Helmut Lehr
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung (außerhalb eines Dienstverhältnisses) und für ein Erststudium gehören zu den privaten Kosten der Lebensführung. Eine steuerliche Berücksichtigung ist bislang nur im Wege des Sonderausgabenabzugs möglich, begrenzt auf 4.000 €/Kalenderjahr (vgl. §10 Absatz 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz).
Studiengebühren: Finanzierungsmodelle
Zu den abziehbaren Sonderausgaben zählen auch Studiengebühren. Um allen „Kandidaten“ den Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen, werden teilweise Studienkredite von staatlichen Banken eingesetzt, aus denen den Studenten während des Studiums Geldmittel zufließen. Nach Abschluss des Studiums und einer gewissen Karenzzeit sind diese wieder zurückzuzahlen.
Als Alternative gibt es das Modell der „nachlaufenden“ Studiengebühren. Hier wird auf eine dritte Partei, die die Vorfinanzierung regelt, verzichtet. Dafür erfolgt eine Stundung der Studiengebühren von staatlicher Seite, verbunden mit einer einkommensabhängigen Rückzahlung.
Steuerrechtliche Folgen
Das erstgenannte Finanzierungsmodell ist aus steuerrechtlicher Sicht eher nachteilig, weil die Sonderausgaben (Zahlung der Studiengebühren) während der Laufzeit des Studiums anfallen und Studierende im Allgemeinen keine oder nur relativ geringe zu versteuernde Einnahmen erzielen. Der Sonderausgabenabzug läuft dann faktisch ins Leere. Eine Verlustfeststellung o.ä. kommt bei Sonderausgaben nicht in Betracht.
Hinweis: Nach Aufnahme der Berufstätigkeit wirken sich nur die Zinsen für das Ausbildungsdarlehen als Sonderausgaben aus, nicht aber die Tilgungsbeiträge.
Das Modell der „nachlaufenden“ Studiengebühren hat den großen Vorteil, dass die Aufwendungen für die Studiengebühren an sich (und nicht etwa für die Darlehenstilgung) erst nach Abschluss des Studiums anfallen und somit zu einer Zeit, in der regelmäßig nennenswerte Einkünfte erzielt werden. Der Sonderausgabenabzug führt dann oft zu einer stattlichen Steuerersparnis im Vergleich zum „Darlehensmodell“.
Finanzverwaltung spielt mit
In Anbetracht der Steuerersparnisse bzw. -ausfälle hatte man seitens der Finanzbehörden ernsthaft darüber nachgedacht, diesem „Modell“ die Anerkennung zu verweigern. Es wurde der Vorschlag gemacht, den Sonderausgabenabzug nur für Zeiten der Berufsausbildung zuzulassen. Dieser Vorschlag fand jedoch erfreulicherweise keine Zustimmung. Deshalb gilt: Auch aus Sicht der Finanzverwaltung sind „nachlaufende“ Studiengebühren im Jahr der Zahlung und somit auch noch nach Abschluss der Berufsausbildung als Sonderausgaben abzugsfähig 1) .
Vorsicht beim Kindergeld
Wie so oft im Steuerrecht, ist auch hier eine ganzheitliche Betrachtung angezeigt. Die Studiengebühren können nämlich für die Prüfung der Einkünfte und Bezüge des Kindes für den Erhalt des Kindergelds (Jahresgrenzbetrag!) von entscheidender Bedeutung sein. Ist das Kindergeld während der Studienzeit nur dadurch zu erlangen, dass von den Einkünften und Bezügen – beispielsweise aus Jobs während der Semesterferien oder nach „Feierabend“ – die Studiengebühren notwendigerweise abgezogen werden müssen, ist das Modell der „nachlaufenden“ Gebühren nicht ohne Weiteres empfehlenswert. Unter Umständen geht gerade deshalb das Kindergeld dann verloren.
1) Vgl. Senatsverwaltung Berlin, Erlass vom 11. Februar 2009, Aktenzeichen III B – S 2221 – 10/2008.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(18):17-17