Dr. Bettina Mecking
Grundsätzliche Raumanforderungen bleiben erhalten
Die Mindeststandards bezüglich der Apothekenräumlichkeiten bleiben genau definiert: So muss jede öffentliche Apotheke, auch jede Filialapotheke, mindestens eine Offizin, ein Labor, Lagerraum und ein Nachtdienstzimmer mit einer Gesamtfläche von 110qm Mindestgröße aufweisen. Wenn die Apotheke also weitere Geschäftsfelder besetzt, für die spezielle Räumlichkeiten benötigt werden, muss sie größer sein als bisher vorgesehen.
Grundsätzlich sollen alle Betriebsräume der Apotheke direkt aneinander angrenzen und jeder Raum erreichbar sein, ohne die Apotheke zu verlassen. Ausgenommen sind dabei das Nachtdienstzimmer, die Räume für die Abwicklung des Arzneimittelversands bei Versandapotheken sowie Räume für die ausschließliche Herstellung von Zytostatika bzw. Parenteralia und das patientenindividuelle Stellen und Verblistern. Ebenfalls ausgenommen sind Lagerräume, die ausschließlich für die Krankenhaus- und Heimversorgung vorgesehen sind. Für alle diese Räume gilt, dass sie in angemessener Nähe zu den Betriebsräumen liegen müssen.
Weiterhin muss eine Trennung von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten Räumen sowie öffentlichen Verkehrsflächen und Ladenstraßen gewährleistet sein, außerdem ein Schutz gegen unbefugten Zutritt. Selbstverständlich ist für ausreichende Beleuchtung und Belüftung, ggf. Klimatisierung, sowie einen einwandfreien baulichen und hygienischen Zustand zu sorgen.
Neue Anforderungen
Die Offizin muss einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen haben und soll – das ist eine wichtige Neuerung – barrierefrei erreichbar sein. Eine diskrete Beratung muss möglich sein, ein Beratungszimmer ist jedoch nicht verpflichtend. Die Rezeptur muss kein eigener Raum sein, allerdings ist sie „von mindestens drei Seiten raumhoch von anderen Bereichen der Apotheke“ abzutrennen. Tees (Drogen) müssen an einem separaten Arbeitsplatz gemischt und abgefüllt werden. Für Apotheken, die Arzneimittel stellen bzw. verblistern oder Parenteralia herstellen, sind neue strengere Regelungen hinzugekommen, die sich auch in den Anforderungen an die hierfür benötigten Räume niederschlagen.
Übergeordnete Ausrichtung ist, dass die Betriebsräume geeignet sein müssen, einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb zu gewährleisten. In den meisten Fällen sind mit der Umsetzung der neuen ApBetrO keine größeren Umbauten verbunden.
Bestandsschutz beim behindertengerechten Zugang
Apotheker, deren Offizin nicht barrierefrei zugänglich ist, müssen Lösungen finden. Denn nach dem neuen §4 Absatz 2a ApBetrO sollen Kunden, auch Rollstuhlfahrer, ohne größere Schwierigkeiten in die Apotheke gelangen können. Dies ist ohnehin allein schon aus merkantilen Gründen im Interesse des Inhabers, damit er weiterhin ein attraktiver Dienstleister für mobilitätseingeschränkte Patienten bleibt. Nach der amtlichen Begründung soll der Zugang so gestaltet sein, dass die Offizin von jedem Menschen, unabhängig von einer eventuell vorhandenen Behinderung, uneingeschränkt erreicht werden kann. Barrierefrei ist nach §4 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen eine Offizin erreichbar, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar ist. Bei einer bereits vorhandenen Apotheke besteht ein Vertrauensschutz hinsichtlich der erteilten Betriebserlaubnis. Eine Rücknahme oder ein Widerruf der Betriebserlaubnis nach §4 Apothekengesetz (ApoG) kommt aufgrund der neuen Regelung nicht in Betracht, allenfalls dürften im Einzelfall nachträgliche Auflagen gemacht werden.
Problematisch ist mancherorts, ob und wie die Belange des Denkmalschutzes mit denen der Barrierefreiheit vereinbart werden können. Neben mobilen oder standortfesten Rampensystemen bzw. Hebeliften und Klingeln sind viele andere Ansätze denkbar, hier ist Kreativität gefragt. Dabei müssen ggf. existierende landesrechtliche Vorgaben zum barrierefreien Bauen einbezogen werden. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb ist vor existenzgefährdenden Maßnahmen vom Grundgesetz geschützt. Die Formulierung „soll“ ist so zu verstehen, dass die Herstellung eines barrierefreien Zugangs grundsätzlich bis zum Erreichen der Zumutbarkeitsgrenze etwa für den finanziellen Mehraufwand im Einzelfall gefordert wird.
Vertrauliche Beratung
In §4 Absatz 2a Satz 3 ApBetrO finden sich die Vorgaben zur Vertraulichkeit der Beratung. Danach muss die Offizin so eingerichtet sein, dass die Vertraulichkeit der Beratung insbesondere an den Stellen, an denen Arzneimittel an Kunden abgegeben werden, insofern gewahrt ist, als das Mithören des Beratungsgesprächs durch andere Kunden weitestgehend verhindert wird.
Nach der amtlichen Begründung zur Apothekenbetriebsordnung nimmt Satz 3 Bezug auf die entsprechende Vorgabe in der Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung „Information und Beratung des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln“. Mit der Regelung kann der Patient grundsätzlich und nicht nur im Einzelfall von einer Vertraulichkeit bei einer Beratung ausgehen und muss nicht etwa erst darum bitten.
Der Apotheker hat hier einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er die Vertraulichkeit der Beratung in seiner Apotheke gewährleistet. Erste Beispiele liefert die amtliche Begründung. Danach kann die Wahrung der Vertraulichkeit häufig bereits durch „ausreichende organisatorische Maßnahmen“ erfolgen wie z.B. „durch farbliche Kennzeichnungen auf dem Fußboden oder durch das Aufstellen von Abtrennungen zwischen den Handverkaufstischen“.
Die organisatorischen Maßnahmen beschränken sich jedoch nicht nur auf bauliche Maßnahmen, vielmehr muss das Apothekenpersonal diese Vertraulichkeit in der Kommunikation mit dem Kunden und untereinander wahren, was gegebenenfalls durch eine entsprechende Mitarbeiterschulung unterstützt werden kann.
Angemessene Nähe
Besonderes Interesse löst die Frage aus, wie weit das Nachtdienstzimmer von der Apotheke entfernt sein darf. §23 Absatz 3 der neuen ApBetrO steckt die Rahmenbedingungen für die Dienstbereitschaft ab. Hier findet man die allgemeine Aussage, dass der diensthabende Apotheker sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Apothekenbetriebsräumen aufhalten und jederzeit erreichbar sein muss. Eine konkrete Entfernung oder Zeit bis zum Erreichen der Apotheke ist hier nicht festgelegt.
Für die Regelung der Dienstbereitschaft sind in den meisten Bundesländern die Apothekerkammern zuständig. Diese erlassen Richtlinien und Allgemeinverfügungen für die Dienstbereitschaft, in denen auch solche Details geregelt sind. Der Begriff „angemessene Nähe“ zu den Apothekenräumen beinhaltet, dass der jeweilige Einzelfall von den zuständigen Behörden zu betrachten ist. Eine starre Regelung, zum Beispiel ein Kilometer oder zehn Minuten Fahrzeit, wird den unterschiedlichen Verhältnissen in der Stadt und auf dem Land nicht gerecht.
Es ist davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden den Begriff „angemessen“ hier eng auslegen und nur Wegezeiten von wenigen Minuten bei jederzeitiger telefonischer Erreichbarkeit akzeptieren werden. Dies heißt, dass lediglich ein Aufenthalt im gleichen Gebäude, im Nachbargebäude oder allenfalls im Haus gegenüber infrage kommen dürfte. Über den jeweiligen Einzelfall muss die Behörde individuell entscheiden.
Umbau Rezeptur und Labor
Von der ApBetrO wird keine verbindliche Mindestraumgröße für die einzelnen Betriebsräume vorgeschrieben. Wer Rezeptur und Laboratorium zusammenlegen möchte, findet auch in der einschlägigen Arbeitsstättenverordnung in §6 keine konkreten Mindestgrößen vor, sondern lediglich die Forderung, dass der Arbeitgeber solche Arbeitsräume bereitzustellen hat, die eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen. Dabei liegt es in der Verantwortung des Apothekeninhabers, anhand seiner Betriebsgröße und -struktur festzulegen, welche Betriebsräume nach Art, Größe, Zahl etc. in seinem konkreten Fall erforderlich sind, um einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb zu gewährleisten.
Soweit Rezeptur und Laboratorium zusammengelegt werden, sind dabei die Regelungen zum Rezepturarbeitsplatz nach §4 Absatz 2b ApBetrO zu berücksichtigen. Danach ist dieser Arbeitsplatz von mindestens drei Seiten raumhoch von anderen Bereichen der Apotheke abzutrennen. Auf diese Abtrennung kann zwar verzichtet werden, wenn sich der Rezeptur- und Defekturarbeitsplatz in demselben Betriebsraum befindet, der als Laboratorium genutzt wird. Dies gilt aber nur, sofern im Laboratorium kein umgewidmeter Arbeitsbereich wie zum Beispiel für die Herstellung nach §4 Absatz 2c ApBetrO („Teerezeptur“) untergebracht ist. Die Wände und Oberflächen sowie der Fußboden des Rezepturarbeitsplatzes müssen leicht zu reinigen sein, damit das umgebungsbedingte Kontaminationsrisiko für die herzustellenden Arzneimittel minimal ist.
Gänzlich offen eingerichtete Rezepturarbeitsplätze dürften heutzutage ohnehin eine Ausnahme darstellen. Denn im Rahmen der Verwaltungspraxis hat sich in den vergangenen Jahren bereits manifestiert, dass zumindest eine klare Abtrennung vom Kundenbereich geschaffen wurde.
Wenn aber z.B. bei einer in einem Altbau betriebenen Apotheke die Raumhöhe knapp 4m beträgt und nur eine 2,2m hohe Abtrennung vorhanden ist, so ist dies nicht mehr rechtskonform. Jedoch sollte eine solche individuelle Situation vor der Einleitung kostspieliger Baumaßnahmen mit der zuständigen Behörde besprochen werden. Jede Rezeptur weist andere räumliche Rahmenbedingungen und damit auch ein unterschiedliches Hygienerisiko auf. Hier gilt es, die beste speziell auf diese Apotheke abgestimmte Lösung zu finden.
Übergangsfristen für die räumliche Gestaltung
Seit Inkrafttreten der Verordnung am 12. Juni 2012 sind deren Regelungsinhalte grundsätzlich zu beachten. Ob die Aufsichtsbehörden im besonderen Einzelfall darüber hinaus eine Frist gewähren, innerhalb derer eine fehlende Umsetzung noch nicht beanstandet wird, muss direkt mit der zuständigen Aufsichtsbehörde geklärt werden. Empfehlenswert ist es, die erforderlichen Maßnahmen für eine zeitnahe Umsetzung zu gewährleisten, ohne sich dabei planlos in übereilte Umbauaktivitäten zu stürzen.
Nach dem Wortlaut der geänderten Apothekenbetriebsordnung gibt es hinsichtlich der neuen Vorschriften zu den Räumlichkeiten nur wenige Übergangs- oder Umsetzungsfristen. Bestehende Apotheken, die bestimmte Tätigkeiten bisher schon ausüben, sollen die notwendige Zeit haben, um bauliche und andere Anpassungen entsprechend der neuen Rechtslage vornehmen zu können. So gibt es eine Übergangsfrist von zwei Jahren für die Abtrennung von Großhandelsräumen sowie für das Einrichten eines Schleusenzugangs zu den seperaten Räumen für die Verblisterung und die Herstellung von Parenteralia. Die Frist für die Einrichtung der Reinraumklassen für die Herstellung von Parenteralia beträgt zwölf Monate.
Es empfiehlt sich, in maßgebliche, kostenintensive räumliche Planungen die Apothekenaufsicht frühzeitig einzubinden. Denn nach §4 Absatz 6 ApBetrO sind ihr ohnehin „wesentliche Veränderungen der Größe und Lage oder der Ausrüstung der Betriebsräume oder ihrer Nut-zung vorher anzuzeigen“, sodass durch eine frühzeitige Einbindung Beanstandungen zu einem späteren Zeitpunkt weitgehend ausgeschlossen werden können.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2012; 37(15):9-9