Einlagensicherung

Das System ist vorerst intakt


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die Liste wird immer länger: IKB, Sachsen LB oder Weserbank – viele Kreditinstitute haben sich an den internationalen Kapitalmärkten übernommen und sind auf die Rettung durch Konkurrenten angewiesen. Für Anleger stellt sich die Frage nach der Einlagensicherung.

Ende Juli 2007 platzte die Bombe: War man bis dahin davon ausgegangen, dass die ameri­kanische Immobilienkrise ein rein nationales Phänomen sei, wurde man mit der Schieflage der deutschen IKB eines Besseren belehrt. Milliardensummen mussten abgeschrieben werden, das Institut konnte nur durch eine Hilfsaktion anderer Banken gerettet werden. Bald mussten weitere Geldhäuser Fehler eingestehen: Die meisten größeren Banken hatten die vermeintlich lukrative Investitionsmöglichkeit genutzt. Bis heute vergeht kaum eine Woche, in der keine neuen Rekordabschreibungen be­kannt werden.

Schwer getroffen wurde auch der britische Finanzsektor: Die Hypothekenbank Northern Rock konnte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, Anleger nahmen lange Wartezeit­en in Kauf, um ihre Ersparnisse abzuheben. Erst die vorübergehende Verstaatlichung des Bankhau­ses sorgte für eine Beruhigung der Lage.

Basisschutz kraft Gesetz

Auch in Deutschland stellt sich zunehmend die Frage nach dem Schutz „im Fall der Fälle“. Ein Blick in die europäischen Bestimmungen zeigt jedoch, dass eine entsprechende Vorsorge besteht. So wurde in Deutschland bereits im Jahr 1976 das Kreditwesengesetz dahingehend modifiziert, dass sich jedes deutsche Geldinstitut einem Einlagensicherungssystem anschließen soll. Ist dies nicht der Fall, muss es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Vertragsunterlagen darauf explizit hinweisen.

Daneben besteht ein gesetzli­cher Entschädigungsanspruch durch das Einlagensicherungs- und An­leger­entschä- digungsgesetz (EAEG), auf dessen Basis die Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken GmbH geschaffen wurde. Hierbei gilt allerdings „nur“ das EU-Recht, nach dem der Schutz auf 90 % und maximal 20.000 € pro Kunde beschränkt ist. Erfasst sind alle Guthaben auf Girokonten, Termingelder, Sparbücher und Sparbriefe, nicht jedoch z.B. Inhaberschuld­verschrei­bungen oder Genussscheine.

Für Finanzdienstleister und Ka­pitalanlagegesellschaften ist die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandels­unternehmen (EdW) zuständig, die dann eintritt, wenn ein angeschlossenes Wertpapierhandelsunternehmen nicht in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen. Der Entschädigungsfall muss von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgestellt worden sein.

Nach den Pleiten unter anderem der Herstatt-Bank (1974) oder der Pfalz-Kredit-Bank (1976) haben jedoch deutsche Kredit­institute weitere Sicherungseinrichtungen geschaffen, die in Europa vorbildlich sind.

Einlagensicherung der Pri­vatbanken

Für Kunden von Groß- oder Privatban­ken wurde der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) eingerichtet. Ersparnisse bis zu einem Betrag von 30 % des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank sind hier garantiert, sodass etwa Kunden der Düsseldorfer Hypothekenbank mit rund 110 Mio. € abgesichert sind. Eine Pflichtmitgliedschaft gibt es hier zwar nicht, dennoch entziehen sich nur wenige Geldhäuser diesem umfassenden Absicherungssytem.

Einlagensicherung der öffentlichen Banken

Der Bundesverband der öffentlichen Banken Deutschlands (VÖB) hat 1994 einen freiwilligen Einlagensicherungsfonds gegründet, der den gesetzlichen Anlegerschutz auf alle Einlagen, die zu 100 % abgesichert sind, in unbegrenzter Höhe ausweitet.

Einlagensicherung der Sparkassen

Gleich mehrfache Sicherheit bieten die Sparkassen. Diese Institute verfügen über ein eigenes Solidar-Sicherungssystem, das keine Obergrenzen kennt und für das Institut im Gesamten haftet. Hierzu bestehen bei den Sparkassen zwölf regionale Stützungsfonds. Reichen deren Mittel nicht aus, kann auf die Sicherung der Landesbanken und Girozentralen zurückgegriffen werden. Genügen auch deren Gelder nicht, wird im Notfall das gesamte Volumen der regionalen Stützungsfonds zur Verfügung gestellt. Abgeschafft wurde jedoch die „Gewährträgerhaftung“, nach der z.B. die jeweilige Stadt für die Verbindlichkeiten „ihrer“ Stadtsparkasse aufzukommen hatte – zumindest was alle nach dem 19. Juli 2005 be­gründeten Verbindlichkeiten betrifft. Für Anlagen, die aus der Zeit vom 19. Juli 2001 bis zum 18. Juli 2005 stammen, besteht weiterhin Gewährträgerhaftung, sofern die Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht. Ältere Ein­lagen bleiben weiterhin zeitlich unbegrenzt geschützt.

Im Fall einer erforderlichen Stützung einer Landesbank besteht ein vierstufiges Haftungssystem: Zunächst tritt die Sicherungsreserve aller Landesbanken auf Basis der Barmittel für Verluste ein, sodann besteht eine Nachschussverpflichtung. Zur weiteren Sicherheit können aber auch die regionalen Sparkassenfonds und die Sicherungsfonds der Landesbausparkassen auf Basis ihrer Barmittel oder über eine Nachschussverpflichtung herangezogen werden.

Einlagensicherung der Genossenschaftsbanken

Die Genossenschaftsbanken, zu denen auch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) gehört, schützt die Sanierungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Sie basiert ebenfalls auf einem mehrstufigen System aus Garantiefonds und Garantieverbund, das bisher dafür gesorgt hat, dass noch kein Kunde der Genossenschaftsbanken Geld durch Insolvenz seines Instituts verloren hat.

Dies zeigt, dass Kunden deutscher Banken und Sparkassen im Prinzip recht gut geschützt sind. Allerdings kann dieser Schutz auch Grenzen haben. So beläuft sich die Entschädigungssumme im jüngsten Fall der insolventen Firma Phönix auf ca. 200 Mio. €. Die dafür zuständige Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen verfügt jedoch nur über ein Grundkapital von 500.000 € und erhebt Mitgliedsbeiträge von 3 Mio. €. Die Mitglieder müssen mithin erhebliche Sonderzahlungen leisten, um den aus Betrug entstandenen Entschädigungsfall stemmen zu können. Auch in anderen Bankengruppen se­hen Experten durchaus Gefahren, dass die Sicherungseinrichtungen überfordert werden könnten – sollte etwa einer der großen „Player“ am deutschen Kapitalmarkt in Schwierigkeiten geraten.

Schuldverschreibungen nicht immer geschützt

Als Anleger sollten Sie sich darüber hinaus stets der Grenzen der Absicherung bewusst sein. Insbesondere Schuldverschreibungen und Zertifikate fallen oft nicht unter die Ein­lagensicherung, ebenso Ein­lagen in fremder Währung. Ob dann jedoch z.B. bei Pfandbrie­fen die vorhandenen Sicherheiten im Fall eines „Super-GAU“ ausreichen, um den An­leger schadlos zu halten, kann heute niemand garantieren.

Andererseits: Die derzeit ausgewiesenen Milliardenverluste sind keineswegs überzubewerten: In den vergangenen Jahren hat die Branche nicht minder hohe Milliardengewinne geschrieben, zudem bestehen erhebliche Rücklagenpolster. Im Übrigen dürfte die Branche alles daransetzen, ihr bisher weitgehend unbeschädigtes Image zu erhalten. Gleiches gilt für das Image ihrer Produkte, etwa von Pfandbriefen: Vor dem Hintergrund eines offenen Emissionsvolumens von rund 1 Billion € könnte schon der kleinste Zweifel an der Sicherheit zu einem Zusammenbruch des Marktes führen.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(13):15-15