Claudia Mittmeyer
?Wie soll die Zusammenarbeit von Apothekern und Ärzten beim geplanten ABDA-KBV-Konzept genau aussehen?
Ärzte und Apotheker haben ein gemeinsames Konzept erarbeitet, um Arzneimittelrisiken zu reduzieren, die Therapietreue zu steigern und somit die Qualität der Versorgung zu verbessern. Nicht zuletzt sollen auch Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden. Das gemeinsam von KBV und ABDA entwickelte Konzept besteht aus dem Medikationsmanagement, das wiederum durch einen Medikationskatalog und die Wirkstoffverordnung unterstützt wird. Künftig müssen Ärzte und Apotheker intensiv kooperieren, um sämtliche Medikamente eines Patienten zu kennen.
Durch das Medikationsmanagement sollen Medikation und Compliance von chronisch kranken Menschen, die mindestens fünf Arzneimittel dauerhaft einnehmen, optimiert werden. Der Medikationskatalog soll für wichtige Krankheiten eine bundeseinheitliche, kassenübergreifende und leitliniengerechte Versorgung sicherstellen. Im Rahmen der Wirkstoffverordnung würde der Arzt künftig Wirkstoff, Stärke, Menge und Darreichungsform festlegen, während ein auf der Arzneimittelpackung deutlich lesbarer Wirkstoffname etwaige Verunsicherungen bei Patienten beheben soll.
?Wo liegen die konkreten – auch wirtschaftlichen – Vorteile für die Apotheker?
Die Arzneimittelversorgung der Patienten zu optimieren, ist schon seit jeher Anspruch und Ziel der Apothekerschaft. Immerhin müssen wir uns nicht nur als Heilberufler gegenüber den Patienten, sondern auch als Leistungserbringer im Gesundheitswesen positionieren. Durch das gemeinsame Modell mit den Ärzten bringen sich die Apotheker aktiv in die gesundheitspolitische Debatte um das geplante Versorgungsgesetz ein, das bislang die Arzneimittelversorgung ausgeklammert hat.
Neben den qualitativen Verbesserungen in der Versorgung kann mithilfe des neuen Konzepts – selbst bei konservativer Schätzung – ein Kostendämpfungspotenzial von rund 2,1 Milliarden Euro pro Jahr erzielt werden. Diese Differenz ergibt sich aus Einsparungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro und einer Leistungshonorierung von Ärzten und Apothekern in Höhe von 700 Millionen Euro.
Das Medikationsmanagement reduziert Arzneimittelrisiken und Non-Compliance, wodurch die Folgekosten in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen um 1,8 Milliarden Euro gesenkt werden können. Der Medikationskatalog steuert zwei Drittel der Arzneimittelausgaben der Kassen, sodass sich durch den Austausch von Analogarzneimitteln durch Standardwirkstoffe etwa 700 Millionen Euro sparen lassen. Die Wirkstoffverordnung ermöglicht eine schnellere Substitution auslaufender Originalpräparate durch Generika, wobei wir 250 Millionen Euro als realistisches Potenzial ansetzen.
Aus den aufgezeigten Einsparpotenzialen von 2,8 Milliarden Euro wird für das Medikationsmanagement eine pauschale Honorierung von 360 € pro Jahr pro teilnehmendem Patient für Ärzte und Apotheker gegenfinanziert. Bei einer angestrebten Teilnehmerzahl von zwei Millionen Menschen beläuft sich die Gesamtsumme der Honorierung auf rund 700 Millionen Euro. Da die von uns vorgeschlagene interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern de facto nur Gewinner – Patienten, Kassen, Politik, Ärzte, Apotheker – hat, erwarten wir eine breite Akzeptanz.
?Aus welchen Gründen wurde seinerzeit bei der Umstellung auf das fixe Apothekenhonorar auf eine Dynamisierung verzichtet und wie beurteilen Sie die Aussichten, diese nachträglich einzuführen?
Ich vermute, dass Sie sich darauf beziehen, was meine geschätzte Kollegin Monika Koch kürzlich auf dem Sächsischen Apothekertag angesprochen hat. Als Vorsitzende des dortigen Apothekerverbands hat sie gefordert, Kostensteigerungen und Inflation beim Apothekenhonorar zu berücksichtigen. In der Tat liegt das Apothekenhonorar seit 2004 unverändert bei 8,10 € pro Packung.
Die Vergütung apothekerlicher Leistungen ist seitdem jedoch kein Tabuthema gewesen. Voriges Jahr haben wir intensiv über den Zwangsabschlag diskutiert, der nun bei 2,05 € liegt. Dabei sind noch nicht einmal die 1,75 € für 2009 endgültig juristisch bestätigt. Immerhin konnten wir Faktoren wie Inflation und Personal glaubhaft als Kostentreiber in der Apotheke nachweisen.
So muss man wohl das vorläufige Fazit ziehen, dass Kostenträger zwar gerne zusätzliche Leistungen, wie die Umsetzung der Rabattverträge, in Auftrag geben, aber dadurch entstehende Kosten der Leistungserbringer, wie z.B. Personalaufwand, nur ungern als relevante Faktoren akzeptieren wollen. Das dies dennoch passiert, dafür setzen wir uns als Verband natürlich ein.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(09):3-3