André Welke
Beginnen wir mit etwas Persönlichem, Herr Baer: Wie sind Sie zur ELAC gekommen?
Frank Baer: Ich habe Sport studiert und bin durch mein Interesse an der Sportmedizin in der pharmazeutischen Industrie gelandet. Dort habe ich verschiedene Stufen durchlaufen, bevor ich von ELAC-Elysée gefragt wurde, ob ich an diesem spannenden Unternehmen teilhaben möchte.
Wie ist die ELAC-Elysée entstanden?
Frank Baer: Anlass waren 2003 das Beitragssicherungsgesetz und die ersten Rabattverträge.
Eine Gruppe von Apothekern traf sich in Hamburg im Hotel Grand Elysée – daher auch der Namenszusatz – und hat beraten, wie man größtmögliche Unabhängigkeit bewahrt und zugleich gemeinsam – aus der eigenen Stärke heraus – Herausforderungen begegnet. Richtig gestartet ist die ELAC dann 2004.
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Frank Baer, Geschäftsführer von ELAC Elysée
Und wo steht die ELAC heute?
Frank Baer: Wir stehen sehr gut da und sind weiterhin auf Expansionskurs. So konnten wir allein im vergangenen Jahr 64 neue Partnerapotheken begrüßen und sind damit bei knapp 550 Guten Tag Apotheken, darunter auch 135 Center-Apotheken mit hohen Kundenfrequenzen. Um noch ein paar Zahlen zu nennen: Wir arbeiten mit 68 Industriepartnern zusammen, bei manchen Nahrungsergänzungsprodukten liegt unser Marktanteil bereits bei 11 %.
Auch heute noch setzen wir unsere Gründungsphilosophie konsequent um: Die ELAC Elysée hat sich ihre Unabhängigkeit auch vom Großhandel bewahrt und kann daher schnell und effizient auf Veränderungen reagieren.
Die größte Herausforderung für Apotheken besteht aktuell darin, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten. Kunden verlieren kann schneller gehen als man denkt.
Stichwort Expansionskurs: Können Sie das Ziel Ihrer Wachstumsstrategie konkretisieren?
Frank Baer: Das Ziel sind rund 700 Mitgliedsapotheken in den kommenden Jahren. Aber wir gehen das ruhig an. Wir setzen nicht auf Masse, sondern erschließen beständig neue Geschäftsfelder für unsere Mitglieder bzw. bauen diese kontinuierlich aus. So sind wir seit zwei Jahren mit der Elacpharma auch pharmazeutischer Hersteller.
Und können uns mittelfristig gut vorstellen, auch bei Rabattverträgen einzusteigen. Zudem gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Betätigungsfelder.
Was erwartet einen Inhaber bei der ELAC-Gruppe? Warum sollte er sich dafür entscheiden, mit seinem Betrieb eine Guten Tag Apotheke zu werden?
Frank Baer: Vor allem gewinnen Mitglieder mehr Zeit, beispielsweise, um sich auf wesentliche unternehmerische Aufgaben und Entscheidungen zu fokussieren. Kurz zusammengefasst lautet unser Erfolgsrezept: starke Partner zusammenbringen. Unsere Mitglieder werden nicht erst durch die ELAC stark, sondern sie sind es bereits. Wenn sie dazustoßen, gewinnen sie als Guten Tag Apotheke lediglich an Stärke, denn vieles lässt sich gemeinsam leichter angehen.
Wir verteilen schließlich 2 Milliarden Euro, damit lassen sich schon sehr gute Konditionen verhandeln. Die bereits erwähnten Industriepartner sind aber lediglich ein Baustein, auch die Rechnungskontrolle bei Großhandelsrechnungen vereinfacht es den Mitgliedern, Ressourcen zu heben.
Und was erwarten Sie im Gegenzug von Ihren Mitgliedern und potenziellen Aspiranten?
Frank Baer: Commitment ist immer gegenseitig. Gute Konditionen können nur dann dauerhaft erzielt werden, wenn die Ziele auch tatsächlich umgesetzt werden. Und das geht wiederum nur, wenn die Ware entsprechend platziert wird.
Aspiranten sagen wir auch schon mal, dass gelegentlich Flagge gezeigt werden muss. Besonders dann, wenn der Großhandel Kürzungen und diverse Gebühren im Markt durchsetzen will. Dann ist die Solidargemeinschaft gefragt, denn nur gemeinsam können wir gegenhalten!
Für uns ist es immer wichtig, einen Plan – und ebenso einen Plan B - für alle denkbaren Entwicklungen und Szenarien in der Schublade zu haben. Das hat uns z.B. beim BGH-Skonto-Urteil sehr geholfen.
Wo sehen Sie den Apothekenmarkt in den kommenden Jahren?
Frank Baer: Sehr intelligente Freunde von mir sprechen von 13.000 Apotheken, ich glaube eher, dass wir 2026 bei 15.000 Betrieben landen werden. Vielleicht auch irgendwo dazwischen.
Unabhängig von der Anzahl bin ich ein Gegner von alternativen Apothekenmodellen, wie sie unter dem Schlagwort „Apotheke Light“ diskutiert werden. Ich glaube nicht an den Erfolg solcher Modelle.
Welche neuen Ansätze sind aus Ihrer Sicht besonders erfolgversprechend? Anders gefragt: Worauf müssen sich Apotheken einstellen, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Frank Baer: Die größte Herausforderung für Apotheken besteht aktuell darin, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten. Kunden verlieren kann schneller gehen als man denkt. Deshalb müssen neue Geschäftsfelder erschlossen und Dienstleistungen entwickelt werden, die die einzigartige Stellung der Apotheken bewahren.
Ich nenne hier beispielhaft nur das Testen in Apotheken, die pharmazeutischen Dienstleistungen und Gesundheitsberatungen, z. B. in der Nähe von Fitnesscentern. Alles liegt bereit, man muss es nur nutzen! Gleiches gilt beim Thema Blistern: Wer das gut macht, hält seine Kunden. Aber welchen Service ein Mitglied letztendlich anbietet, überlassen wir selbstverständlich jeder einzelnen Apotheke.
Steht perspektivisch auch der Einstieg in den Versandhandel auf der ELAC-Agenda?
Frank Baer: Nein, die Offizin-Apotheke bleibt der Fels in der Brandung. Aber sie muss zugleich den HV-Tisch mit dem Digitalen verzahnen, um die Kunden auch im Internet abzuholen. Dazu braucht es gute Konzepte und einen starken Partner.
So stellen wir zum Beispiel einen Multichannel-Shop zur Verfügung, der die Reichweite jeder einzelnen Apotheke steigert, wobei sie die Kontrolle über die Preisgestaltung behält – ein ganz zentraler Unterschied zum Versandhandel.
Unser Ziel sind rund 700 Mitgliedsapotheken in den kommenden Jahren. Aber wir gehen das ruhig an und setzen nicht auf Masse.
Ein weiterer Service, bei dem wir unsere Mitglieder mit einem digitalen Angebot unterstützen, ist beim Thema Abrechnung. Hier ist es uns gelungen, mit Scanacs neue, effiziente Abrechnungswege zu gestalten, die wiederum der einzelnen Apotheke Zeit fürs Wesentliche geben.
Wie ist in diesem Zusammenhang die Kooperation der ELAC-Gruppe mit dem Warenwirtschafts-Softwareanbieter Apotechnik einzuordnen?
Frank Baer: Wir schreiben unseren Mitgliedern nicht vor, welche Warenwirtschaft (WaWi) sie nutzen sollen, schaffen aber auch hier entsprechende Angebote. Meiner Erfahrung nach liegt der Nutzungsgrad einer WaWi bei durchschnittlich 50 % bis 60 %. Ein Großteil der umfangreichen Funktionen kommt also gar nicht zum Einsatz. Wir sehen uns daher eher in der Rolle des Vermittlers, der das volle Potenzial freisetzt.
Sehr intelligente Freunde von mir sprechen von 13.000 Apotheken in einigen Jahren. Ich glaube eher, dass wir in absehbarer Zeit bei 15.000 Betrieben landen werden.
Bei der Entwicklung und Implementierung neuer Services, wie den bereits erwähnten pharmazeutischen Dienstleistungen, plädieren wir allerdings dafür, dass die anderen WaWi-Anbieter sich bewegen und diese Lösungen zügig integrieren. Dabei ist es natürlich praktisch, wenn wir mit einem Partner schnell etwas Neues entwickeln können. Quasi als Referenzumgebung.
Gleiches gilt beim Ausbau von Abrechnungsschnittstellen oder der Unterstützung des Multi-Channel-Angebots direkt aus der Warenwirtschaft heraus. Aber in der letzten Ausbaustufe sind wir da nicht der Treiber des Marktes, sondern schaffen nur Angebote.
Wie laufen solche Innovationsprozesse bei ELAC im Detail ab? Man ist es im Apothekenumfeld doch eher gewohnt, dass Innovationen auch mal totdiskutiert werden …
Frank Baer: Das ist bei uns anders. Wir haben zehn Gesellschafter, die sich regelmäßig zu Zukunftsthemen austauschen. Neue Ideen können in diesem Kreis jederzeit eingebracht werden. Im nächsten Schritt werden diese dann in unseren ERFA-Gruppen erprobt.
Wenn sie hier auf Gegenliebe stoßen, wird eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigt und ein entsprechendes Konzept ausarbeitet. Das hat sich bewährt und ist sehr effizient.
Wie hat sich dieser Prozess entwickelt?
Frank Baer: Tatsächlich war Corona der Treiber. Die Pandemie zwang damals ja die ganze Welt zu digitalen Konferenzformaten.
Bei uns hatte das einen nachhaltigen Effekt: Intern ist der schnelle und unkomplizierte Austausch seitdem nie mehr abgebrochen, und wir nutzen nun Infoquellen, die vorher nicht so im Fokus standen.
Sie haben bereits mehrfach auf den Multi-Channel-Ansatz hingewiesen. Wie steht es um das wichtige Thema Lagerbestände und Verfügbarkeit?
Frank Baer: Wir verfügen über ein System, bei dem genau nachvollziehbar ist, wer was hat. Nicht zuletzt, damit sich die Mitglieder untereinander unterstützen können. Bei Verfügbarkeitsabfragen wollen wir sogar noch einen Schritt weiter gehen und auch den Großhandel mit in die Pflicht nehmen. Wie man die Verfügbarkeiten dann besser darstellt, ist wiederum Aufgabe der Warenwirtschafts-Anbieter.
Unsere Mitglieder werden nicht erst durch die ELAC stark, sondern sie sind es bereits. Wenn sie dazustoßen, gewinnen sie lediglich an Stärke, denn vieles lässt sich gemeinsam leichter angehen. Wir verteilen schließlich 2 Milliarden Euro, damit lassen sich schon sehr gute Konditionen verhandeln.
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Pluspunkt-Marke?
Frank Baer: Die Pluspunkt-Gruppe in der ELAC setzt auf die Marke und arbeitet zusätzlich an weiterführenden Marketingaktionen. Für ELAC selbst hat man nie das Konzept verfolgt, eine Endkundenmarke aufzubauen – das würde zu viele Ressourcen binden. Vielmehr ist jede Apotheke eine eigene Marke.
Anders sieht es bei unserem Eigenmarken-Portfolio aus: Hier sehen wir durchaus Potenzial, eine Marke zu schaffen.
Abschließende Frage: Wo sehen Sie die ELAC-Elysée in fünf Jahren?
Frank Baer: Das hängt stark davon ab, wohin sich der Markt entwickelt. Für uns ist es immer wichtig, einen Plan – und ebenso einen Plan B – für alle denkbaren Entwicklungen in der Schublade zu haben.
Das hat uns z. B. beim BGH-Skonto-Urteil sehr geholfen. Da gab es einen Plan A und einen Plan B. Und so werden wir es auch in Zukunft weiter halten.
Das Interview führte André Welke
Die wichtigsten Meilensteine der ELAC-Gruppe
- 2003 Die ELAC Elysée Apotheken Consulting GmbH entspringt direkt dem Schoß des Berufsstandes: 50 Apotheken gründen sie in Leipzig. Seitdem konzentriert sich das Unternehmen auf die Beratung und dem Support der von ihr betreuten Apotheken in betriebswirtschaftlichen und strategischen Fragen.
- 2004 Alle Partner-Apotheken rücken unter der Dachmarke „Guten Tag Apotheke“ noch näher zusammen. Mit mehr als 20 Herstellern und Lieferanten werden Verträge geschlossen. 2005 gibt es bereits mehr als 200 Guten Tag Apotheken, bis 2025 wächst ihre Zahl auf knapp 550 an.
- Ebenfalls ab 2004 erscheint monatlich der Guten Tag Apotheken-Flyer. 2014 ist daraus „MEIN TAG“ geworden – ein komplettes Magazin mit Beiträgen rund um die Gesundheit und TV-Programm.
- 2007 Die ELAC Elysée Apotheken Consulting GmbH verlegt ihren Sitz nach Hamm. Parallel geht die E-Learning-Plattform zur Schulung der pharmazeutischen Mitarbeiter ans Netz.
- 2008 Die Eigenmarke elac wird für wichtige OTC-Indikationsbereiche eingeführt. 2023 erwächst daraus ein eigenes Pharmaunternehmen, die Elacpharma: OTC-Arzneimittel, Beauty-Produkte und Nahrungsergänzungsmittel werden nun selbst hergestellt. Damit kehrt die Herstellung von Arzneimitteln zurück zu ihrem Ursprung – den Apotheken.
- 2020-2022 In den Jahren der Pandemie unterstützt die ELAC Elysée ihre Apotheken durch Hygienekonzepte, Lieferdienstmodelle und digitale Kommunikationswege.
- 2024 ELAC wird Gesellschafter der scanacs GmbH und schafft damit die technologische Basis für die Direktabrechnung der Rezepte mit den Krankenkassen.
André Welke, Kommunikationswirt, Creative Consultant, 50668 Köln, E-Mail: mail@andrewelke.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(04):8-8