Unfallversicherungen

Ein Zeckenstich kann auch ein Unfall sein


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die Risiken nehmen zu: Jahr für Jahr steigt die Zahl der Gebiete, in denen Zecken gefährliche Krankheiten übertragen können. Allein in Deutschland werden jährlich über 100.000 Neuerkrankungen registriert. Die Versicherungen haben bereits reagiert.

Man muss kein Picknick im Wald machen, um eine be­deutende Gefahr heraufzubeschwören – Zecken haben sich auch im heimischen Garten zur gefährlichen Risikoquelle entwickelt: Borreliose, FSME und weitere, einst nur südlich der Alpen bekannte schwere Erkrankungen sind oft die Folge eines zunächst harmlos erscheinenden Zeckenstichs. Neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen stellt sich auch die Frage nach den finanziellen Konsequenzen.

Grundsätzlich kein Thema sind Zeckenstiche in der Kranken- und in der Berufsunfähigkeitsversicherung: Hier spielen die Gründe des Leistungsfalls in der Regel keine Rolle, sodass entsprechende Zahlungen erbracht werden. Heftig umstritten ist die Frage jedoch in der Unfallversicherung. Das Amtsgericht Dortmund stellte in einem auf­sehenerregenden Urteil fest, dass bei Borreliose nach Zeckenstich Krankenhaustagegeld gezahlt werden müsse, da es sich um ein „plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“ handle (Aktenzeichen 128 C 5745/03). Die Versicherte hatte allerdings Glück im Unglück: Die hier zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen aus dem Jahr 1994 klammerten im Gegensatz zu anderen Fassungen das Insektenstichrisiko noch nicht explizit aus.

Entsprechend verweigerte das Landgericht Dortmund in einem anderen Fall einer Versicherten die Entschädigung, da dieses Risiko in den Vertragsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen sei (Aktenzeichen 2 S 5/05). Aber selbst wenn der Stich als Unfall anzusehen ist, führt dies nicht unbedingt zu Geldleistungen. In einem weiteren Urteil des Landgerichts Dortmund wurde der Stich zwar als Unfall gewertet, jedoch sei die Folge – eine Nervenentzündung – nicht versichert (Aktenzeichen 2 O 123/05). Le­diglich im Fall einer Infektion der Wunde seien Leistungen denkbar.

Mitversicherung auf Nachfrage

Allerdings haben auch die Versicherungsgesellschaften mittlerweile diese Problematik erkannt: Zeckenstich-Folgen werden in zunehmendem Maße in die Liste der abgedeckten Risiken aufgenommen. Bei Neuverträgen besteht in vielen Fällen bereits automatisch eine entsprechen­de Mitversicherung. Bei bestehenden Verträgen sollten Sie Ihre Gesellschaft nach dem Einschluss der erforderlichen Klauseln fragen.

Leistungskatalog sehr unterschiedlich

Die Gestaltung der Vertragsbedingungen ist allerdings wiederum sehr unterschiedlich. So wirbt etwa die AXA im Neugeschäft mit einem deutlich erweiterten Leistungskatalog, der nicht nur Gesundheitsschäden durch Zeckenstiche, sondern auch durch Vergiftungen mit Gasen und Dämpfen sowie bei Rettungsmaßnahmen von Menschen, Tieren und Sachen explizit abdeckt. Die R+V Versicherung gibt sich indes zurückhaltender: Finanzielle Schäden durch FSME sind versichert, Borreliose bleibt ausgeklammert.

Aber auch die Beweispflicht ist unterschiedlich geregelt: Die Signal Iduna lehnte Leistungen u.a. mit der Begründung ab, die Versicherte könne sich nicht konkret an einen Zeckenstich erinnern, auch hätte sie sofort eine Unfallanzeige aufgeben müssen. Diese Problematik schließt die Allianz mit der Regelung aus, dass die Meldung nicht bereits nach dem Unfallereignis erforderlich ist, sondern noch nach erstmaliger Diagnose der Infektion durch einen Arzt erfolgen kann.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(14):13-13