Für die Versender ist das CardLink-Verfahren der letzte Strohhalm, um im wichtigen Rx-Segment doch noch zu punkten. Doch wie funktioniert dieses eigentlich, und wie können auch die Vor-Ort-Apotheken davon profitieren? Müssen sie für jede Filiale einen eigenen Vertrag abschließen? Und wie genau ist eine sogenannte Transaktion definiert? Diese und viele weitere Fragen beantwortete eine hochkarätige Expertenrunde am 27. Juli im DAZ-Webinar.
Auch wenn CardLink eine Übergangstechnologie ist, so sollte man dieses Feld nicht kampflos den niederländischen Versendern überlassen. (© AdobeStock/Nomad_Soul)
Die großen niederländischen Versender bieten es bereits an, schon bald können die Apotheken hierzulande nachziehen: Mit dem CardLink-Verfahren beschäftigt sich die Branche derzeit besonders intensiv. Dementsprechend gut besucht war das DAZ-Webinar am 25. Juli, in dem vier Expertinnen und Experten die Fragen der Teilnehmer beantworteten.
Zunächst bot der Geschäftsführer der Gesellschaft digitaler Services der Apotheken (Gedisa), Sören Friedrich, einen kurzen Überblick, wie das Verfahren funktioniert. Friedrich zufolge ist CardLink eine Möglichkeit für Patienten, ihre elektronischen Rezepte per Abruf über ihre Gesundheitskarte (eGK) in den Apotheken einzulösen, ohne selbst in der Offizin anwesend sein zu müssen. Dabei übernimmt das Smartphone die Rolle eines Kartenterminals: Die Versicherten suchen sich zunächst eine der angeschlossenen Apotheken aus, halten ihre Gesundheitskarte an ihr Smartphone und entscheiden dann, welche ihrer elektronischen Verordnungen sie der ausgewählten Apotheke zuweisen möchten.
Benutzerfreundlich sieht anders aus
Voraussetzung für die Nutzung des CardLink-Verfahrens ist, dass sowohl die eGK als auch das Smartphone der Patienten NFC-fähig (NFC = Near Field Communication) sind und sie eine App nutzen, über die sie sich eine Apotheke aussuchen können. Auch die Wunschapotheke muss an diese App angeschlossen sein. Zudem müssen die Versicherten zunächst ihre eGK mit ihrer Mobilfunknummer verknüpfen und benötigen für den Abruf der E-Rezept-Daten eine SMS-PIN, die sie im Verlauf auf ihr Smartphone geschickt bekommen. Überdies müssen sie neben der PIN auch die sogenannte CAN (Card Access Number) eingeben, die sie auf der elektronischen Gesundheitskarte finden.
Eine weitere Hürde: Karte und Telefon müssen so aneinandergehalten werden, dass die Antenne des Smartphones und die Sendeeinheit der eGK Informationen miteinander austauschen können. Wo sich diese Komponenten befinden, ist je nach Hersteller beziehungsweise Krankenkasse unterschiedlich.
Kritisch äußerte sich der Gedisa-Geschäftsführer mit Blick auf die benötigte SMS-PIN (siehe Textkasten). „Für mich ist das eine Oldschool-Technologie. Das hätte man smarter lösen können.“ Ein wesentlicher Nachteil sei, dass dieses SMS-Verfahren Kosten verursache – und zwar in erheblicher Höhe. Jede SMS koste 8 Cent. „Das ist es, was die CardLink-Infrastruktur so teuer macht“, erläuterte Friedrich.
Sarah Wessinger: „Wenn wir bis zur Einführung der GesundheitsIDs warten, übergeben wir den Markt an die Versender. Insofern stehen wir unter Zugzwang.“
In diesem Zusammenhang beschäftigte die zusehenden Apotheker insbesondere eine Frage: Das CardLink-Preismodell der Gedisa ist nach der Anzahl der Transaktionen pro Monat gestaffelt. Was genau ist eine Transaktion und an welcher Stelle im Prozess wird die Gebühr fällig? Friedrich betonte, dass nicht jedes einzelne E-Rezept mit einer Transaktion verbunden sei, sondern jeder Abholprozess. „Jede Anfrage an den Server, ob ein E-Rezept-Datensatz zur Abholung bereitsteht, wird als Transaktion gewertet“, sagte er. Wie viele E-Rezepte dabei abgerufen werden, ist demnach unerheblich – auch wenn zum Beispiel fünf Datensätze in einem Rutsch vom Server abgerufen werden, wird die Transaktionsgebühr nur einmal fällig. Der Haken: Auch wenn kein E-Rezept für den betreffenden Patienten hinterlegt ist, ist die Gebühr für die Anfrage zu zahlen.
Gedisa-Preise nach Transaktionsvolumen gestaffelt
Da die Transaktionen der wesentliche Kostentreiber beim CardLink-Verfahren sind, orientiert sich auch das Preismodell der Gedisa daran. Angeboten werden die Paketgrößen S (49 € pro Monat und Apotheke, bis zu 100 Transaktionen), M (64 €, bis zu 250 Transaktionen) und M+ (ab 89 €, unbegrenzte Zahl an Transaktionen).
Bezahlen müssen die Apotheken laut Friedrich immer nur das kleinste Paket, das ihren Verbrauch an Transaktionen abdeckt. Wer sich für das Paket M+ entscheidet, aber in einem Monat weniger als 100 Transaktionen vollzogen hat, dem stellt die Gedisa also nur 49 € in Rechnung. Die Pakete S und M haben dem Geschäftsführer zufolge lediglich eine limitierende Funktion: Möchten Inhaber CardLink erst einmal ausprobieren und keinesfalls mehr als 49 € dafür bezahlen, können sie Paket S buchen und werden für den Rest des Monats in der gewählten App einfach nicht mehr unter jenen Betrieben aufgeführt, die CardLink anbieten, wenn ihr Transaktionsvolumen aufgebraucht ist.
Kompliziert und teuer – warum also mitmachen?
CardLink ist also nicht nur kompliziert, sondern auch teuer. Weshalb sollten Apotheken auf diesen Zug aufspringen, zumal es sich nach Einschätzung der meisten Expertinnen und Experten lediglich um eine Übergangstechnologie handelt, bis Karten und Konnektoren mit der Einführung von GesundheitsIDs im Jahr 2026 überflüssig werden? „Wenn wir bis dahin warten, übergeben wir den Markt an die Versender“, warnt Sarah Wessinger von apotheken.de. „Insofern stehen wir unter Zugzwang.“
Apotheker, die das CardLink-Verfahren nutzen möchten, gehen nun wie folgt vor: Zunächst müssen sie sich für einen Vertragspartner entscheiden. In vielen Fällen dürfte das die Gedisa sein – hinter der standeseigenen Lösung haben sich insgesamt 16 Marktteilnehmer versammelt. Für Friedrich ist das ein tolles Signal an den Berufsstand. Denn so ließe sich vermeiden, dass jeder App-Anbieter eine eigene Infrastruktur schaffen muss. Letztlich sei das zum Wohl der öffentlichen Apotheken, denen damit einige Kosten erspart blieben. Mit dabei sind unter anderem ihreapotheken.de, Sanacorp, Pharmatechnik, apotheken.de, Noventi und Wave.
Sören Friedrich: „ Das SMS-Verfahren ist eine Oldschool-Technologie und verursacht Kosten in erheblicher Höhe. Das ist es, was die CardLink-Infrastruktur so teuer macht.“
Im Apothekenportal können die Apotheker ihren App-Anbieter in der Liste der Partner anwählen und sich eines der angebotenen Preispakete der Gedisa aussuchen. Wer jetzt bucht – seit dieser Woche ist dies verbindlich möglich –, bekommt im August, wenn das Gedisa-CardLink-Verfahren startet, eine eindeutige Identifikationsnummer (ID) für die jeweilige Apotheke zugewiesen, die sie im Portal des gewählten Endkunden-App-Anbieters eingeben kann, um sich auszuweisen. Inhaber, die mehrere Apotheken besitzen und möchten, dass alle von ihnen in den ausgewählten Apps angezeigt werden, müssen für die Hauptapotheke und jede Filiale jeweils eigene Verträge abschließen.
gesund.de bietet eigene Lösung an
Eine eigene Lösung hat die Plattform gesund.de aufgesetzt. Wie das Unternehmen jüngst informierte, wird CardLink auf gesund.de bereits ab Ende Juli verfügbar sein. „Wir wollen den Vorsprung, den die Versender bei CardLink haben, so gering wie möglich halten“, sagte Peter Schreiner, Vorsitzender der gesund.de-Geschäftsführung. Dennoch kann er dem Gedanken an eine einzige technologische Infrastruktur, an die sich alle Apotheken anbinden können, etwas abgewinnen. Das Unternehmen stehe daher „in konstruktiven Gesprächen“ mit der Gedisa. Aktuell gilt: Wer sowohl gesund.de als auch eine App eines Gedisa-Partners nutzen möchte, muss sich zweimal anbinden und zahlt letztlich doppelt.
Apotheken, die eigene Apps betreiben und auch auf diesem Kanal CardLink einbinden möchten, können dafür zum Beispiel die Angebote von ihreapotheken.de und apotheken.de nutzen. Bei beiden sei Individualisierung möglich. „Die Apothekenteams sollten eine Domain empfehlen, und das sollte die ihrer eigenen Apotheke sein“, betonte Simon Büchner von ihreapotheken.de. „Das ist, wofür die Apotheke steht.“ Wessinger gab gleichzeitig zu bedenken, dass es in der Hotelbranche üblich sei, sich an mehrere Plattformen anzubinden, um für potenzielle Gäste präsent zu sein. Ähnliche Überlegungen könnten jetzt auch für Apotheken ein Argument sein, sich nicht auf einen App-Anbieter zu versteifen.
Christina Grünberg
Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
Webinar verpasst? Kein Problem
Wenn Sie das DAZ-CardLink-Webinar verpasst haben oder es sich wegen der hohen Informationsdichte nochmals ansehen möchten, finden Sie die Aufzeichnung hier:
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