Prof. Dr. Reinhard Herzog
Auf rund 6,6 Billionen Euro schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) das Gesamtvermögen der Deutschen. Doch dieses Vermögen ist keineswegs immer optimal angelegt: Experten gehen davon aus, dass mindestens die Hälfte davon nicht den Ertrag bringt, der mit einer sinnvollen Anlagestrukturierung bei gleichem Risiko eigentlich erzielbar wäre. Der Grund: Nach wie vor vertrauen viele Sparer allein auf ihren Anlageberater bei Bank oder Sparkasse – und der empfiehlt heute in erster Linie Produkte, die ihm von seinem Arbeitgeber im Rahmen von Verkaufsförderungsmaßnahmen vorgesetzt werden. Nicht das Kundeninteresse steht im Vordergrund, sondern allein der Ertrag, den der Verkauf und die laufende Betreuung dem Geldinstitut einbringt.
Beliebtes Thema
Geldanleger sind also zunehmend auf sich selbst gestellt, wenn sie ihr Vermögen sinnvoll und ertragreich investieren wollen. An Informationen mangelt es dabei nicht, denn heute widmen sich längst nicht nur Fachmedien diesem überaus wichtigen Thema. Berichte finden sich vielmehr in nahezu allen Publikationen, die das breitere Publikum ansprechen – vom „Hausfrauenblättchen“ bis hin zu den Hochglanz-Magazinen mit Lifestyle-Themen. Aber auch Rundfunk und Fernsehen berichten regelmäßig über die Börse und nicht zuletzt bietet das Internet eine Informationsvielfalt, die man sich noch vor wenigen Jahren kaum hätte träumen lassen. Doch damit sind neue Probleme vorprogrammiert: Die Flut der Informationen ist so groß, dass der private Anleger kaum noch Wichtiges von Unwichtigem oder – was noch fataler ist – von Werbung unterscheiden kann.
Solider Journalismus
Bei den großen traditionellen Wirtschaftszeitungen und -magazinen ist davon auszugehen, dass Themen meist gut recherchiert und fundiert behandelt werden. Der Anleger kann sich also darauf verlassen – ob es sich nun um Berichte über Unternehmens- und Branchenentwicklungen, künftige Tendenzen oder um Ratschläge rund um die Vermögensoptimierung handelt. Eine Garantie ist mit den Prognosen zwar nicht verbunden und selbst journalistische Profis sind vor Fehlschlägen nicht gefeit. Dennoch bieten diese Medien dem kritischen Leser ein recht gutes Bild über die aktuelle und möglicherweise künftige Lage der Kapitalmärkte.
Versteckte Werbung
Problematischer ist die Situation jedoch bereits bei Medien, die sich nur ab und zu dem Thema Geldanlage widmen. Typische Beispiele sind regionale Tageszeitungen mit ihren „Finanz-Specials“, aber auch Publikumszeitschriften wie Fernsehmagazine. Hier werden die Texte meist nicht selbst recherchiert, sondern komplette Seiten bei spezialisierten Agenturen eingekauft. Während jedoch nichts gegen eine Seite mit Börsenberichten z.B. von der dpa spricht, sieht es bei manchen als „Tipps für Geldanleger“ herausgestellten Produktionen anders aus. Nicht selten stehen dahinter Finanzvermittler, Versicherungsgesellschaften oder große Banken, die über das Hintertürchen der redaktionellen Berichterstattung ein geschicktes „Product-Placement“ betreiben. Erkennbar sind solche Publikationen – wenn die Seite nicht ohnehin als „Anzeige“ gekennzeichnet ist – vorrangig an der kritiklosen Vorstellung eines einzigen oder weniger Produkte.
In verstärktem Maß gilt dies für Kunden-Publikationen von Banken, Finanzdienstleistern und Versicherungen. Sie erwecken zwar oft den Eindruck der Neutralität, letztlich dienen sie jedoch dem Verkauf. Dies muss nicht negativ sein, denn so können sich auch unerfahrene Anleger über neue Produkte informieren. Im Übrigen sollte schließlich jeder wissen, dass z.B. ein kostenlos verteiltes Sparkassenblatt in erster Linie dem Verkauf von Sparkassenprodukten dient. Entscheidend ist aber, ob alle Chancen, Risiken und Kosten beschrieben werden und ob zumindest ein gewisses Maß an kritischer Distanz gewahrt wird.
Überforderte Experten
Printmedien sind heute jedoch nur noch ein kleiner Teil der Informationsvielfalt. Während sich Rundfunk- und Fernsehsendungen meist nur mit dem aktuellen Marktgeschehen befassen und darüber zuverlässig berichten, findet sich im Internet eine Datenflut, die selbst erfahrene Börsenexperten schnell überfordern kann. Zu unterscheiden ist hier vorrangig nach dem Betreiber des jeweiligen Angebots. Als besonders zuverlässig sind neutrale Stellen zu bewerten: Die Deutsche Börse AG publiziert z.B. alle relevanten Kurse der Frankfurter Parkettbörse und aus dem elektronischen Handel sowie aktuelle Nachrichten und Kommentare. Einen Schritt weiter geht die Börse Stuttgart, die dem Anleger auch Auswahlmöglichkeiten etwa für Anleihen oder Zertifikate anhand konkreter Zahlen bietet. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Börsen ihr Programm allein im Interesse eines möglichst lebhaften Handels betreiben, jedoch keine einseitigen Empfehlungen abgeben.
Soweit es um reale Daten geht, sind auch die Internetseiten von Banken und Sparkassen als zuverlässig einzustufen. Interessant ist z.B. das – kostenlose – Erstellen einer „Watchlist“, in die Anleger die von ihnen gehaltenen bzw. beobachteten Papiere eintragen und bei Bedarf oder automatisch abrufen können. Viele Angebote ersetzen sogar ein eigenes Computerprogramm zur Wertpapieranalyse. Vergleichbares gilt für die Internetauftritte, die von seriösen Finanzpublikationen quasi heftbegleitend betrieben werden: Auch hier herrscht ein hohes Maß an Neutralität. Letztlich muss jeder Anleger selbst herausfinden, mit welchem Angebot er am besten zurechtkommt.
Werbung zur Finanzierung
Allerdings ist die Grenze zwischen Information und Werbung fließend. Selbst manche Börsenbetreiber scheuen im Interesse der Finanzierung ihres Auftritts nicht davor zurück, den einen oder anderen Finanzdienstleister bei sich werben zu lassen. In verstärktem Maß gilt dies für Anbieter, die vom Informationsvertrieb leben. So ist das Angebot von Diensten wie Onvista zwar extrem umfangreich und – soweit es sich auf Kurse bezieht – zuverlässig, jedoch sind die Seiten mit einer Vielzahl von Werbeelementen versehen, die den Nutzer schnell zu Finanzvermittlern führen können.
Mit noch größerer Zurückhaltung sollten Anleger schließlich alle Seiten betrachten, die entweder direkt von Finanzvermittlern betrieben werden oder auf die von Suchmaschinen nach Eingabe einschlägiger Begriffe gern verlinkt wird. Oft wird zwar auch hier eine gewisse Neutralität suggeriert, tatsächlich geht es jedoch meist um den Verkauf z.B. von Versicherungen.
Schließlich sind auch in diesem Markt manche schwarze Schafe unterwegs: Sie bieten angeblich umfassende Börseninformationen, für die man sich nur mit Name und Anschrift registrieren lassen müsse. Im „Kleingedruckten“ finden sich jedoch – häufig kaum lesbar – Hinweise auf ein kostenpflichtiges Abonnement. Geboten werden dafür nichtssagende „Weisheiten“, aber kaum echte Informationen. Vor der Eingabe eigener Daten sollten sich Anleger also genau darüber informieren, wer hinter dem jeweiligen Angebot steht, ob Kosten anfallen und was wirklich erwartet werden kann.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(18):15-15