicht zwingend hinzuzufügen. Die Vorgaben an die Leserlichkeit der Unterschrift sind relativ niedrig: Die Unterschrift muss individualisierbar sein und bestimmte charakteristische Merkmale enthalten. Bloße Namenskürzel sind nicht ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1997, IX ZR 24/97).

Ist die elektronische anstelle der Schriftform zulässig?

Die elektronische Form kann die gesetzliche Schriftform nur dann ersetzen, wenn dies gesetzlich nicht verboten ist (vgl. § 126 Abs. 3 BGB). Um die elektronische Form zu wahren, muss der Aussteller seiner Erklärung seinen Namen hinzufügen und mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen (vgl. § 126 a BGB). Es bedarf insofern eines zusätzlichen Zertifikats, das eine vorherige Identitätsprüfung sicherstellen soll. Eine lediglich eingescannte Unterschrift erfüllt diese Erfordernisse nicht.

Befristung? Immer Schriftform!

Im Befristungsrecht – also immer dann, wenn ein Arbeitsverhältnis nur für einen bestimmten Zeitraum bestehen soll – gilt, dass die Befristungsabrede schriftlich von beiden Vertragsparteien unterzeichnet sein muss, bevor die Tätigkeit durch den Arbeitnehmer aufgenommen wird 14 Abs. 4 TzBfG).

Wird die Schriftform nicht eingehalten, sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine eindeutige Rechtsfolge vor: Das Arbeitsverhältnis wird dann automatisch zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, was vor allem im Bereich des Kündigungsschutzes gravierende Folgen hat.

Dann endet das Arbeitsverhältnis nämlich nicht, wie ursprünglich vorgesehen, mit Erreichen eines Zwecks, eines bestimmten Datums oder mit Wegfall eines festgelegten Sachgrundes, sondern vielmehr bedarf es einer Kündigung und in der Regel eines Kündigungsgrundes, wenn das Arbeitsverhältnis beendet werden soll.

Gleiches gilt für Änderungs- bzw. Ergänzungsvereinbarungen: Auch jene bedürfen der Schriftform. Zwar ist es zulässig, dass die Schriftform der Befristungsabrede durch die elektronische Form ersetzt wird. Hierzu bedarf es allerdings von beiden Vertragsparteien jeweils einer qualifizierten elektronischen Signatur.

Und was ist mit der Entgeltabrechnung?

Wurde ein Arbeitsverhältnis – ob befristet oder unbefristet – begründet und die erste Arbeitsleistung erbracht, dann schreibt § 108 Abs. 1 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) vor, dass der Arbeitgeber über die Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung erstellen muss. Diese muss zumindest in Textform gewährt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer transparent nachvollziehen kann, welche Berechnungen der Zahlung zugrunde liegen. Grundsätzlich keinen Anspruch hat der Arbeitnehmer darauf, die Entgeltabrechnung in ausgedruckter Version zu verlangen.

Nachwuchs in der Belegschaft

Sofern eine Arbeitnehmerin die Nachricht über eine festgestellte Schwangerschaft erhält, muss sie den Arbeitgeber gemäß § 15 MuSchG über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin informieren. Dazu ist kein gesetzliches Formerfordernis einzuhalten.

Begehrt ein Elternteil sodann Elternzeit, muss dies gegenüber dem Arbeitgeber in Schriftform bzw. alternativ mittels qualifizierter elektronischer Signatur erklärt werden. Die Nichteinhaltung der Schriftform kann unter Umständen dazu führen, dass das Begehren als unwirksam gilt.

Kürzung des Erholungsurlaubs während der Elternzeit

Grundsätzlich führen in bestehenden Arbeitsverhältnissen weder Langzeiterkrankungen noch Elternzeiten dazu, dass kein Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht. Anders als bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern kann jedoch der Urlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt werden 17 Abs. 1 S. 1 BEEG), sofern der Arbeitnehmer in der Elternzeit keiner Teilzeitbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber nachgeht. Die anteilige Kürzung des Urlaubs muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedoch mitteilen. Eine Formerfordernis gilt hier zwar nicht, es bietet sich jedoch schon aus Beweiszwecken an, eine solche Erklärung in schriftlicher Form abzugeben und sich den Empfang bestätigen zu lassen.

Reduzierung/Verlängerung der Arbeitszeit

Sollen Arbeitszeiten in ihrem Umfang dauerhaft verringert werden? Dann muss der Arbeitnehmer seinen Wunsch in Textform an den Arbeitgeber richten (§ 8 Abs 2 TzBfG). Der Arbeitgeber ist sodann verpflichtet, dem Arbeitnehmer seine Entscheidung in Textform mitzuteilen 8 Abs. 5 S. 1 TzBfG). Gleiches gilt für eine Verlängerung der Arbeitszeit 9 TzBfG).

Übertragung des Betriebs

Wenn der Arbeitgeber den Entschluss fasst, seinen Betrieb zu übertragen, verpachten, verkaufen oder verschenken, dann gelten in der Regel die Vorschriften zum arbeitsrechtlichen Betriebsübergang 613 a BGB). So muss der bisherige oder neue Inhaber die Belegschaft über den Betriebsübergang informieren, konkret zum Zeitpunkt, dem Grund, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen sowie die geplanten Maßnahmen.

Diese Unterrichtung kann in Textform erfolgen. Sofern diese nicht erfüllt wird, gilt die Unterrichtung als nicht erfolgt. Dies kann gravierende Folgen haben: Eine rechtsunwirksame Unterrichtung löst die Monatsfrist zum Widerspruch der Arbeitnehmer nicht aus, weshalb sie auch noch Jahre später dem Betriebsübergang widersprechen können (vgl. BAG, Urteil vom 21.12.2017, 8 AZR 700/16).

Sofern der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen möchte, so kann er dies in Schriftform oder in elektronischer Form tun (§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB).

Kündigung, Zeugnis und Aufhebungsvertrag

Wenn das Arbeitsverhältnis einseitig durch Kündigung beendet werden soll – unabhängig, ob von Seiten des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers – so muss dies zwingend in Schriftform erfolgen (§ 623 S. 1, 1. Alt. BGB). Eine Kündigung via E-Mail, über Kurzmessenger oder sogar mündlich ist unwirksam.

Auch dann, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, kann ein einvernehmlich geschlossener Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis nur in Schriftform beenden 623 S. 1, 2. Alt. BGB).

Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ausstellen eines Arbeitszeugnisses geltend macht: Dies bedarf zwingend der Schriftform, die elektronische Form ist ausgeschlossen (§ 106 Abs. 3 GewO).

Fazit

So sinnvoll die strengen gesetzlichen Formvorschriften im Arbeitsrecht aus Gründen der Transparenz und des Arbeitnehmerschutzes auch sein mögen, für Arbeitgeber stellen die vielen unterschiedlichen Erfordernisse jedoch hohe Hürden in der Praxis dar.

Hier wäre aus Gründen der Vereinfachung der Gesetzgeber gefragt, klare und vor allem nachvollziehbare Regelungen zu treffen. Sofern das Nachweisgesetz tatsächlich angepasst wird, wäre dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 

Von hoher arbeitsrechtlicher Relevanz: das Nachweisgesetz

Zum 01.08.2022 gab es diverse Ergänzungen und Änderungen, die zum Inhalt des Nachweisgesetzes wurden. Dieses sieht vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über verschiedene Konditionen des Arbeitsverhältnisses zwingend schriftlich informieren muss: Dazu zählen u. a. alle Entgeltbestandteile, die Kündigungsmodalitäten, Arbeitszeit und Überstundenregelung. Das Nachweisgesetz legt hierzu fest, dass die Inhalte in einem schriftlich zu schließenden Arbeitsvertrag festzuhalten sind, oder dem Arbeitnehmer im Rahmen einer schriftlichen Informationsniederschrift ausgehändigt werden müssen.

Seitdem diese umfassenden Regelungen 2022 in Kraft traten, nahm die Kritik hieran nicht ab. Ein solch hohes Schriftformerfordernis zu fixieren, scheint im Zuge der Digitalisierung ein Schritt in die Vergangenheit zu sein. Zuletzt teilte der Bundesjustizminister im März 2024 mit, dass sich das Bundeskabinett auf einen Entwurf verständigt habe, nach welchem das Nachweisgesetz in Zukunft anstelle der strengen Schriftform auch die Textform zulassen will.

Jasmin Johanna Herbst, LL.M, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin, 56068 Koblenz, E-Mail: jasmin.herbst@dr-sup.de

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