Steuer-Spartipp

Erbschaft- und Schenkungsteuer:­ Zugewinn vorzeitig ausgleichen


Helmut Lehr

Vereinfacht dargestellter Ausgangsfall

Die Eheleute Gerken leben im Güterstand der Zugewinngemein­schaft und hatten zu Beginn ihrer Ehe ein Anfangsvermögen im Sinne des §1374 BGB von 0€. Ende 2013 ergibt sich für Frau Gerken ein Endvermögen im Sinne des §1375 BGB von 100.000€ und für Herrn Gerken in Höhe von 2.100.000€.

Die Gerkens haben drei Kinder. Da bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer im Verhältnis Elternteil-Kind nur ein persön­licher Freibetrag von jeweils 400.000€ berücksichtigt wird, möchten sie zur Vorbereitung des „Erbfalls“ das Vermögen steuergünstig unter den Eheleuten verteilen. Ihr steuerlicher Berater empfiehlt ihnen, den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorzeitig zu beenden und den Zugewinn finanziell auszugleichen.

Vorzeitiger Zugewinnausgleich

Wird die Zugewinngemeinschaft Ende 2013 vorzeitig aufgehoben und wechseln die Eheleute in den Güterstand der Gütertrennung, entsteht für Frau Gerken eine Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 1.000.000€ an ihren Mann. Erfüllt dieser die Forderung, verfügen die Ehegatten anschließend über ein Vermögen von jeweils 1.100.000€.

Hinweis: Die Kinder könnten nun testamentarisch zu gleichen Teilen als Alleinerben eingesetzt werden.

Unmittelbare erbschaftsteuerliche Folgen

Der Zugewinnausgleichsanspruch unterliegt beim Tod eines Ehegatten nicht der Erbschaftsteuer. Erfolgt der Ausgleich – wie hier dargestellt – bereits zu Lebzeiten zwischen den Ehegatten, ist die Ausgleichsforderung (hier: 1.000.000€) ebenfalls nicht steuerbar, sofern der Güterstand tatsächlich beendet wird.

Hinweis: Die Ausgleichsforderung unterliegt selbst dann nicht der Schenkungsteuer, wenn die Ehegatten nach dem Ausgleich den Güterstand der Zugewinngemeinschaft wieder neu begründen (sogenannte Güterstandsschaukel)2). Da die Zivil­gerichte eine allzu schnelle Neubegründung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft als Missbrauch ansehen könnten, sollte zumindest in solchen Fällen eine gewisse Schamfrist dazwischenliegen, in denen mit dem Güterstandswechsel auch erbrecht­liche Ziele (z.B. Pflichtteilsreduzierung) verfolgt werden. Aus rein schenkungsteuerlicher Sicht sollte auch eine „schnelle Güterstandsschaukel“ möglich sein.

Steuerfreie Erbschaft der Kinder

Tritt im obigen Ausgangssach­verhalt nach Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung der Erbfall ein, kommt es – bei bis dahin unveränderter Vermögens­lage – zu keiner Steuerbelastung der Kinder als Erben, da pro Kind und Erbfall ein Freibetrag von 400.000€ berücksichtigt wird. Die Freibeträge kommen jeweils gesondert im Verhältnis Vater-Kind und Mutter-Kind zum Ansatz. Durch den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns kann die spätere Erbfolge somit steuer­optimal eingeleitet werden.
Hinweis: Die Freibeträge der Kinder kommen entsprechend zum Ansatz, wenn sich die Eheleute entschließen, ihr Vermögen nach erfolgtem Zugewinnausgleich bereits zu Lebzeiten gleichmäßig an ihre Kinder zu verschenken.

Vorzeitiger Zugewinnausgleich als Reparaturmaßnahme

In der Praxis ist vielfach unbekannt, dass die Beendigung der Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten auch bereits erfolgte – womöglich unerkannte – Schenkungen für steuerliche Zwecke nachträglich „beseitigen“ kann.

Beispiel: Apothekerin Baltes hat ihrem Mann im Jahr 2010 durch Einrichtung eines Oder-Kontos3) „unwissend“ 200.000€ zugewendet. Die Betriebsprüfung deckt den Sachverhalt auf, beurteilt den Fall als Schenkung und setzt aufgrund weiterer Vorschenkungen aus früheren Jahren Schenkungsteuer fest. Heben die Eheleute nun die Zugewinngemeinschaft auf und rechnen die „Schenkung“ von 200.000€ auf die Ausgleichsforderung (z.B. 300.000€) an, erlischt die Steuer für die Schenkung (Einrichtung Oder-Konto) rückwirkend (vgl. §29 Absatz 1 Nr. 3 Erb­schaftsteuer­gesetz).

Praktische Probleme

Ein vorzeitiger Zugewinnausgleich setzt im Idealfall voraus, dass die Zugewinnausgleichsforderung mit ausreichend hohen liquiden Mitteln bedient werden kann. Diese dürften in der Praxis nicht immer vorhanden sein. Übertragen die Eheleute Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder steuerverhaftete Wirtschaftsgüter des Privatvermögens zur Erfüllung der Ausgleichsforderung, kann dies zu einer Einkommensteuerbe­lastung aufgrund von Entnah­me- bzw. Veräußerungsvorgängen führen4).

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2013; 38(20):18-18