Klaus Hölzel
Die Situation ist seit Jahren alarmierend: Fast die Hälfte der Apotheken hat Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. Der Mangel an PTAs und Approbierten ist seit Langem bekannt.
Die Konsequenzen treffen die Apotheken ins Mark: Statt sich um intensive Beratung und neue Geschäftsfelder kümmern zu können, gehen Chefs auf Personalakquise. Fazit: Es sind Konzepte gefragt, um die so dringend benötigten Fachkräfte finden und halten zu können.
Nachhaltige Personalentwicklung
Seine Apotheke für gute Kandidaten attraktiv zu machen, mag manchem Inhaber schwerfallen. Für viele Apotheken geht es dabei jedoch um die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Gesamtwirtschaftlich entstehen der deutschen Apotheke Verluste, weil Mitarbeiter fehlen und weniger qualifizierte Bewerber engagiert werden müssen.
Zumindest einen Teil des Problems haben sich die Apotheker selbst zuzuschreiben: So wie Aktienanleger auf Börsencrashs reagieren, handeln viele Apotheker überstürzt bei Schwankungen der Kundenfrequenz. Sie sollten besser eine nachhaltige Personalentwicklung betreiben, indem sie Mitarbeiter halten und fördern.
Selbst Apotheken, die aktuell noch keine neuen Mitarbeiter brauchen, sollten sich jetzt schon auf schwere Zeiten einstellen. Denn dass der Wettbewerb um gute Leute in den nächsten Jahren weiterhin an Schärfe gewinnen wird, bezweifelt kein Experte mehr. Die Prognose: Bis 2015 wird die Zahl der Arbeitskräfte zwischen 30 und 45 Jahren um mindestens ein Viertel sinken. Kurz gesagt, die Zahl der Erwerbstätigen schrumpft, während das Durchschnittsalter steigt. Die Rückgewinnung älterer Mitarbeiter ist deshalb ein Weg, den einige Apotheken schon erfolgreich beschritten haben.
Wohlfühlfaktor plus Gehalt
Und auch beim Gehalt gelten neue Regeln: Wer weit über dem üblichen Tarif bezahlt, bekommt zwar vielleicht Bewerber, aber mit Sicherheit auch Probleme bei seiner Rendite. Guten Mitarbeitern bedeuten heute ohnehin Dinge wie der Wohlfühlfaktor der Apotheke genauso viel wie ein hohes Gehalt. Manche Chefs kümmern sich persönlich um die täglichen Sorgen und Nöte ihrer Leute. Die Fürsorge macht sich bezahlt, die Fluktuation ist extrem niedrig.
Welche Wege führen zu einer besseren Personalausstattung? Das hängt natürlich von den regionalen Voraussetzungen ab. Gibt es in der Nähe PTA-Schulen und eine Universität mit Studiengang Pharmazie? Wie attraktiv ist der Standort für Familien? Darauf hat der Inhaber wenig Einfluss. In Gegenden mit wenig Arbeitskräften und noch zahlreichen Apotheken kommt es dauerhaft zu Personalengpässen. Nun sind Ideen gefragt – die natürlich auch keine Garantie für die Lösung akuter Personalprobleme bieten.
Vorschlag 1: Die Feuerwehr
Für Notfälle, also einige Tage oder wenige Wochen, gelingt es einer losen Gruppe von Apothekern einer Region (die keine unmittelbaren Konkurrenten sind), Mitarbeiter auszutauschen. Die Spielregeln: Die ausgeliehenen Mitarbeiter bleiben Arbeitnehmer der entsendenden Apotheke und erhalten das gleiche Gehalt. Vorteil: Manche gute Idee im Arbeitsablauf wird von der Stamm-Apotheke übernommen. Die lose Kooperation entstand übrigens im Studium.
Vorschlag 2: Mehr „50plus“
Die Wiedereingliederung von über 40-Jährigen ist längst Alltag. Doch bei „50plus“ stockt den Inhabern oft der Atem. Software, Produkte, Outfit – schafft er/sie es noch? Das kommt auf den Versuch an. Die Stellenanzeige sagt es: „Nur für PTA ab 50!“ Da meldet sich auch immer einmal jemand, der sich in der alten Apotheke nicht mehr wohlfühlt, aber noch topfit ist. Die Stärken der älteren Mitarbeiter sind bekannt: motiviert, teamfähig, erfahren. Vorteil: Die Beratung der Zielgruppen ab 60 Jahre durch kaum Jüngere erhöht die Glaubwürdigkeit.
Vorschlag 3: Studenten und Schüler anwerben
Nicht warten, bis Studenten/PTA-Schüler den praktischen Teil der Ausbildung absolvieren, sagen sich clevere Inhaber. Sie akquirieren schon vorher an der Universität bzw. in der PTA-Schule. Das gelingt nur, wenn man für die Absolventen überdurchschnittlich interessant ist. In einer „08/15-Apotheke“ will kaum jemand lernen. Vorteil: Die spätere Übernahme kann schon angebahnt werden. Sollte der Absolvent sich als Fehlgriff erweisen, weiß man Bescheid.
Vorschlag 4: Familien unterstützen
„Bei betrieblichen und insbesondere privaten Problemen versuche ich, sofort zu helfen!“, erklärt ein Apothekeninhaber. Wenn Mitarbeiter krank sind, organisiert er die Betreuung für ihre Kinder. Das angenehme Arbeitsklima, davon ist der Apotheker überzeugt, schafft große Loyalität zum Arbeitgeber und sorgt für eine ungewöhnlich geringe Personalfluktuation. Vorteil: Das Modell spricht sich auch unter Top-Leuten herum, man bekommt zahlreiche Bewerbungen.
Vorschlag 5: Extrem fördern
Fortbildungsangebote werden von Mitarbeitern schon immer gerne wahrgenommen. Manchmal gibt es für eine zweistündige Produktschulung schon ein Zertifikat. Doch das genau ist hier nicht gemeint. Es geht vielmehr um staatlich anerkannte und geprüfte Fort- und Weiterbildung mit einer konkreten Berufsbezeichnung, zum Beispiel „Offizin-Manager“. Diese Art der Qualifikation dauert länger (sechs Monate), ist nicht kostenlos und auch nicht produktbezogen. Es geht dabei um eine persönliche Qualifikation, die erst durch eine schriftliche Abschlussprüfung erlangt werden kann. Top-Kräfte werden von ihrem Apothekenleiter beispielsweise durch Übernahme der Kosten gefördert.
Zielgerichtete und bedarfsorientierte Fortbildung verbessert die Kundenbindung und alle profitieren davon. Apotheken, die diesen Weg gemeinsam mit ihren PTAs/PKAs oder Approbierten gehen, erhalten zudem die Auszeichnung „Bildung für Profis“. Damit machen sie am Stellenmarkt klar: In unserer Apotheke wird Fortbildung maximal unterstützt.
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Dipl.-Volkswirt Klaus Hölzel, Apotheken Management-Institut GmbH,
65375 Oestrich-Winkel E-Mail: sekretariat@apothekenzukunft.de
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Weiterführende Informationen zum Thema Personalsuche finden Sie in: Personalkommunikation: Recruiting! Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und halten, Hrsg.: Bernhard Schelenz, Verlag Publicis Corporate Publishing, 2007. |
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(03):10-10