Anleiheneuemissionen

Kurskorrekturen nach Börsenstart


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Unternehmensanleihen stehen bei Anlegern derzeit hoch im Kurs: Insbesondere Papiere erstklassiger Schuldner finden reißenden Absatz, aber auch Neuemissionen aus zweiter und dritter Reihe sind sehr gefragt. Ein zu früher Einstieg birgt allerdings Risiken.

Bekannte Namen blenden

Das Problem jedoch: Immer mehr unerfahrene Privatanleger lassen sich von den vermeintlich guten Konditionen und bekannten Unternehmensnamen blenden. So konnte etwa die Zeichnungsfrist bei der ersten Anleiheemission der MS Deutschland Beteiligungs GmbH, dem Betreiber des „Traumschiffs“, schon am ersten Tag vorzeitig abgeschlossen werden. Denn schließlich gilt der Emittent in den Augen vieler Investoren als vielversprechend und die Verzinsung von immerhin 6,875% p.a. bei fünf Jahren Laufzeit liegt weit über den Sätzen von Unternehmensanleihen z.B. von BMW oder VW.

Geflissentlich ignoriert wurden dabei allerdings mögliche Probleme. So steuert die „Traumschiff- Muttergesellschaft“ Deilmann seit Jahren in schwerem Fahrwasser, die Flusskreuzfahrtschiffe mussten Insolvenz anmelden und zuletzt sorgten Diskussionen um eine Ausflaggung des „Traumschiffs“ und die Entlassung des langjährigen Kapitäns für Schlagzeilen. Und das ist offenbar auch manchem Anleger bewusst geworden: Schon in den ersten Tagen nach Börseneinführung brach der Kurs auf 86% ein, sodass Erstkäufer – auf dem Papier – bereits nahezu den Zinsertrag von zwei Jahren eingebüßt haben. Mitt­lerweile wird die Anleihe mit 92% bezahlt, jedoch herrscht wei­terhin erhebliche Unsicherheit.

Das „Traumschiff“-Papier ist sicher die prominenteste, aber längst nicht einzige Neuemission, die ein solches Debakel erlebt. Nach dem mit viel Werbung verbundenen Erstverkauf macht sich oft Enttäuschung breit und die ersten Notierungen brechen ein. Gut beraten sind Anleger daher zumindest derzeit, wenn sie Zeichnungsangebote eher kritisch betrachten.

Handelt es sich um ein renommiertes Unternehmen mit hervor­ragenden Zahlen und günstigen Perspektiven, kann sich ein frühzeitiger Einstieg lohnen. Bestehen jedoch auch nur die geringsten Zweifel, ist Abwarten meist die sinnvollere Alternative. Wird ein Papier z.B. vier Wochen nach Börseneinführung gekauft, kostet dies zwar höhere Spesen als bei Zeichnung, aber aufgrund des Börsenhandels kann auch ein fairer Preis erwartet werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(10):14-14