Helmut Lehr
Die Lebensversicherung zählt immer noch zu den beliebtesten Vorsorgeprodukten, statistisch gesehen besitzt jeder Bundesbürger (etwas) mehr als einen Vertrag. Tritt der Vorsorgefall (Tod) dann tatsächlich ein, greift allerdings nicht selten der Fiskus zu und schmälert den erhofften Ertrag. Insbesondere bei unverheirateten Paaren oder bei Eheleuten, die aufgrund von weiterem Vermögen die persönlichen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerfreibeträge1) bereits ausgeschöpft haben, kann es zu empfindlichen Belastungen kommen.
Beispiel: Frau Bertram (B) und Herr Meffert (M) leben seit mehr als zwanzig Jahren in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft. Als B stirbt, erhält M eine Lebensversicherung ausgezahlt, die B einst als Versicherungsnehmerin auf ihr Leben abgeschlossen hat. Die Versicherungsbeiträge wurden von B geleistet.
Vermögensvorteil durch Vertrag des Erblassers
Das Finanzamt fordert von M Erbschaftsteuer, weil die Lebensversicherungssumme als Erwerb von Todes wegen zu erfassen sei (vgl. § 3 Absatz 1 Nr. 4 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz). Danach gilt als (steuerpflichtiger) Erwerb von Todes wegen auch „jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblas-ser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten (hier: Lebensversicherungsunternehmen) unmittelbar erworben wird“.
Hinweis: M macht geltend, dass B die Prämienzahlungen nur deshalb habe leisten können, weil er sämtliche Lebenshaltungskosten des Paares zu etwa 2/3 getragen habe. Wirtschaftlich gesehen habe er die Versicherungsbeiträge damit letztlich größtenteils selbst geleistet und sei deshalb insoweit nicht bereichert worden.
Klage blieb erfolglos
Das Hessische Finanzgericht gab dem Finanzamt in einem vergleichbaren Fall recht 2). Entscheidend sei, dass die Erblasserin trotz der Beteiligung des Partners an der Haushaltsführung sämtliche Prämienzahlungen offenbar aus ihrem eigenen Vermögen geleistet habe.
Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass M im Innenverhältnis zu B die Stellung des Versicherungsnehmers innehatte. Außerdem besaß B offenbar eigenes Vermögen in einer Höhe, die ihr die Zahlung der laufenden Prämien problemlos ermöglichte.
Hinweis: Nach offizieller Verwaltungsauffassung entfällt die Steuerpflicht grundsätzlich nicht dadurch, dass der Bezugsberechtigte die Prämien anstelle des Versicherungsnehmers ganz oder teilweise gezahlt hat3). Allerdings hat das Finanzgericht München bereits entschieden, dass der Erwerb einer Lebensversicherungssumme durch einen (widerruflich) Bezugsberechtigten insoweit nicht der Erbschaftsteuer unterliegt, als er auf eigenen Zahlungen der Versicherungsprämien aus eigenem Vermögen beruht4). Dies nachzuweisen, bereitet in der Praxis aber mitunter große Schwierigkeiten.
Gestaltung durch „überkreuzte Verträge“
Die Erbschaftsteuerbelastung auf die Versicherungssumme kann durch eine relativ einfache Gestaltung (sicher) vermieden werden, nämlich durch den Abschluss sogenannter überkreuzter Verträge. Dabei schließt jeder Partner einen (Risiko-)Lebensversicherungsvertrag als Versicherungsnehmer auf den Tod des anderen Partners ab und zahlt jeweils die Prämie für seinen „eigenen“ Vertrag.
Das bedeutet bei Tod eines Partners: Die Versicherungssumme wird dem überlebenden Partner als Versicherungsnehmer aus seinem eigenen Vertrag gezahlt, es handelt sich somit nicht um einen steuerpflichtigen Vermögensvorteil aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags. Die Auszahlung des Betrags führt daher zu keiner Erbschaftsteuerbelastung.
Hinweis: Der etwaige Anspruch auf die (noch nicht fällige) Lebensversicherung des anderen Partners fällt in dessen Nachlass und ist gegebenenfalls als Erwerb von Todes wegen beim Erben/bei den Erben zu erfassen. Bei reinen Risikolebensversicherungen dürfte ein steuerlich relevanter Rückkaufswert in der Regel aber nicht vorhanden sein.
Übrigens: Die Möglichkeit, noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens- bzw. Kapitalversicherungen mit 2/3 der eingezahlten Prämien zu bewerten, ist mit Inkrafttreten der Erbschaft- und Schenkungsteuerreform zum 1. Januar 2009 entfallen.
Verbundene Lebensversicherung
Ehegatten entscheiden sich häufig auch für sog. verbundene Lebensversicherungen. In diesen Fällen wird die Versicherungssumme ausgezahlt, wenn beide versicherte Personen den im Versicherungsschein genannten Ablauftermin erleben. Verstirbt einer der beiden vor dem genannten Termin, wird die Summe ausgezahlt, sofern der Vertrag nicht fortgesetzt wird. Beide Eheleute sind sowohl Versicherungsnehmer als auch versicherte Person.
Die Versicherungsleistung unterliegt nur insoweit der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, als sie nicht auf die Prämienzahlungen des überlebenden Ehegatten entfällt. Die Finanzverwaltung geht hier nämlich davon aus, dass die Versicherungssumme im Ergebnis zugunsten der „Gemeinschaft“ anfällt. Der Anteil an der Gemeinschaft bemisst sich dabei nach der im Innenverhältnis vereinbarten Prämienzahlungspflicht. Im Zweifel nimmt die Finanzverwaltung an, dass beiden Teilhabern gleiche Anteile (50/50) zustehen5).
Hinweis: Diese Rechtsauffassung führt faktisch zu einer hälftigen Steuerfreiheit der Versicherungsleistung auf den Todesfall und somit ebenfalls zu teils beachtlichen Steuerersparnissen.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 5 vom 1. März 2008, Seite 8 bis 11.
2) Vgl. Urteil vom 2. April 2009, Aktenzeichen 1 K 2778/07.
3) Vgl. Richtlinie 10 Absatz 2 Satz 2 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003.
4) Vgl. Urteil vom 26. Juli 2006, Aktenzeichen 4 K 4359/03.
5) Vgl. Richtlinie 9 Absatz 2 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(22):19-19