Helmut Lehr
Zu den beliebtesten „Steuergestaltungen“ gehören zweifellos Mietverträge mit nahen Angehörigen. Hier besteht nämlich die Möglichkeit, eine verbilligte Miete zu vereinbaren und im Gegenzug dennoch die vollen Werbungskosten geltend zu machen. Dabei ist zu beachten, dass die Miete mindestens 56 % der ortsüblichen Miete beträgt1), weil das Mietverhältnis ansonsten nur anteilig „anerkannt“ wird.
Liegt die vereinbarte Miete unter 75 % der ortsüblichen Miete, prüft die Finanzverwaltung zumindest, ob überhaupt eine Einkunftserzielungsabsicht besteht. In diesen Fällen muss also nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden, dass die Mieteinnahmen auf lange Sicht die Werbungskosten übersteigen2).
Hinweis: Auch wenn mit der Vermietung an Angehörige keine gezielte steuerliche Optimierung beabsichtigt ist, entscheiden sich viele Hausbesitzer dafür, weil sie möglichen Ärger mit fremden Mietern vermeiden möchten.
Kritische Prüfung durch die Finanzbehörden
Die Finanzämter nehmen Mietverhältnisse mit nahen Angehörigen stets sehr genau unter die Lupe, weil sie dabei fast immer eine gezielte Steuergestaltung vermuten. Deshalb müssen Vermieter hier besondere Sorgfalt an den Tag legen und möglichst folgende Grundsätze beachten:
Das Mietverhältnis muss
- zivilrechtlich wirksam vereinbart sein,
- inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und auch
- tatsächlich so durchgeführt werden.
Mängel in der Praxis
Diese theoretischen Grundsätze werden in der Praxis – was durchaus nachvollziehbar ist – nicht immer eins zu eins umgesetzt. Folglich kommt es häufig zu Beanstandungen durch die Finanzbehörden und nicht selten zu finanzgerichtlichen Auseinandersetzungen.
Hinweis: Der Bundesfinanzhof hat in den letzten Jahren schon mehrfach die Finanzverwaltung zurechtgewiesen und sich für eine großzügigere Sichtweise bei Angehörigen-Mietverhältnissen ausgesprochen.
Beispiel: Das Ehepaar Classen besitzt eine kleine Wohnung (35 qm), die bis einschließlich 2003 fremdvermietet war. Als Miete verlangten die Eheleute monat- lich pauschal 220 € (inklusive Nebenkosten). Ab dem 1. Januar 2004 vermietete das Ehepaar die Wohnung an seine Tochter zu einem etwas verbilligten Mietzins. Die Tochter hatte die Miete (ohne Nebenkosten) bar zu leisten und die umlagefähigen Nebenkosten eigenständig direkt an den Erheber zu entrichten. Die Betriebskosten waren als Vorschuss an die Eltern zu zahlen und sollten jährlich abgerechnet werden. Der Mietvertrag wurde für ein Jahr geschlossen, das Mietverhältnis mit der Tochter aber auch in der Zeit danach unverändert fortgesetzt.
Das Finanzamt bemängelte in den Jahren 2005 und 2006 das Fehlen eines schriftlichen Mietvertrags sowie die verbilligte Miete. Außerdem wies es darauf hin, dass die Eltern der Tochter in den Streitjahren erhebliche Unterhaltszahlungen (ca. 10.000 €) geleistet und diese auch als außergewöhnliche Belastung3) im Rahmen der Höchstbeträge steuerlich abgesetzt hätten. Aufgrund einer Gesamtbetrachtung sei das Mietverhältnis deshalb steuerlich nicht anzuerkennen.
Hauptpflichten müssen klar und eindeutig sein
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte zunächst keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof hielt die Revision in einem vergleichbaren Fall jedoch für begründet und hat sich auf die Seite der Vermieter gestellt4). Er hat dabei gleich mehrere Punkte klargestellt, die bei der Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung in der Praxis von ganz erheblicher Bedeutung sein können:
- Die Tatsache, dass Kinder als Mieter von ihren Eltern Unterhaltszahlungen erhalten (und daraus womöglich die Miete bestreiten), ist bei der Beurteilung des Fremdvergleichs nicht zulasten der Eltern zu berücksichtigen. Eine Wohnung kann grundsätzlich auch an ein unterhaltsberechtigtes Kind steuerwirksam vermietet werden.
- Eine verbilligte Miete ist ebenfalls nicht in den Fremdvergleich einzubeziehen, sondern (lediglich) bei der Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht zu berücksichtigen.
- Die fehlende Schriftform des Mietvertrags ist bei der erforderlichen Gesamtwürdigung nicht negativ zu berücksichtigen, da sie schon für die zivilrechtliche Wirksamkeit unerheblich ist.
Hinweis: Das bedeutet, dass im Ernstfall auch ein mündlicher Vertrag genügt, allein aus Nachweisgründen sollten Mietverträge mit nahen Angehörigen jedoch möglichst immer schriftlich geschlossen werden.
Warm- oder Kaltmiete?
Der Bundesfinanzhof hält es für problematisch, wenn der Mietvertrag nicht zwischen Warm- und Kaltmiete unterscheidet. Allerdings müssen fehlende Vereinbarungen über Nebenkosten/Umlagen nicht zwingend zum steuerlichen „Aus“ für das Mietverhältnis führen. In solchen Fällen kommt es dann auch darauf an, wie die Beteiligten das Mietverhältnis tatsächlich umgesetzt haben. Wurde das Mietverhältnis zuvor bereits mit fremden Dritten entsprechend „lax“ gehandhabt, ist einer fehlenden Vereinbarung über Nebenkosten/Umlagen eine geringere negative Bedeutung bei der Gesamtbeurteilung des Falls beizumessen.
Hinweis: Die neuerliche Entscheidung macht deutlich, dass die Finanzämter schon gravierende Mängel geltend machen müssen, um einem Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen die Anerkennung zu verweigern. Unabhängig davon sollte allerdings stets auf eine weitgehend korrekte Durchführung geachtet werden. Barzahlungen sind möglichst zu vermeiden.
1) Vgl. § 21 Absatz 2 Einkommensteuergesetz.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2003, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
3) Vgl. § 33a Einkommensteuergesetz.
4) Vgl. Urteil vom 31. Juli 2007, Aktenzeichen IX R 8/07, nicht amtlich veröffentlicht.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(15):18-18