Steuer-Spartipp

Abgeltungssteuer: Werbungskostenabzug


Helmut Lehr

Mit Einführung der sog. Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009 ist ein allgemeines Werbungskostenabzugsverbot bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Kraft getreten (vgl. §20 Absatz 9 Einkommensteuergesetz). Im Gegenzug wird lediglich ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € (bei zusammenveranlagten Ehegatten) berücksichtigt.

Hinweis: Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich ganz allgemein, Darlehen in erster Linie für vermietete Immobilien oder für gewerbliche Einkünfte (Apotheke) einzusetzen und „Börsengeschäfte“ bzw. Geldanlagen (insbesondere für die Altersvorsorge) nur aus Eigenmitteln zu bestreiten1). Bereits laufende Darlehen, die mit Kapitaleinkünften in Verbindung stehen, sollten – rein steuerrechtlich gesehen und sofern wirtschaftlich möglich – zügig getilgt werden.

Umwidmung eines Darlehens

Eventuell kommt auch eine Umwidmung eines bestehenden Darlehens – also eine Zuordnung zu einer anderen Einkunftsquelle – in Betracht, etwa wenn eine Kapitalanlage veräußert und der Erlös für eine andere Einkunftsart verwendet wird. Das bestehende Darlehen dient dann – eine entsprechende Gestaltung vor­ausgesetzt – der anderen Einkunftsquelle, sodass ein Kostenabzug für die Schuldzinsen wieder möglich wäre.

Hinweis: Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg hierzu eine besonders steuerzahlerfreundliche Entscheidung getroffen 2) . Eine gezielte Umwidmung sollte im Vorfeld allerdings unbedingt mit einem steuerlichen Berater erörtert werden. Außerdem sollte sie auch unterm Strich wirtschaftlich sinnvoll sein.

Transaktionskosten weiter abzugsfähig

Vom generellen Werbungskostenabzugsverbot gibt es wichtige Ausnahmen, so z.B. bei den Transaktionskosten. Ausgaben, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einem Veräußerungsgeschäft stehen, sind weiterhin abziehbar, sie mindern nämlich die steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne (§20 Absatz 4 Einkommen­steuergesetz). Abzugsfähig sind auch die im Rahmen von Terminmarktgeschäften anfallenden Gebühren wie Maklercourtage, Bankspesen, Limitgebühren etc.

Hinweis: Ist für die Vermögens­verwaltung ein pauscha­les Entgelt an die Bank bzw. einen Vermögensverwalter zu entrichten (sog. all-in-fee), kann ein darin enthaltener Transaktionskostenanteil in Abzug gebracht werden. Dies gilt nach Ansicht der Finanzverwaltung zumindest dann, wenn der Transaktionskostenanteil nicht mehr als 50% der all-in-fee ausmacht 3) . Die Regelung gilt auch für sog. Beraterverträge 4) .

Gebühren bei Kapital­lebensversicherungen

Die „innerhalb“ einer Kapitallebensversicherung anfallenden Gebühren (insbesondere für Abschluss, Verwaltung, Vertrieb und Todesfall­risiko) sind für den Anleger zunächst zwar nicht sichtbar und müssen von diesem auch nicht im klassischen Sinn „bezahlt“ werden, wirtschaftlich belastet ist er damit im End­effekt aber doch. Ein „Abzug“ dieser Kosten ist auch weiterhin in der Weise möglich, dass sich diese mindernd auf die Höhe der steuerpflichtigen Kapitaleinnahmen bei Aus­zahlung ( verminderte Auszahlungssumme ) auswirken.

Stückzinsen

Gezahlte Stückzinsen gelten auch ab 2009 weiterhin als negative Kapitaleinnahmen und nicht etwa als Werbungskosten – das Abzugsverbot greift daher nicht. Beim Kauf von Anleihen oder Rentenfonds „wandern“ die Stückzinsen in den „Verlustverrechnungstopf“ bei der Bank. Am Ende eines Jahres nicht verbrauchte (verrechnete) Stückzinsen werden auf die Folgejahre vorgetragen.

Wurden vor 2009 Schuldzinsen für Kapitalanlagen aufgewendet, deren spätere Erträge der Abgeltungssteuer unterliegen, handelt es sich streng genommen um ein sog. Steuerstundungsmodell, dessen Verluste (Schuldzinsen) nicht mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden können (§20 Absatz 7 Einkommensteuergesetz).

Hinweis: Diese Einschränkun­gen wendet die Finanzverwaltung aber grundsätzlich nicht in solchen Fällen an, in denen festverzinsliche Wertpapie­re unter Ausweis von Stückzinsen erworben wurden. Der Aus­weis von Stückzinsen entspreche nämlich den Marktusancen und sei erforderlich, damit der bisherige Gläubiger den Gegenwert des ihm zustehenden (anteiligen) Zinsanspruchs realisieren könne 5) . Etwas anderes könnte aber gelten, wenn es sich um kreditfinanzierte Wertpapiererwerbe handelt.

Verfassungsrechtliche Zweifel

Ganz allgemein ist es immer problematisch, wenn notwendige Erwerbsaufwendungen steuerlich nicht abzugsfähig sind, wie die gerichtlichen Auseinandersetzungen zur Entfernungspauschale oder auch zum häuslichen Arbeitszimmer eindrucksvoll belegen. Deshalb wurden bereits bei Bekanntwerden der Pläne zur Abgeltungssteuer verfassungsrechtliche Zweifel (u.a.) hinsichtlich des Werbungskostenabzugsverbots geäußert. Und hierbei geht es nicht nur um einzelne Abzugspositionen, sondern sogar um den kompletten Aufwand für eine Einkunftsart.

Vereinfachtes Beispiel: Wer als Aktionär aus fremdfinanzierten Aktien Dividenden von 5.000€ bezieht und dafür Schuldzinsen von 3.500€ aufwendet, macht unterm Strich ein Ertrags-Plus (vor Steuern) von 1.500€. Die Steuerbelastung beträgt – unter Berücksichtigung des Sparerpauschbetrags (801€), inklusive Solidaritätszuschlag, ohne (!) Kirchensteuer – nominal 26,38%, mithin 1.107€. Gemessen am Ertrag (1.500€) ist dies eine Belastung von fast 74%.

Hinweis: Es dürfte deshalb nur eine Frage der Zeit sein, dass entsprechende Klagen vor den obersten Gerichten anhängig gemacht werden.

1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 21 vom 1. No­vember 2008, Seite 11 und 12.
2) Urteil vom 13. Juli 2009, Akten­zeichen 9 K 251/07.
3) Vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 15. August 2008, Aktenzeichen IV C 1 – S 2000/07/0009.
4) Vgl. Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 1. April 2009, Akten­zeichen IV C 1 – S 2000/07/0009.
5) Vgl. Oberfinanzdirektion Magdeburg, Verfügung vom 13. Juni 2008, Aktenzeichen S 2252 – 104 – St 214 V.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(18):18-18