Alles abgeblasen – und dann?

Liebe Leserinnen und Leser,

sicher erinnern Sie sich: „Lieber kein Gesetz als ein schlechtes“! Diesen Standpunkt haben wir an dieser Stelle klar und deutlich vertreten. Und nun könnte es tatsächlich so kommen; jedenfalls mehren sich die Zeichen dafür. Zwar kommt kaum ein Entwurf aus einem Gesetzgebungsverfahren so heraus wie er hineingegangen ist. Andererseits gibt es keine vollkommenen Metamorphosen – als hässliche, schwer zu schluckende Larve hinein, als schöner Schmetterling mit einem hübschen Honorarnachschlag, dafür ohne „Apotheke light“ und Honorarumverteilung wieder hinaus. Das wäre ein atemberaubendes Novum – oder schlicht: es ist nicht sehr realistisch. Die Verfasser des Entwurfs wären völlig blamiert, und zudem dürfte alles, was nennenswert Geld kostet, an Bedenken u. a. aus dem Finanz- sowie Wirtschaftsministerium scheitern, nicht zuletzt, weil die mächtigen Krankenkassen Krach schlagen würden.

Da ist es wahrscheinlicher, nachdem der Widerstand gegen die bisherige Variante nicht mehr zu ignorierende Dimensionen angenommen hat, das Vorhaben „Apotheken-Reformgesetz“ einfach in der Versenkung verschwinden zu lassen. Lieber kein Gesetz als … siehe oben. Wäre da nicht die Sache mit den Skonti. Zwar könnte man die auch ohne Apothekenreform wieder erlauben. Doch wird ein Gesundheitsminister nach einem Scheitern seines Gesetzes dafür noch zu motivieren sein, alternativ der Wirtschaftsminister (in dessen Kompetenz die Arzneimittelpreis-Verordnung immer noch fällt)? Ernstliche Zweifel sind angebracht.

Dann sähe die Bilanz so aus: 2,8 Mrd. € mehr Honorar gefordert (reale Kosten 3,3 Mrd. €), mit minus 400 Mio. € geschätzten Skonti-Einbußen vom Platz gegangen. Erfolg á la Apotheken-Standespolitik. Da bleibt nur, mehr Fortüne mit einer neuen Regierung zu wünschen. Tipp: Frühzeitig tragfähige Brücken bauen – und Cannabis nicht vergessen!

Gehen Sie trotzdem froh und munter in den nun nahenden Herbst!

Es grüßt Sie herzlichst,

Ihr

Prof. Dr. Reinhard Herzog