Steueränderungen zum Jahresanfang 2010

Entlastungen in vielen Bereichen


Helmut Lehr

Zum Jahreswechsel gibt es wieder etliche steuerliche Neuregelungen: Ein neues Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll vor allem Unternehmen stützen. Zudem bringt das bereits verabschiedete Bürgerentlastungsgesetz ab 1. Januar 2010 teils spürbare finanzielle Entlastungen.

Die neue Bundesregierung hat sich nicht zögerlich gezeigt und quasi im Eilverfahren mit der Umsetzung des Koalitionsvertrags begonnen. So soll noch in diesem Jahr – die entscheidende Bundesratssitzung ist am 18. Dezember – das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) verabschiedet werden. Auch für kleine und mittlere Betrie­be (z.B. Apotheken) sowie für „Privatpersonen“ sollen sich Änderungen ergeben.

Geringwertige Wirtschaftsgüter

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 410 € (netto) auf 150 € (netto) herabgesetzt (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 20 vom 15. Oktober 2007, Seite 9 und 10). Das bedeutete: Fortan konnte die Sofortabschreibung im betrieblichen Bereich nur noch bei selbstständig nutzbaren, beweglichen Wirtschaftsgütern mit Anschaffungskosten von maximal 150 € geltend gemacht werden.

Für Anschaffungen nach dem 31. Dezember 2009 können sich Unternehmer voraussichtlich wieder für die Sofortabschreibung entscheiden (Wahlrecht), wenn die Anschaffungskosten des jeweiligen Wirtschaftsguts maximal 410 € (netto) betragen. Alternativ soll die seit 2008 geltende Poolabschreibung über fünf Jahre weiterhin möglich sein, wenn die Anschaffungskosten mehr als 150 € und maximal 1.000 € (jeweils netto) betragen. Das Wahlrecht muss jedoch für sämtliche in einem Jahr angeschaffte Wirtschaftsgüter einheitlich ausgeübt werden.

Hinweis: Wer zum Jahresende 2009 die Anschaffung von „geringwertigen Wirtschaftsgütern“ mit einem Wert jeweils zwischen 150 € und 410 € plant, sollte eine Verschiebung der Anschaffung ins neue Jahr prüfen, um dann von der Sofortabschreibung profitieren zu können.

Gewerbesteuerhinzurechnung

Der Hinzurechnungsanteil von Mieten und Pachten für Grundstücke (vgl. § 8 Gewerbesteuergesetz) – z.B. Apotheken­gebäude – soll ab 2010 von bisher 65% auf 50% gesenkt werden, was sich grundsätzlich entlastend auswirkt.

Hinweis: Wegen des bislang schon bestehenden „Hinzurechnungsfreibetrags“ in Höhe von 100.000 € wird diese Erleichterung für die meisten Apotheker vermutlich keine zusätzlichen Vorteile bringen.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Erleichterungen für Steuerklasse II: Für Erwerber der Steuerklasse II, also insbesondere Geschwister, Geschwisterkinder, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Stiefeltern (bei Schenkungen aber auch Eltern und Großeltern), soll ein neuer Steuertarif eingeführt werden. Bislang sieht der Tarif eine Belastung von 30% bis 50% vor (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 5 vom 1. März 2008, Seite 8 bis 11). Abhängig von der Höhe des geerbten/geschenk­ten Vermögens wird der neue Tarif voraussichtlich zwischen 15% und 43% betragen.

Hinweis: Wer noch vor Jahresende – etwa zu Weihnachten – größere Schenkun­gen an Verwandte der Steuerklasse II plant, sollte diese ggf. etwas aufschieben bzw. kurzfristig steuerlichen Rat einholen.

Betriebsübergabe: Seit Inkrafttreten der Erbschaft- und Schenkungsteuerreform zum 1. Januar 2009 gibt es insbesondere zwei Varianten, um die Übergabe von Betrieben (teilweise) steuerfrei zu stellen (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2008, Seite 10 und 11). Bei der Grund­variante (Regelverschonung) kommt die Steuerbefreiung (zu 85%) nur in Betracht, wenn das Unternehmen mindestens sieben Jahre fortgeführt wird und – bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern – die Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht weniger als 650% der Ausgangslohnsumme beträgt. Die zweite Alternative sieht eine vollständige Steuerbefreiung vor, setzt jedoch voraus, dass der Betrieb nach der Übergabe mindestens zehn Jahre fortgeführt wird und – bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern – die Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht weniger als 1.000% der Ausgangslohnsumme beträgt.

Nach dem Entwurf des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes soll bzw. muss der Betrieb nur noch fünf Jahre fortgeführt werden, ohne dass die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbefreiung (85%ige Regelverschonung) verloren geht. Die Mindestlohnsumme soll auf 400% abgesenkt werden. Die vollständige Steuerbefreiung (zweite Alternative) soll künftig auch bei einer Betriebsfortführung von nur sieben Jah­ren erhalten bleiben, sofern die Lohnsumme in dieser Zeit mindestens 700% der Aus­gangslohnsumme beträgt.

Hinweis: Die Einhaltung der Mindestlohnsumme wird nach bisherigem Recht nicht gefordert, wenn der Betrieb nicht mehr als zehn Beschäftigte hat. Künftig soll diese Grenze auf zwanzig Beschäftigte verdoppelt werden, was für „größere“ Apotheken von Bedeutung sein wird. Die neuen Verschonungsregelungen sollen rückwirkend in Kraft treten und haben auch für unmittelbar geplante Übertragungen Bedeutung.

Kindergeld und Kinderfreibetrag

Das Kindergeld soll ab 2010 für jedes zu berücksichtigende Kind um 20 € erhöht werden. Somit ergäben sich für das erste und zweite Kind 184 €, für das dritte Kind 190 € sowie 215 € für das vierte und jedes weitere Kind. Der Kinderfreibetrag soll von 6.024 € auf 7.008 € angehoben werden.

Bürgerentlastungsgesetz

Mit dem Gesetz zur verbesser­ten steuerlichen Berücksich­tigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) wurden bereits im Laufe des Jahres 2009 zahlreiche Änderungen mit entlastender Wirkung auch für Privatpersonen beschlossen, die in erster Linie ab 2010 greifen.

Erhöhter Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen: Beiträge zur Basiskrankenversicherung sind grundsätzlich in voller Höhe steuerlich abzugsfähig. Dabei handelt es sich um Beiträge für Leistungen, die in Art, Umfang und Höhe den gesetzlichen Pflichtleistungen nach SGB V entsprechen. Aufwendungen für privaten Krankenversicherungsschutz sind insoweit unbeschränkt abzugsfähig, als sie für einen entsprechenden „Basisschutz“ aufgewendet werden. Darüber hinausgehende Beiträge zählen zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen (siehe unten). Der auf das Krankengeld entfallende Beitragsteil ist nicht abzugs­fähig. Besteht bei einer gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf Krankengeld, wird der entsprechende Beitrag deshalb pauschal um 4% gemindert. Beiträge für die gesetzliche Pflegever­sicherung sowie für die private Pflege-Pflichtversicherung sind ab 2010 in vollem Umfang abzugsfähig.

Hinweis: Steuerpflichtige kön­nen auch die „Basisver­siche­rungsbeiträge“ für ihre (privat versicherten) Kinder steuerlich absetzen, sofern sie diese im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung getragen und einen Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag haben. Beiträge für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Partner sind wie eigene Beiträge des (unterhaltsempfangenden) Partners als Vor­sorgeaufwand absetzbar. Der „Zahlende“ kann dabei korrespondierend dazu einen erhöhten Abzug seiner Unterhaltsleistungen (Realsplitting) geltend machen (vgl. AWA -Ausgabe Nr. 23 vom 1. Dezember 2009, Seite 18 und 19).

Sonstige Vorsorgeaufwendungen: Aufwendungen für Arbeitslosenversicherungen, Unfall- und Haftpflichtversiche­rungen, Risikolebensversicherungen, Alt-Kapitallebensversicherungen etc. bleiben weiterhin beschränkt abziehbar. Der Höchstbetrag beläuft sich hier auf 1.900 € für Arbeit­nehmer und Beamte sowie auf 2.800 € für Selbstständige. Bei Ehegatten ergibt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der beiden Ehegatten zustehenden Höchst­beträge.

Hinweis: Die Höchstbeträge vermindern sich jedoch um die Kosten für den Basiskrankenversicherungsschutz. Daher können die übrigen Vorsorgeaufwendungen nur insoweit steuerlich berücksichtigt werden, als die Beiträge für den Basisschutz (inklusive Pflegeversicherung) den (ggf. gemeinsamen) Höchstbetrag nicht übersteigen. Nicht zuletzt wegen dieser Einschränkung wird das Bürgerent­lastungsgesetz von Experten auch als „Mogelpackung“ bezeichnet, schließlich wurde im Gegenzug zur vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich geforderten Freistellung des Basisvorsorgeschutzes der Abzug der sonstigen Vorsorgeaufwendungen teils deutlich eingeschränkt.

Beispiel: Ein lediger Apo­theker zahlt für seine private Krankenversicherung 5.000 € jährlich. Davon entfallen 15% auf Zusatzleistungen, die über den „Basisschutz“ hinausgehen. Für die Pflegeversicherung zahlt er 250 € und für eine Privathaftpflichtversicherung 130 €. Voll abzugsfähig sind lediglich 4.250 € (5.000 € abzgl. 15%) zzgl. 250 € für die Pflegeversicherung. Die so­genannten sonstigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 750 € (Anteil für Zusatzleistungen durch die Krankenversicherung) zzgl. 130 € (Privathaftpflichtversicherung) sind nicht mehr abzugsfähig, weil der Höchstbetrag von 2.800 € durch den Abzug der privaten Krankenversicherungsbeiträge (Basisschutz) bereits überschritten wird.

Hinweis: Zusätzliche sonstige Vorsorgeaufwendungen (für Unfallversicherung, Kapital­lebensversicherung etc.) würden sich deshalb ebenfalls nicht mehr steuerlich auswirken. Vor diesem Hintergrund sollte dem Argument der „steuerlichen Abzugsfähigkeit“ beim Abschluss neuer Versicherungsverträge kritisch begegnet werden.

Kindergeld/Kinderfreibetrag: Im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes wurde der Jahresgrenzbetrag für die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes ab 2010 von 7.680 € auf 8.004 € angehoben.

Hinweis: Weil für 2009 noch die alte Grenze von 7.680 € gilt, sollte rechtzeitig vor Jahres­ende geprüft werden, ob diese möglicherweise überschritten wird. Mit zusätzlichen Aus­gaben/Werbungskosten kann man hier ggf. noch gegensteuern. Wegen des „Fallbeileffekts“ geht der Anspruch verloren, wenn die Grenze um ei­nen Euro überschritten wird.

Jahressteuergesetz 2009

Ab 2010 können Arbeitnehmer-Ehegatten statt der Steuerklassenkombinationen IV/IV oder III/V auch die Kombina­tion IV-Faktor/IV-Faktor wählen. Der „Faktor“ wird dabei auf Antrag vom Finanzamt auf der Lohnsteuerkarte einge­tragen und soll dazu führen, dass der Lohnsteuerabzug in der Regel annähernd der tatsächlich zu zahlenden Jahreseinkommensteuer entspricht. Davon verspricht sich der Gesetzgeber, dass die „Hemmschwelle“ für den geringer verdienenden Ehegatten gesenkt wird, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Bislang wird dieser nämlich oftmals in die sehr ungünstige Steuerklasse V eingestuft und muss deshalb hohe Abzüge hin­nehmen.

Hinweis: Für Arbeitgeber ergibt sich hier kein nennenswerter Mehraufwand, weil die handelsüblichen Lohnprogramme ab 2010 auch die automatisierte Berechnung der Lohnsteuer nach dem „Faktorverfahren“ vorsehen werden. Da es sich bei dem Faktor jedoch um ein auf der Lohn­steuerkarte eingetragenes allgemeines Besteuerungsmerkmal handelt, muss eine Aufzeichnung des Faktors im Lohnkonto erfolgen. Arbeit­geber sollten ihre Beschäftigten nochmals ausdrücklich auf die neue „Steuerklasse“ hinweisen, damit diese ihren Lohnsteuerabzug eventuell optimal gestalten können. Nähere Informationen zu diesem Verfahren halten auch die Finanzämter parat.

Helmut Lehr, Steuerberater,
55437 Appenheim, E-Mail:
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(24):10-10