Andreas Kinzel
Lenkungsfragen einsetzen
Ein guter Start ins Verkaufsgespräch gelingt besser mit „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ als mit „Kann ich Ihnen helfen?“. Denn so steht gar nicht erst das „Ob“, sondern das „Wie“ des Helfens im Vordergrund, und auch nicht der Kunde, sondern das Problem. Lediglich um sich zu vergewissern oder das Verkaufsgespräch zu lenken sind konkrete Fragen sinnvoll wie „Habe ich richtig verstanden, dass…?“. Wer solche Lenkungsfragen einsetzt, sollte aber genau wissen, wohin er den Gesprächsweg führen will und ob der Kunde ihm potenziell folgen wird.
Im weiteren Verlauf stellt sich die Frage nach den Vorstellungen des Kunden, wie das Problem behoben werden könnte. Dabei kann wiederum mit offenen Fragen gearbeitet werden. Je genauer Sie die Bedürfnisse des Kunden erkennen, umso weniger müssen Sie nachfragen. Zudem können nun Alternativfragen gestellt werden. Dabei werden schon in der Frage Alternativen genannt, aus denen der Kunde auswählen kann, z.B. „Möchten Sie etwas gegen Ihre Halsschmerzen oder auch gegen Ihren Husten?“. Werden beide Indikationen angeboten und sind somit beide bereits im Gespräch, erhöht dies die Möglichkeit, Medikamente für beide zu verkaufen. Vorsicht vor offenen Fragen mit wieso, weshalb und warum: Sie drängen den Kunden womöglich in eine Rechtfertigungssituation, werden daher häufig negativ empfunden und können zur Ablehnung bis zum Nichtkauf führen.
Ist das Bedürfnis des Kunden erkannt und eine Lösungsmöglichkeit ausgemacht, wird von den Informationsfragen zu den Entscheidungsfragen übergegangen. Nun ist das Ziel nicht mehr, die Botschaften des Kunden aufzunehmen, sondern ihn mithilfe von Fragen zu einem Kauf zu bewegen. Durch Alternativfragen bei der Produktpräsentation können die Möglichkeiten der Produktauswahl nochmals eingegrenzt und auch der Gesprächsverlauf auf das Ziel des Verkaufs gelenkt werden.
Idealerweise bietet man dem Kunden dabei nicht nur mehrere Alternativen an, sondern Kombinationen wie beispielsweise: „Möchten Sie nur … oder auch … gegen …?“ statt „Möchten Sie … oder …?“ Die Verwendung entsprechender Ausdrücke wie z.B. „nicht nur“, „oder beide“, „auch“, „zusätzlich“ etc. macht es dem Kunden leichter, mehrere Produkte zu kaufen. Fragen wie „… oder möchten Sie sich den Kauf noch mal überlegen?“ sind dagegen zu vermeiden. Ist eine „echte“ Alternativfrage sinnvoll, sollte man bedenken, dass sich der Kunde meist für die letztgenannte Variante entscheidet und daher das vorzugsweise verkaufte Produkt zuletzt anführen.
Die „Ja-Kette“ starten
Generell ist es hilfreich, vom Kunden gewünschte Nutzenvorteile einzelner Präparate mit Wörtern wie „zusätzlich“, „auch“, „besser“ und „schneller“ zu erfragen. Eine solche Frage könnte so formuliert werden: „Möchten Sie zusätzlich etwas, das Sie schneller gesund werden lässt?“ Letztlich kann ein Kunde auf diese Frage nur mit „Ja“ antworten.
Bei einer solchen geschlossenen Frage handelt es sich um eine spezielle Art der Alternativfragen. Sie lässt nur ein „Ja“ oder „Nein“ zu und eignet sich, eine „Ja-Kette“ zu starten. Dabei kann der Kunde immer mit „Ja“ antworten, was wesentlich leichter fällt als „Nein“, weil es ein positives Gefühl vermittelt. Daher sollte man Fragen bevorzugt so formulieren, dass sie möglichst mit „Ja“ beantwortet werden können. Dies darf aber nur dosiert eingesetzt werden, da der Kunde sich eingeschränkt fühlen und dann mit einem Nichtkauf aus dem Gespräch flüchten könnte.
Hat man als Apotheker das vermeintlich ideale Produkt gefunden, sollte man sich mittels Kontroll- und Bestätigungsfragen rückversichern. Dafür eignen sich sowohl offene als auch Alternativfragen. So können Sie die Aussagen des Kunden mit eigenen Worten als Frage wiederholen und ihm damit das Gefühl geben, dass Sie ihn verstanden haben. Des Weiteren sichern Sie sich auf diese Weise gegenüber falschen Empfehlungen ab. Ein typisches Beispiel für eine Bestätigungsfrage ist: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie …?“
Ist die Kaufentscheidung des Kunden getroffen, sollte nach einem weiteren Wunsch gefragt werden, z.B. „Kann ich Ihnen sonst noch weiterhelfen?“. Durch diese Frage wird der Kunde angeregt, über einen zusätzlichen Einkauf nachzudenken. Wird nicht gefragt, muss der Kunde bei einem weiteren Bedürfnis selbst die Initiative ergreifen, was meist schwerer fällt, als einfach „Ja“ zu sagen. Haben Sie ein bestimmtes Produkt im Kopf, können Sie auch gezielt fragen: „Benötigen Sie noch etwas gegen …?“ Im Idealfall lässt sich so die bereits erwähnte „Ja-Kette“ starten.
Hilfreich im Sinne des Verkaufs kann es sein, den Kunden mit persönlichen und positiven Botschaften anzusprechen. So fragt man besser: „Möchten Sie etwas, damit Sie Ihr(en) … schneller loswerden?“ anstatt „Möchten Sie etwas gegen den/das …?“. Vorteil dieser Methode ist, sowohl das Problem des Kunden zu personalisieren und ihm damit ein Gefühl der Individualität zu geben, als auch zu signalisieren, dass man eine positive Lösung gefunden hat. Bei negativen Aussagen neigen Kunden oft dazu, in eine Abwehrhaltung zu verfallen, wodurch ein Nichtkauf wahrscheinlicher wird.
Konjunktiv meiden
Fragen im Konjunktiv sind möglichst zu vermeiden, da diese oft verunsichern. Insbesondere beim (Kauf-)Abschluss kann eine Verunsicherung das gesamte Beratungsgespräch zunichtemachen. Zusätzlich setzt ein Konjunktiv eine Annahme (z.B. Zusatznutzen) voraus. Anstatt „Wenn es Ihnen helfen würde, schneller gesund zu werden, würden Sie das Arzneimittel kaufen?“ kann besser gefragt werden: „Möchten Sie das Arzneimittel kaufen, weil es Ihnen hilft, schneller gesund zu werden?“. Eine solche direkte Frage verhindert, dass der Kunde erneut über bereits getroffene Teilentscheidungen nachdenkt, und veranlasst ihn, weiter konkrete Entscheidungen zu treffen.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass zu einem fachlich guten Beratungsgespräch auch immer ein gutes Verkaufsgespräch gehört. Dabei kann es bedeutsam sein, das Gespräch mit emotionalen Elementen zu ergänzen, z.B., indem man auf bedrückende Symptome eingeht. Da sich ein Gespräch immer entwickelt, ist es nicht sinnvoll, einen Verlauf mit entsprechenden Fragen vorab zu formulieren und auswendig zu lernen. Wichtig ist, bei der Fragetechnik situationsbedingt spontan auf den Gesprächspartner zu reagieren.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(10):8-8