Lohnrunde: Zahlen, bitte!

Die Lohnrunde 2024 in den Apotheken stockt, zu tief sitzt offenkundig der Schock über die Reformpläne des Gesundheitsministers. Doch wo stehen wir im Lohnvergleich? Eine Analyse.

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Lohnvergleiche haben wir schon früher angestellt, so gegenüber den Gehältern im öffentlichen Dienst (siehe AWA 07/2023 vom 01. April 2023, Seite 4 ff.). Der Eintritt in den „ÖD“ eröffnet sich jedoch nur einer Minderheit. Alternativen finden sich eher in anderen Einzelhandelsbranchen (vor allem für PKA) oder in der Industrie. Wir ziehen deshalb den Einzelhandelstarif auf der einen und den Tarif der chemischen Industrie (bzw. für die Pharmaindustrie) auf der anderen Seite heran, jeweils für 2023 und beispielhaft das Bundesland Baden-Württemberg, in welchem eher am oberen Rand bezahlt wird. Während der Apothekentarif in weiten Teilen der Republik gilt (außer in Nordrhein und Sachsen, groß sind die Differenzen nicht, und wir lassen diese Sonderfälle hier weg), werden die typischen Branchentarife bundeslandspezifisch abgeschlossen, bzw. in Tarifgebieten, die oft an die Bundesländer angelehnt sind. Somit differieren die Industrie- und Einzelhandelsgehälter über das Land verteilt etwas, wie auch die Tarifstufungen. Die Unterschiede bewegen sich jedoch regelhaft unter 10%, aber es gibt sie.

Vergleichsmaßstab chemische Industrie

Fangen wir „oben“ mit der chemisch-pharmazeutischen Industrie an. Von E1 bis E13 reichen die Tarifgruppen, welche sich weiterhin horizontal nach Berufsjahren aufspannen. E1 bis E3 ist Un- bzw. Angelernten vorbehalten, E4/E5 bei zweijähriger Berufsausbildung, E6 bis E8 setzen eine Ausbildung von drei bis dreieinhalb Jahren voraus, daran schließen sich Weitergebildete an („Techniker“ etc., E9/E10), und dann beginnen die Entgeltgruppen für Akademiker mit Fachhochschulausbildung (E11 bis E13). Darüber beginnt der insoweit außertarifliche Bereich mit freier Gehaltsverhandlung. Abbildung 1 zeigt einige Tarifverläufe.

Abb. 1: Tarifvergleich Apotheke – chemische Industrie (Beispiel Baden-Württemberg), für 2023.

Selbst mit einer E5-Einstufung (3.268 € bis 3.431 €) liegen PTA anfangs mehr als 20 % über dem Apothekentarif, erst mit vielen Berufsjahren holt die Apotheke etwas auf (20 % über Tarif und höchste Stufe = 3.686 €). E6 aufwärts liegt stets erheblich über einem selbst 20 % übertariflichen PTA-Apothekengehalt.

Approbierte stellen sich selbst bei einer E11-Einstufung – und damit letztlich unter Wert – im Schnitt der Jahre etwas besser als mit 20 % über Apothekentarif, aber nicht viel. Der übertarifliche Bereich (ab 6.695 € monatlich in Baden-Württemberg) liegt mindestens 43 % über Apothekentarif. Für Filialleitungen werden solche Gehälter (und teils deutlich höhere) aber auch in Apotheken bezahlt.

Hier nicht weiter vertieft werden die Sonderleistungen.

Gerade in der Großindustrie können diese erheblich sein: Sonderzahlung über das 13. Gehalt hinaus, Betriebsrenten, zahlreiche weitere freiwillige Arbeitgeberleistungen von Kantine über Sport- und Fitnessangebote bis hin zu Zusatzversicherungen. Apotheken können hier ebenfalls punkten, haben aber nicht die Skaleneffekte von Großunternehmen.

 

Vergleichsmaßstab Einzelhandel

Deutlich rauer geht es im Einzelhandel zu. Er dürfte eher für PKA, seltener für PTA eine Alternative sein. Letztere wären am ehesten für Parfümerien oder Drogeriemärkte prädestiniert. 

Abbildung 2  zeigt diesen Vergleich, hier mit den Löhnen für PKA und PTA.

Abb. 2: Tarifvergleich Apotheke – Einzelhandel (Beispiel Baden-Württemberg), für 2023.

Die Lohngruppe 2 gilt für einfache Tätigkeiten (z.B. Verkäufer:innen, Kassierer:innen), die Gruppe 3 für „gehobene Tätigkeiten“ (Sammelkassen, Kassenaufsicht etc., Leitung kleinerer Verkaufsstellen). In Gruppe 4 wird selbstständiges Handeln erwartet (Einkäufer:innen, Substitut, Verkaufsstellenleitung, verantwortliche Lagerverwaltung u.a.). Lohngruppe 5 umfasst bereits Führungsfunktionen (z.B. Abteilungsleitung, Filialleitung). Das Management größerer Filialen bzw. von „Centern“ wird individuell darüber hinausgehend vergütet. Mit 20 % über Tarif können sich PKA in der Apotheke immerhin etwas vom Lohnniveau der normalen Kassiererinnen absetzen. Etwas verantwortungsvollere Positionen werden aber selbst im Einzelhandel so vergütet, dass es sogar einen Seitenblick für manch PTA wert sein könnte. Allerdings bedeutet der Einzelhandel keineswegs eine nette „Komfortzone“, wie sich jeder täglich vergewissern kann. An diesem Punkt können Apotheken tatsächlich vortrefflich punkten, wenn sie für ein gutes Betriebsklima und abwechslungsreiche Tätigkeiten sorgen.

 

Fazit

Die Apothekentarife stellen schon lange nur noch „Schaufenster-Beträge“ dar, aber ein in die Jahre gekommenes Schaufenster ohne jede Attraktivität. Abgesehen von sehr strukturschwachen Regionen, beginnt die Welt konkurrenzfähiger Gehälter bei 20 % über Tarif, oft deutlich darüber – plus eine motivierende Umgebung. Eine grundlegende Tarifreform, u.a. mit Qualifikationsstufen und Entwicklungsmöglichkeiten über die reinen Berufsjahre hinaus, ist überfällig. Indes ist Geld zwar viel, aber nicht alles, und ohne ein befriedigendes Arbeitsumfeld ist die Bezahlung eben nur ein Schmerzensgeld, und das meist mit einem raschen Enddatum.

 

„Je mehr Vergnügen du an deiner Arbeit hast, umso besser wird sie bezahlt.“ (Mark Twain)

 „Es gibt Leute, die gut zahlen, die schlecht zahlen, Leute, die prompt zahlen, die nie zahlen, Leute, die schleppend zahlen, die bar zahlen, abzahlen, draufzahlen, heimzahlen - nur Leute, die gern zahlen, die gibt es nicht.“  (Georg Christoph Lichtenberg)

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Prof. Dr. Reinhard Herzog

Apotheker

Apothekenexperte, Fachautor und seit 1993 Lehrbeauftragter an der FH Sigmaringen im Studiengang Pharmatechnik – und dort seit 2020 Honorarprofessor. Herausgeber und langjähriger Autor des AWA.