Steuer-Spartipp

Grundsteuer: Steuererlass neu geregelt


Helmut Lehr

Obwohl in den letzten Jahren bereits wiederholt Verfassungsbeschwerden gegen die Erhebung der Grundsteuer eingelegt wurden, ist diese Abgabe nach wie vor aktuell. Es ist zu vermuten, dass auch neue Verfahren1) nicht den gewünschten Erfolg bringen und die Grundsteuer zumindest mittelfristig weiterhin erhoben wird.

Erlassantrag möglich

Umso bedeutender ist die Möglichkeit, einen teilweisen Erlass der Grundsteuer wegen Ertragsminderung zu beantragen. Das Gesetz sieht einen solchen Erlass ausdrücklich vor (§ 33 Grundsteuergesetz)2).

Hinweis: Der Antrag ist zwingend bis zum auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März zu stellen (vgl. § 34 Absatz 2 Grundsteuergesetz). Ein Erlass für die Grundsteuer des Jahres 2008 kann deshalb längstens bis 31. März 2009 beantragt werden. Es han-delt sich hierbei um eine Ausschlussfrist, die grundsätzlich nicht verlängert werden kann.

Bisherige Regelung

Bislang war ein Erlass möglich, wenn der normale Roh­ertrag (des Objekts) um mehr als 20 % gemindert war und der Steuerpflichtige dies nicht zu vertreten hatte. Die Grundsteuer konnte dann in Höhe des Prozentsatzes erlassen werden, der 4/5 des Prozentsatzes der Ertragsminderung entsprach.

Jahressteuergesetz 2009

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 20093) wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Grundsteuererlass wegen wesentlicher Ertragsminderung völlig neu gere- gelt – die Ausschlussfrist (31. März des Folgejahres) wurde allerdings unverändert bei­behalten.

Ein Erlass der Grundsteuer wegen Ertragsminderung kommt künftig nur noch in Betracht, wenn der normale Rohertrag um mehr als 50 % gemindert ist und der Steuerschuldner diese Minderung nicht zu vertreten hat. Ist dies der Fall, so wird die Grundsteuer in Höhe von 25 % erlassen. Beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 % (beispielsweise bei vollständigem und dauerhaftem Leerstand eines Mietobjekts), ist die Grundsteuer in Höhe von 50 % zu erlassen.

Hinweis: Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken gilt als Minderung des normalen Roher-trags die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks.

Leerstand

Der Grundstückseigentümer hat die Ertragsminderung bei Leerstand von Wohnungen und anderen Räumen dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Zins bemüht. Dies hat die Finanzverwaltung aktuell nochmals bestätigt4). Der Grundstückseigentümer darf also keine höhere Miete als die marktgerechte Miete verlangen. Nachhaltige Vermietungsbemühungen werden von der Finanzverwaltung angenommen, wenn Makler beauftragt oder Zeitungsanzeigen geschaltet wurden oder wenn Online-An­gebote im Internet erschienen sind.

Hinweis: Besteht ein Überangebot an Mietflächen („strukturell bedingter Leerstand“5) ), kann nach Ansicht des Bundesfinanzhofs für einen Grundsteuererlass nicht verlangt werden, dass sich der Vermieter am unteren Rand der Mietpreisspanne orientiert. Es sei auch ohne Bedeutung, ob und wie lange bei neuen Mietobjekten mit Anlaufschwierigkeiten zu rechnen ist. Die Finanzverwaltung will dieser großzügigen Sichtweise aber ganz offenbar nicht uneingeschränkt folgen.

Vergleichsmaßstäbe

Der normale Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres geschätzte übliche Jahresrohmiete. Durch diese Änderung des Gesetzeswortlauts vereinfacht sich die Ermittlung der Ertragsminderung. Abzustellen ist nämlich generell auf den Unterschiedsbetrag der zu Beginn des Jahres geschätzten und der letztlich tatsächlich erzielten Jahresrohmiete.

Beispiel: Apotheker Berger besitzt ein Mietshaus mit 500 qm Nutzfläche. Die übliche Miete beträgt 8 €/qm. Für das Objekt ist deshalb von einem normalen Rohertrag von 48.000 € (8 € x 500 qm x 12 Monate) auszugehen. Weil das Haus nur teilweise vermie- tet ist, erzielt Herr Berger lediglich Mieteinnahmen von 19.200 €.

Die Ertragsminderung beträgt 28.800 € und somit 60 % des normalen Rohertrags. Da die Minderung die Wesentlichkeitsgrenze von 50 % überschreitet, kann die Grund­steuer daher zu 25 % erlassen werden.

Rückwirkende Gesetzesänderung

Die durch das Jahressteuergesetz 2009 geänderte Fassung des Grundsteuergesetzes gilt erstmals für die Grund­steuer des Jahres 2008. Weil nach neuem Recht ein Erlass erst ab einer Ertragsminderung von 50 % in Betracht kommt, stellt die Gesetzes­änderung insbesondere solche Steuerpflichtigen deutlich schlechter, die zwar nach altem Recht, nicht aber nach neuem Recht Anspruch auf einen Erlass gehabt hätten (Ertragsminderung zwischen 20 % und 50 %). Es stellt sich deshalb die Frage, ob diese Gesetzesänderung (wieder einmal) eine unzulässige Rückwirkung beinhaltet. Dabei ist auch zu beachten, dass die Grundsteuer grundsätzlich mit Wirkung zum Beginn des Kalenderjahres entsteht, für das die Steuer festzuset-zen ist.

Hinweis: Betroffene Steuerpflichtige sollten deshalb einen etwaigen Handlungsbedarf mit ihrem steuerlichen Berater besprechen.

1) Vgl. Aktenzeichen beim Bun­desverfassungsgericht: 1 BvR 1334/07.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 4 vom 15. Februar 2007, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 18.
3) Vgl. hierzu bereits AWA -Ausgabe Nr. 1 vom 1. Januar 2009, Seite 10 und 11.
4) Vgl. Senatsverwaltung für Finanzen Berlin, Erlass vom 21. Januar 2009, Aktenzeichen III D – G 1163a – 1/2009.
5) Vgl. hierzu AWA -Ausgabe Nr. 3 vom 1. Februar 2008, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18 und 19.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(05):18-18