Helmut Lehr
Innerhalb der Familie können Darlehensverträge zu einer Steueroptimierung führen1). Im theoretischen Idealfall besitzt ein (minderjähriges) Kind durch Schenkungen bereits größeres Geldvermögen, verfügt über keine weiteren Einkünfte und stellt den gut verdienenden Eltern eine Summe darlehensweise zur Verfü- gung. Verwenden die Eltern das Geld für eine betriebliche Anschaffung oder z.B. für ein vermietetes Objekt, können sie die Schuldzinsen steuerlich geltend machen, während das Kind wegen des Grundfreibetrags die Zinsen nicht oder nur im unteren Progressionsbereich versteuern muss.
Hinweis: Umgekehrt ist natürlich denkbar, dass gut situierte Eltern im Rentenalter (niedrigere Steuerprogression!) ihren beruflich erfolgreichen Kindern Darlehen zur Verfügung stellen.
Neue Verwaltungsgrundsätze
Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 23. Dezember 20102) umfassend zur steuerrechtlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen Stellung bezogen und damit ältere Verwaltungsanweisungen mit sofortiger Wirkung ersetzt.
Hinweis: Die neuen Verwaltungsvorgaben werden in der Praxis sicherlich dazu führen, dass die Finanzämter die Problematik in nächster Zeit, insbesondere bei Betriebsprüfungen, noch genauer unter die Lupe nehmen.
Allgemeine Voraussetzungen
Nach wie vor gilt: Angehörigenverträge müssen
- zivilrechtlich wirksam geschlossen,
- tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden und
- dem sogenannten Fremdvergleich standhalten.
Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse führt alleine nicht zwingend zur steuerlichen Aberkennung des Darlehensverhältnisses, stellt allerdings nach Ansicht der Finanzverwaltung ein gewichtiges Indiz für mangelnden vertraglichen Bindungswillen der Beteiligten dar.
Hinweis: Es soll maßgebend darauf ankommen, dass die Trennung der Vermögens- und Einkunftssphären der vertragschließenden Angehörigen gewährleistet bleibt. Daher darf sich das Darlehen z.B. nicht als Unterhaltsgewährung oder verschleierte Schenkung der Zinsen darstellen.
Fremdvergleich
Entscheidend wird sein, ob Angehörige Vereinbarungen treffen, wie sie auch Fremde (zumindest in ähnlicher Art und Weise) getroffen hätten. Vergleichsmaßstab sind nach Ansicht der Finanzverwaltung die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Banken üblich sind. Deshalb sollten die Beteiligten unbedingt Folgen-des berücksichtigen:
- Die Vereinbarung muss Regelungen über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens (also kein „offenes Ende“) enthalten,
- die Zinsen müssen zu den vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten entrichtet werden und
- der Rückzahlungsanspruch muss ausreichend besichert sein.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt eine ausreichende Besicherung vor, wenn bankübliche Sicherheiten gewährt werden, also insbesondere Hypothek oder Grundschuld. Außerdem kommen Bankbürgschaften, die Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern, Forderungsabtretungen bzw. Schuldbeitritte/-übernahmen Dritter oder anderer Angehöriger in Betracht, wenn diese über ausreichende Vermögenswerte verfügen.
Hinweis: Sofern allerdings auch fremde Banken im Einzelfall dem Darlehensnehmer Darlehen ohne Sicherheiten geben würden, können Angehörige auf eine Besicherung verzichten. Dies hat der Bundesfinanzhof bereits ausdrücklich entschieden und wird nun auch von der Finanzverwaltung anerkannt.
Wirtschaftlich voneinander unabhängige Angehörige
Vereinbaren Eltern mit ihren volljährigen und wirtschaftlich unabhängigen Kindern Darlehensverhältnisse, können diese von der Finanzverwaltung ausnahmsweise auch dann anerkannt werden, wenn sie nicht in allen Punkten dem Fremdvergleich standhalten, aber die Darlehensmittel für notwendige Anschaffungen ansonsten bei fremden Dritten (insbesondere Banken) hätten aufgenommen werden müssen. Entscheidend ist hier, dass die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich vollzogen, also insbesondere die Darlehenszinsen gezahlt werden.
Hinweis: Die Modalitäten der Darlehenstilgung und der Besicherung will die Finanzverwaltung in diesen Fällen nicht näher prüfen.
Darlehen mit geschenktem Geld
Generell ist es möglich, dass z.B. Kinder ihren Eltern ein Darlehen aus dem Geld gewähren, das sie zuvor von den Eltern geschenkt bekommen haben. Besteht dabei allerdings von vornherein ein Gesamtplan bzw. eine nachvollziehbare Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen, wird die „Gestaltung“ nicht anerkannt. Deshalb darf die Schenkung nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Begünstigte das Geld wieder im Wege eines Darlehens zurückgewährt. Von einer steuerschädlichen Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen geht die Finanzverwaltung insbesondere in folgenden Fällen aus:
- Die Schenkung und das Darlehen werden in ein und derselben Urkunde vereinbart;
- die Schenkung erfolgt unter der konkreten Auflage der Rückgabe als Darlehen;
- das Schenkungsversprechen steht unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen.
Hinweis: Auch bei längerem zeitlichen Abstand zwischen Schenkung und Darlehen will die Finanzverwaltung in Einzelfällen die Anerkennung der Gestaltung verweigern. In jedem Fall sollte im Vorfeld entsprechender Vereinbarungen mit dem Steuerberater gesprochen werden.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 8 vom 15. April 2010, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
2) Aktenzeichen IV C 6 – S 2144/07/ 10004.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(02):18-18