Wertpapier im Test

Lufthansa-Aktie


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Das Unternehmen

Mit einem Umsatz von 23 Mrd. € und über 100.000 Mitarbeitern zählt der Lufthansa-Konzern zu den weltweit führenden Anbietern im Luftfahrtbereich. Gegründet wurde die Deutsche Lufthansa im Jahr 1953 als „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf“ (LUFTAG), die seit 1955 unter dem heutigen Namen agiert. Die Geschichte der deutschen Luftfahrt ist jedoch noch wesentlich länger: Bereits 1926 wurden die Fluggesellschaften Deutsche Aero Lloyd (DAL) und Junkers Luftverkehr zur „Deutsche Luft Hansa A.G.“ zusammengeschlossen, die oft als Vorläufer des heutigen Unternehmens genannt wird. Schon damals setzte man auf schnelle Expansion: Nachdem bereits 1926 Anteile an der 1921 entstandenen Deutsch-Russischen Luftverkehrsgesellschaft (DeRuLuft) übernommen wurden, beteiligte sich das Unternehmen maßgeblich an der Gründung der Iberia, der brasilianischen Syndicato Condor und der chinesischen Eurasia. 1945 wurde die „alte“ Lufthansa als Folge des Zweiten Weltkriegs liquidiert.

In den 1960er- und 1970er-Jahren verzeichnete die heuti­ge Lufthansa AG ein schnelles Wachstum. Ein grundlegender Meilenstein war 1997 die Gründung der Star Alliance, des ersten multinationalen Bündnisses im Weltluftverkehr. In jüngster Vergangenheit hat die Lufthansa zahlrei­che an­dere Fluggesellschaften übernommen, darunter u.a. die Schweizer Fluggesellschaft Swiss, die österreichische AUA sowie British Midland. Die Geschäftstätigkeit gliedert sich in die Bereiche Passage Airline (Umsatzanteil 2009: 72,8%), Technik (10,3%), Logistik (8,7%), Catering (7,1%) sowie IT Services (1,1%). Daneben zählen zum Unternehmen verschiedene Service- und Finanzdienstleistungsunternehmen.

Fundamentale Daten

In den vergangenen Jahren wies der Lufthansa-Konzern eine solide Umsatz- und Ertragsentwicklung auf. Jedoch blieb das Unternehmen von der Wirtschaftskrise nicht verschont und ab 2008 musste ein massiver Rückgang insbesondere beim Ertrag hingenommen werden. So stieg zwar die Zahl der Fluggäste 2009 um 8,5% jedoch sorgte der harte Preiswettbewerb für einen Umsatzrückgang um 10,3% auf 22,3 Mrd. €. Das operative Ergebnis brach massiv um fast 90% auf 130 Mio. € ein, entsprechend musste beim EBIT ein Minus von 89,4% auf 96 Mio. € ausgewiesen werden. Das EBITDA gab um 25,7% auf 1,7 Mrd. € nach. Das Konzernergebnis ging – erstmals seit mehreren Jahren – von +542 Mio. € auf -112 Mio. € zurück. Aufgrund einer deutlich erhöhten Verschuldung stellte sich die Eigenkapitalquote auf 23,5% nach 29,4%. Angesichts des Ergebnisses je Aktie von -0,24 € (Vorjahr: +1,18 €) wurde die Dividendenzahlung ausgesetzt.

Auch im ersten Quartal 2010 hat sich die schwierige Lage fortgesetzt. Die Zahl der Fluggäste nahm zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 26,5% auf 19,0 Mio. Passagiere zu und auch beim Fracht- und Postaufkommen wurde ein Plus von 18,1% auf 445.000 Tonnen realisiert. Der Umsatz stieg um 14,8% auf 5,8 Mrd. €. Da sich allerdings auch die Kosten deutlich erhöhten, lag das Ergebnis der betriebli­chen Tätigkeit bei -343 Mio. € nach -64 Mio. €. Beim EBIT wurde ein Rückgang von -220 Mio. € auf -306 Mio. € ausgewiesen und das EBITDA wurde mit 99 Mio. € nach 240 Mio. € dargestellt. Das Konzernergebnis betrug nach Abzug von Minderheitsanteilen -298 Mio. € und lag damit um 11,6% unter dem Vergleichswert des Vorjahres.

Für das Gesamtjahr 2010 und die kommenden Jahre gibt sich das Unternehmen wieder optimistisch: Die Nachfrage hat sich sowohl im Passagier- wie auch im Frachtbereich deutlich erhöht. Nachdem in den restlichen drei Quartalen auch keine Effekte aus Erstkonsolidierungen mehr verbucht werden müssen, sollte die Gewinnzone in absehba­rer Zeit wieder erreicht und auch die Dividendenzahlung wieder aufgenom­men werden können. Gemäß Analystenschätzungen sollte 2011 aus einem erwarteten Gewinn von 0,85 € je Aktie eine Dividende von 0,45 € je Aktie gezahlt werden können.

Charttechnische Daten

Analog zur Geschäftsentwicklung verzeichnete die Aktie der Deutschen Lufthansa AG in den vergangenen Jahrzehnten starke Kursschwankungen. In der Börsenkrise der Jahre 2000 bis 2003 verlor das Papier rund 75% an Wert, um sich dann aber von knapp über 6 € auf mehr als 22 € zu erholen. Anfang 2007 begann dann wieder ein Rückgang und im Frühjahr 2009 wurden Tiefstkurse im Bereich von rund 8 € markiert. Mittlerweile konnte sich das Papier jedoch wieder stabilisieren und in einen Aufwärtstrend über­gehen. Aus charttechnischer Sicht ist entscheidend, ob sich die Notierung innerhalb des ausgebildeten Trendkanals halten und – vor allem – wieder nachhaltig über den Gleitenden 200- Tage-Durchschnitt ansteigen kann. Ist dies der Fall, steht auch einem längeren Aufwärts­trend nichts im Weg.

Gesamtmarkttrend

Nach mehreren freundlichen Monaten kam es infolge der Griechenland-Krise Anfang Mai dieses Jahres zu heftigen Turbulenzen. Sofern der Deutsche Aktienindex DAX wieder über die psychologisch wichtige Marke von 6.000 Punk- ten klettern kann, bestehen Chancen auf ein freundliches zweites Börsenhalbjahr.

Fazit

Hinsichtlich der fundamentalen Daten und der weiteren Perspektiven erscheint die Aktie der Deutschen Lufthansa derzeit günstig bewertet. Ein besonderes Augenmerk sollten Sie allerdings auf die charttechnische Entwicklung richten, steht das Papier doch derzeit an einem möglichen Wendepunkt.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(12):13-13