Versicherungen

Neue Liste für schwarze Schafe


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Es existiert bereits seit fast 20 Jahren, wurde jetzt jedoch grundlegend modifiziert: Das „Hinweis- und Informationssystem“ (HIS) der deutschen Versicherungswirtschaft ist zu einer Art SCHUFA der Assekuranz geworden, in dem Daten bestimmter Schadensfälle erfasst werden.

Ob Hausrat-, Haftpflicht- oder Kfz-Versicherung: Die Zahl fingierter bzw. provozierter Schadensfälle ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Doch die Branche weiß sich zu wehren: Zum einen wird bei „verdächtigen“ Schadens­mel­dun­gen inzwischen sehr genau geprüft, ob sich der Schaden wirklich so ereignet haben kann. Zum anderen führen die Versicherer akribisch Buch darüber, welche Schäden ihre Kunden melden, und scheuen bei einer auffallenden Häufung – z.B. in der Rechtsschutzversicherung – selbst bei lang laufen­den Verträgen nicht vor einer Kündigung zurück. In jedem Fall spielt auch die Relation zwischen den vom Kunden gezahlten Beiträgen und den geleisteten Schadenszahlun­gen eine bedeutende Rolle.

Datenerfassung im HIS

Darüber hinaus erfolgt ein reger Datenaustausch zwischen den Versicherungsgesellschaf­ten. Was bisher weitgehend hinter verschlossenen Türen stattfand, wurde jetzt klaren Regeln unterworfen. Das von der Informa Insurance Risk and Fraud Protection GmbH (IIRFP) betriebene „Hinweis- und Informationssystem“ HIS speichert alle Daten von Schadensfällen, bei denen ein mehr oder minder manifestierter Manipulationsverdacht besteht, aber auch „atypische Schadenhäufigkeiten“. Werden beispielsweise in der Sachversicherung innerhalb von zwei Jahren drei Schäden gemeldet oder muss ein Versicherter innerhalb eines Jahres viermal seine Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen, erfolgt automatisch ein entsprechender Eintrag.

Gleiches gilt im Fall „besonderer Schadensfolgen“. Wird etwa ein hoher Fahrzeugschaden auf Gutachterbasis ab­gerechnet, soll ein entsprechender Vermerk die Branche davor schützen, dass der möglicherweise nicht reparierte Schaden bei einem anderen Versicherer nochmals eingereicht wird. Ebenfalls werden „erschwerte Risiken“ wie etwa die Ausübung eines gefahrenträchtigen Berufs in der Datei gespeichert, kann dies doch beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung von Bedeutung sein. Schließlich führen auch alle „Auffälligkeiten“ im Leistungsfall zu einem Eintrag in die Zentraldatei – wie immer diese „Auffälligkeiten“ auch definiert werden.

Zwar weist die Branche die Bezeichnung „schwarze Liste“ strikt zurück, auch führe ein Eintrag in der Liste keineswegs zu einer Ablehnung des Versicherungsschutzes. Die Praxis sieht jedoch anders aus: Wurde ein Versicherungs­kunde erst einmal registriert, überlegt sich jede Gesellschaft sehr genau, ob sie einen gestellten Antrag annehmen wird. Die Löschung der Daten erfolgt im Übrigen erst vier Kalenderjahre nach der Speicherung, beginnend zum Ende des Jahres der Speicherung – und dies auch nur dann, wenn die meldende Versicherungsgesellschaft die Daten nicht verlängern lässt.

Informationspflicht

Verbessert wurde mittlerweile allerdings der Verbraucherschutz: Die Versicherer müssen ihre Kunden automatisch informieren, wenn sie einen Eintrag in das HIS vornehmen. Darüber hinaus können Versicherte einmal jährlich eine kostenlose Selbstauskunft verlangen. Erforderlich dafür ist ein entsprechender schriftlicher Antrag auf den im Internet bereitgestellten Formularen ( www.informa-irfp.de, Rubrik Verbraucher). Auch ein Widerspruch gegen fehlerhafte Daten ist möglich, jedoch entscheidet letztlich der Versicherer, ob der Eintrag wirklich unberechtigt ist und daher gelöscht werden muss.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(12):16-16