Prof. Dr. Reinhard Herzog
In den 1970er- und 1980er-Jahren war die Geldentwertung in Deutschland ein bedeutendes Thema: Die Teuerungsraten erreichten in Spitzenzeiten mehr als 7% jährlich, zwischen 1970 und 1980 stiegen die Verbraucherpreise um rund 65%. Der Grund war insbesondere der steigende Ölpreis, verbunden mit der Befürchtung einer nachhaltigen Verknappung dieses Rohstoffs. Aber auch die zeitweise recht freizügige Geldpolitik der Deutschen Bundesbank trug dazu bei, dass die Deutsche Mark an Kaufkraft verlor.
Freizügig ist die Geldpolitik der Notenbank heute allerdings auch – und dies in einer Dimension, die man in den 1970er-Jahren kaum für möglich erachtet hätte: Um die Wirtschaft in Gang und die Finanzwelt funktionsfähig zu halten, werden Milliardenbeträge in den Geldkreislauf gepumpt und Schulden in noch nie gesehenem Umfang aufgehäuft. Doch die Geldentwertungsrate reagiert unerwartet: Sie tendiert immer noch gegen null.
Handel bremst die Preise
Viele Experten rechnen jedoch mit einer baldigen Trendwende: Derzeit wird die Inflationsrate in erheblichem Umfang von den gesunkenen Rohstoffpreisen und – vor allem – den konjunkturell ausgelösten Preisrücknahmen im Einzelhandel geprägt. „Umsatz um jeden Preis“ lautet bei vielen Unternehmen die Devise, mit der die Käufer weiterhin gebunden werden sollen. Die Rabattschlachten dürften jedoch ein Ende haben, wenn sich die Konjunktur wieder erholt. Und nicht nur das: In vielen Bereichen hat sich mittlerweile ein erheblicher Nachholbedarf aufgebaut. Zudem ist der Rohölpreis in den vergangenen Monaten wieder deutlich gestiegen, was sich auch auf das produzierende Gewerbe auswirken dürfte.
Reale Rendite trotz Inflation
„Verlierer“ jeder Geldentwertung sind Besitzer von Anleihen. Sie bekommen lediglich einen mageren Zins, der – insbesondere nach Steuern – kaum die Inflation ausgleicht. Alternativ werden zunehmend „inflationsgesicherte Anleihen“ gehandelt, die dem Anleger auch in Zeiten einer hohen Geldentwertungsrate eine attraktive reale Rendite garantieren sollen.
Zu unterscheiden sind insbesondere zwei Varianten:
- Bei den meisten Titeln unterliegen nur die Zinszahlungen dem Inflationsschutz, d.h., ihre Verzinsung wird bei einem Anstieg des Verbraucherpreisindex in einem festgeschriebenen Verhältnis angepasst. Der Anleger erhält dann z.B. das 1,5- bis 3-Fache der Inflationsrate als Zins, der Nennwert bleibt unverändert.
- Andere Papiere sehen auch eine Anpassung des Nennwerts vor. Ist der Verbraucherpreisindex z.B. während der Laufzeit um 12% gestiegen, erfolgt die Rückzahlung einer solchen Anleihe statt mit 100% immerhin mit 112%.
Vorteile, aber auch Nachteile gibt es bei beiden Varianten: So bieten Papiere mit Inflationsschutz allein bei der Verzinsung meist einen etwas höheren Steigerungsfaktor, manchmal auch eine Mindestverzinsung. Bleibt die Inflationsrate jedoch im aktuellen Bereich von 0%, fällt möglicherweise die Zinszahlung ganz aus. Ist auch der Nennwert inflationsgeschützt, so ist der Anleger zwar sicher, dass sein Kapital keiner Geldentwertung unterliegt. Sollte es jedoch zu einer Deflation kommen, kann grundsätzlich auch der Nennwert entsprechend herabgesetzt werden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(24):15-15