Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Teil 5)

Verfahren vor den Arbeitsgerichten und Möglichkeiten der Prozessvermeidung


Jasmin Theuringer

Ziel vieler Arbeitnehmer bei einer Kündigungsschutzklage ist oftmals nicht, gegen eine unwirksame Kündigung vorzugehen, sondern vielmehr der „Goldene Handschlag“. So endet auch ein Großteil der Kündigungsschutzverfahren mit einem Abfindungsvergleich.

Eine Kündigungsschutzklage muss drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung bei Gericht eingegangen sein. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, so gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam. Die recht kurz bemessene Klagefrist soll gewährleisten, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer schnell Gewissheit über die Beendigung bzw. den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erlangen.

Der Arbeitnehmer muss sich also schnell entscheiden, ob er eine Kündigung hinnehmen oder sich dagegen wehren will. Bei dieser Entscheidung wird auch eine Rolle spielen, dass vor den Arbeitsgerichten für das Verfahren in erster Instanz die Besonderheit gilt, dass jede Partei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ihren Anwalt selbst zahlen muss. Einerseits nimmt dies dem Arbeitnehmer die Angst, für die Prozesskosten seines Arbeitgebers aufkommen zu müssen, andererseits muss er mit eigenen Kosten kalkulieren. Allerdings herrscht vor den Arbeitsgerichten in erster Instanz kein Anwaltszwang. Die Parteien können sich also selbst vertreten, was aber nur bei einfach gelagerten Fällen sinnvoll ist.

Gang des Verfahrens

Das Verfahren beginnt mit der Güteverhandlung. Dieser Termin dient der Erörterung der Sache und dazu, eine Verständigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Deshalb werden zu diesem Termin auch oft die Parteien persönlich geladen, eine Vertretung durch den Rechtsanwalt ist dann nicht ausreichend. Das bedeutet für den persönlich geladenen Apothekenleiter, dass er während seiner Ab­we­senheit in der Apotheke ggf. für einen Vertreter Sorge tragen oder die Apotheke solange geschlossen halten muss.

Gelingt während des Güte­termins keine Verständigung, gibt es einen weiteren Termin, der vor einer Kammer des Arbeitsgerichts stattfindet. Bei diesem Kammertermin wird der vorsitzende Richter von zwei ehrenamtlichen Richtern unterstützt. Erst wenn auch in diesem Termin keine Einigung gefunden werden kann, entscheidet das Gericht durch ein Urteil.

Klage auf Abfindung?

Mit der Kündigungsschutz­klage wird beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist. Gegenstand des Verfahrens ist also die Frage, ob die Kündigung rechtmäßig war. Endet das Kündigungsschutzverfahren durch ein Urteil, so wird das Gericht entweder fest­stellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung beendet worden ist, oder dass es wegen Unwirksamkeit der Kündigung fortbesteht.

Eine Klage auf Abfindung ist grundsätzlich nicht möglich. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung ist in der Regel das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Auflösungsantrag

Eine gerichtlich durchsetzbare Abfindung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien so zerrüttet ist, dass dem Arbeitnehmer eine weitere Beschäftigung nicht mehr zuzumuten ist. Der Arbeitnehmer kann dann beantragen, dass das Arbeitsgericht trotz der unwirksamen Kündigung das Arbeitsverhältnis auflöst und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verurteilt. Nach herrschender Rechtsprechung ist es aber beiden Parteien grundsätzlich zumutbar, im Anschluss an ein Kündigungsschutzverfahren das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn im Laufe des Verfahrens beispielsweise beleidigende und ehrverletzende Äußerun­gen fallen.

Es ist auch möglich, dass der Arbeitgeber im Laufe des Verfahrens einen Auflösungsantrag stellt. Nach dem Gesetz müssen Gründe vorliegen, die eine dienliche weitere Zu­sammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten lassen. Auch hier ist ein strenger Maßstab anzulegen. So hat es das Landesarbeitsgericht Köln beispielsweise nicht ausreichen lassen, dass der Arbeitgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten darlegt. Dasselbe Gericht hat es hingegen genügen lassen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber als „dumm und unfähig“ bezeichnet hat. In der Praxis hat der Auflösungsantrag eine sehr untergeordnete Rolle, da die Anforderungen an die Unzumutbarkeit recht streng gehandhabt werden.

Annahmeverzug

Der Regelfall bleibt das Verhandeln zwischen den Parteien. Die jeweilige Verhandlungsposition hängt dabei davon ab, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne des Kündigungsschutzgeset­zes (KSchG) ist. Doch selbst wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine soziale Rechtfertigung der Kündigung spricht, ist es bei verbleibenden Unsicherhei­ten aus Arbeitgebersicht dennoch ratsam, es nicht auf ein Urteil ankommen zu lassen.

Hierzu ein Beispiel: Der Apothekenleiter ist aus betriebsbedingten Gründen gezwungen, einer seiner PTAs zu kündigen. Er nimmt eine Sozialauswahl vor und entscheidet sich, von den beiden PTAs diejenige weiterzubeschäftigen, die alleinerziehend ein kleines Kind betreut. Er kün­digt der älteren PTA, die zwar eine längere Betriebszuge­hörigkeit aufweisen kann, deren Kinder aber bereits aus dem Haus sind. Die gekün­digte PTA klagt. Am Ende des Kündigungsschutzverfahrens, das sich über drei Monate hinzieht, bestätigt das Gericht die ausgesprochene Kündigung. Die PTA geht in Berufung und nach weiteren neun Monaten hebt das Landesarbeitsgericht die erst­instanzliche Entscheidung mit der Begründung auf, die längere Betriebszugehörigkeit begründe eine besondere Schutzwürdigkeit. Erst an zweiter Stelle seien die je­weiligen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.

Der Apothekenleiter muss nun die PTA, die seit dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr gearbeitet hat, wieder beschäftigen. Er muss darüber hinaus das gesamte Gehalt seit dem Ende der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nachzahlen, obwohl die Mitarbeiterin in dieser Zeit nicht gearbeitet hat. Er schuldet diese Vergütung aus dem sogenannten Annahmeverzug, denn er hat die Arbeitnehme­rin konsequenterweise nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr beschäftigt. Die vom Gericht als unwirksam beurteilte Kündigung konnte jedoch das Arbeitsverhältnis nicht beenden, sodass die PTA zu Unrecht keine Vergütung erhalten hat. Da die Arbeitsleistung zudem eine Fixschuld ist, also nur zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen ist, muss die Arbeitsleistung auch nicht nachgeholt werden.

Prozesse vermeiden

Ein in zweiter Instanz verlorener Kündigungsschutzprozess ist also für den Arbeit­geber mit ungleich höheren Risiken verbunden. Daher sollte bei einer nicht „wasserdichten“ Kündigung stets versucht werden, einen Prozess von vornherein zu vermeiden oder aber diesen frühzeitig mit einem für beide Sei-ten annehmbaren Vergleich zu beenden.

Auch aus Sicht des Arbeit­nehmers ist eine Einigung sinnvoll, denn eine Kündigungsschutzklage ist auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Und gerade in kleineren Betrieben mit einer persönlichen Arbeits­atmosphäre gilt der Grundsatz „Es gibt nichts Schlimmeres als einen gewonnenen Kündigungsschutzprozess“. Nachdem man vor dem Arbeits­gericht eine emotionale und möglicherweise unschöne Auseinandersetzung geführt hat, ist es nicht leicht, anschließend das Arbeitsverhältnis ungetrübt fortzusetzen.

Aufhebungs­vereinbarung

Anstelle des Ausspruchs einer einseitigen Kündigung sollte daher über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags nachgedacht werden. Es ist jederzeit möglich, sich ein­vernehmlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verständigen. Da bei Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung das Arbeitsverhältnis durch eine Einigung endet, ist mangels Kündigung auch kein Kündigungsschutzprozess möglich.

Die wenigsten Arbeitnehmer werden sich jedoch mit der einvernehmlichen Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses einverstanden erklären, wenn der Arbeitgeber nicht gleichzeitig eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes anbietet. Das kann eine Ab­findung sein, aber auch eine Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.

Bei einer Freistellung wird der Arbeitnehmer von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, der Arbeitgeber hat das Gehalt aber fortzuzahlen. Gleichzeitig kann vereinbart werden, dass mit der Freistellung offene Urlaubsansprüche und Überstunden abgegolten werden. Eine Freistellungsvereinbarung kommt beiden Parteien zugute: Der Arbeitnehmer kann sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus in Ruhe eine neue Beschäftigung suchen und der Arbeitgeber muss nicht befürchten, dass der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nur noch Dienst nach Vorschrift macht oder aber dass Kunden gegenüber – auch ungewollt – schädliche Äußerungen fallen.

Der Vorteil einer Aufhebungsvereinbarung ist, dass sie ohne Prozess zu einer umfassenden Rechtssicherheit führt. Nachteile kann eine Aufhebungsvereinbarung für den Arbeitnehmer bedeuten, der noch keine Anschluss­beschäftigung gefunden hat, denn sie führt nahezu zwangsläufig zur Verhängung einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld. Eine Aufhebungsvereinbarung wird daher meist nur möglich sein, wenn der Arbeitnehmer nicht auf Arbeitslosengeld angewiesen ist.

Kündigung mit Abfindungsangebot

Eine weitere, in der Praxis viel zu wenig genutzte Möglichkeit der Prozessvermeidung bietet der im Jahr 2004 eingeführte § 1a KSchG. Diese Vorschrift ermöglicht es dem Arbeitgeber, eine Kündigung mit dem Hinweis zu verbinden, dass es sich um eine betriebsbeding­te Kündigung handele und der Arbeitnehmer eine Ab­findung beanspruchen könne, wenn er die dreiwöchige Frist zur Klageerhebung verstreichen lässt. Ist der Arbeitnehmer damit einverstanden und klagt nicht gegen die Kündigung, so hat er einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung.

Die Höhe der Abfindung muss mindestens ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr betragen. Der Höhe nach handelt es sich um die sogenannte Regelabfindung, also den Betrag, der meist auch bei einem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich zu erwarten ist. Die Kündigung nach § 1a KSchG kann also das zu erwartende Ergebnis eines Gerichtsverfahrens vorwegnehmen, erspart aber die gerichtliche Auseinandersetzung. Weiterhin führt die Hinnahme der Kündigung durch den Arbeitnehmer nicht zur Verhängung einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit, was ein deutlicher Vorteil gegenüber dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist.

Bietet der Arbeitgeber direkt mit der Kündigung eine Abfindung an, erscheint es auf den ersten Blick, als traue er seiner eigenen Kündigung nicht. Das wird manchen Arbeit­nehmer veranlassen, das Angebot nicht anzunehmen und Klage zu erheben. Ob die Kündigung allerdings vor Gericht Bestand haben oder ob vor Gericht eine höhere Abfindung erreicht wird, ist völlig offen. Sicher ist aber, dass der anwaltlich vertretene Arbeitnehmer von der Ab­findung die Kosten seines Rechtsanwalts bezahlen muss. Durch eine Klage kann er sich also durchaus verschlechtern.

Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin,
Bellinger Rechtsanwälte und Steuer­berater,
40212 Düsseldorf, E-Mail:
theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(15):12-12