Helmut Lehr
Wer selbst genutztes Wohneigentum veräußert, muss dafür im Allgemeinen keine „Spekulationssteuer“ zahlen. Steuerlich relevant sind nämlich nur solche Veräußerungsgeschäfte, bei denen nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzte Objekte innerhalb von zehn Jahren angeschafft und wieder veräußert werden1) . Auch die Einführung der Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009 bringt insoweit keine Änderungen.
Voraussetzungen für „Steuerfreiheit“
In der Praxis ergeben sich jedoch immer wieder ungewollt Konstellationen, die zu einer Steuerbelastung beim Verkauf eines selbst genutzten Objekts führen. Damit die Problematik transparent wird, sollte man sich daher nochmals die Voraussetzungen für eine steuerfreie Veräußerung vergegenwärtigen.
Der Verkauf von selbst genutztem Wohneigentum innerhalb der 10-Jahresfrist bleibt nur dann steuerfrei,
- wenn das Objekt im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder
- wenn das Objekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Hinweis: Die Nutzung eines Raums als häusliches Arbeitszimmer gilt nicht als wohnliche Nutzung, sodass ein Arbeitszimmer im Veräußerungsfall zu einer anteiligen Steuerpflicht führen kann.
Auslegungsprobleme
Wann ein Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, ist nicht zweifelsfrei. Insbesondere Renovierungszeiträume unmittelbar vor Bezug bzw. vor Verkauf des Objekts können hier erhebliche Probleme bereiten und zu drastischen Steuerbelastungen führen.
Beispiel 1
Die Eheleute Müller hatten ein neues Eigenheim erworben und wollten dieses vor Bezug umfangreich renovieren lassen. Bis dahin behielten sie ihre alte Wohnung bei. Nach der Erteilung der Umbaugenehmigung durch die Stadt und den anschließend eingeholten Kostenvoranschlägen stellte sich heraus, dass die Kosten deutlich höher als erwartet ausfallen würden. Den zusätzlichen finanziellen Gesamtaufwand wollten/konnten die Eheleute Müller nicht aufbringen. Sie entschlossen sich deshalb zum Verkauf des Objekts. Bei der Veräußerung, die zweieinhalb Jahre nach der Anschaffung erfolgte, wurde ein Mehrerlös von über 50.000 € erzielt.
Das zuständige Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn als privates Veräußerungsgeschäft und forderte Spekulationssteuer. Mangels Nutzung zu eigenen Wohnzwecken während der Renovierungsphase käme eine „Steuerbefreiung“ nicht in Betracht.
Hinweis: Das Finanzgericht Münster hat diese Sichtweise in seinem Urteil vom 18. Juni 20072) in einem vergleichbaren Fall bestätigt. Danach liegt die erforderliche Selbstnutzung nicht vor, wenn ein Objekt sporadisch und bloß im Zusammenhang mit der Durchführung von Baumaßnahmen und sonstigen Renovierungsarbeiten genutzt wird. Die Richter hatten im betreffenden Fall mehrere Zeugen aus der Nachbarschaft vernommen und kamen auch aufgrund der vorgelegten niedrigen Verbrauchskostenrechnungen zu dem Ergeb- nis, dass die Familie während der Renovierungsphase noch nicht „eingezogen“ war.
Diese Argumentation muss wohl auch auf den umgekehrten Fall, der in der Praxis viel häufiger vorkommen kann, übertragen werden.
Beispiel 2
Apotheker Hansen möchte sein selbst genutztes Einfamilienhaus veräußern. Er zieht mit seiner Ehefrau frühzeitig in die neue Wohnung. Das „alte“ Haus renoviert er anschließend umfangreich, um einen akzeptablen Veräußerungserlös zu erzielen.
Auch in diesem Fall könnte das Finanzamt die Auffassung vertreten, dass das Objekt während der unter Umstän-den längeren Renovierungsphase nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und die Veräußerung deshalb der Spekulationsbesteuerung unterwerfen, sofern die 10-Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist.
Hinweis: Hätte Herr Hansen den Notarvertrag bereits vor der Renovierung unterschrieben und sich darin zur späteren Renovierung (nach Auszug) verpflichtet, käme das Finanzamt mit seiner Argumentation wohl nicht durch. In diesem Fall hätte das Ehepaar Hansen das Objekt nämlich bis zum Tag der Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
Leerstand unschädlich
Das Bundesfinanzministerium hat bereits in seinem Schreiben vom 5. Oktober 20003) (Randnummer 25) eigentlich deutlich klargestellt, dass ein Leerstand vor Beginn der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken unschädlich ist, wenn er mit der beabsichtigten Nutzung des Wirtschaftsguts zu eigenen Wohnzwecken in Zusammenhang steht. Gleiches gilt auch für einen Leerstand zwischen Beendigung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken und Veräußerung des Gebäudes, wenn der Steuerpflichtige die Veräußerungsabsicht nachweist.
Hinweis: Ganz offenbar beurteilen aber zumindest einige Finanzämter eine Renovierung nicht als Leerstand. Diese Sichtweise ist äußerst umstritten und sollte nicht widerspruchslos hingenommen werden. Der Bundesfinanzhof muss nun abschließend über die gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster eingelegte Beschwerde entscheiden4).
1) Vgl. § 23 Absatz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz.
2) Aktenzeichen 1 K 3749/05 E.
3) Aktenzeichen IV C 3 S 2256 263/00.
4) Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens: IX B 159/07.
Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18. Juni 20072) kann unter www.justiz.nrw.de –> Rechtsprechungsdatenbank unter dem Aktenzeichen 1 K 3749/05 E abgerufen werden. |
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(13):19-19