Prof. Dr. Reinhard Herzog
Strategische Terminplanung
Mehr denn je lohnt es sich daher, mit der finanzierenden Bank bzw. Sparkasse Kontakt zu halten. Insbesondere bei geplanten neuen Investitionen, die mit einer Finanzierung verbunden sind, sollte man frühzeitig das Gespräch mit dem dafür zuständigen (!) Kreditsachbearbeiter bzw. Filialleiter suchen und die Pläne offenlegen. Hierzu ist zunächst ein Termin zu vereinbaren, der ausreichend Zeit und Muße für ein ausführliches Gespräch bietet. Besser als z.B. der späte Nachmittag – an dem der Bankangestellte schon in Feierabendstimmung gerät – ist meist der frühere Vormittag; Termine am Freitag, an typischen Brückentagen oder an Tagen mit hoher Arbeitsbelastung in der Bank – z.B. zum Monatsultimo oder rund um den Weltspartag – sollte man meiden.
Wichtig ist auch ein angemessenes Auftreten. Die Bank ist einerseits Kooperationspartner, andererseits aber auch „Gegner“, der einem möglichst viele Zugeständnisse abringen will. Entsprechend sollte man dem Bankangestellten weder mit übertriebener Arroganz noch mit Unterwürfigkeit gegenübertreten, sondern sich als erfahrener Geschäftsmann präsentieren, der seine Ziele und die Wege dorthin genau kennt.
Unverzichtbar ist es in diesem Zusammenhang, sich bereits vorab mit den Bankgepflogenheiten auseinanderzusetzen. Grundkenntnisse über die wichtigsten Darlehensarten, über die Verzinsung und die Tilgung sollte man sich – sofern nicht ohnehin vorhanden – z.B. aus dem Internet oder einschlägiger Fachliteratur aneignen. In jedem Fall vorteilhaft ist es, der Bank seine Pläne konkret und präzise erläutern zu können. Hierzu zählen Angaben zur geplanten Investition, zu den eingesetzten Eigenmitteln, zum Fremdmittelbedarf und – vor allem – zu den daraus resultierenden Vorteilen wie etwa einem entsprechenden Umsatz- und Ertragswachstum.
Im Gespräch ist zu bedenken, dass jede Zwischenfrage des Bankangestellten von Bedeutung sein kann. Denn seine Aufgabe ist es letztlich nicht allein, die Pläne und die Finanzierbarkeit zu überprüfen, sondern auch Ihre Vertrauenswürdigkeit zu kontrollieren. Und dazu können selbst offensichtliche Belanglosigkeiten – etwa Fragen nach der Arbeitsbelastung oder der Branchenentwicklung – dienen. Klagt ein Darlehenskunde beispielsweise über den „beruflichen Stress“ oder weist er auf bestehende schwerwiegende Erkrankungen hin, kann allein dies bereits Grund für eine Absage sein.
Mit Informationen punkten
In jedem Fall wird der Bankmitarbeiter nicht nur das neue Finanzierungsvorhaben analysieren, sondern auch die Gesamtstruktur des Unternehmens unter die Lupe nehmen. Auf Fragen nach Umsatz- und Ertragsentwicklung, nach dem Personalbestand und – dies kann von entscheidender Bedeutung sein – den weiteren Perspektiven sollte man daher detailliert vorbereitet sein. Zu bedenken ist dabei, dass rückläufige Werte stets als Warnsignal angesehen werden. Kann man jedoch einen gesunkenen Ertrag konkret, z.B. durch eine Baustelle vor der Apotheke, erklären und kann man dann noch auf günstige künftige Perspektiven verweisen, hat man bereits wesentlich bessere Karten.
Durchaus gefasst machen muss man sich heute auch auf Fragen nach der weiteren Entwicklung der Branche: Wenn der Bankberater seine Medikamente stets bei einem ausländischen Versender bestellt, sieht er möglicherweise keine langfristigen Perspektiven für einen Vertrieb vor Ort und – eng damit verbunden – auch die Kreditvergabe. Hier gilt es, die ganz individuellen Stärken herauszustellen und den Berater davon zu überzeugen, dass das eigene Konzept den langfristigen Fortbestand der Apotheke sichert. Wer indes auf Fragen nach dem Wettbewerb mit dem Versandhandel nur mit einem Schulterzucken oder einem „Es wird schon irgendwie weitergehen“ antworten kann, hat bei der Kreditverhandlung bereits verloren.
Sicherheiten maßvoll einsetzen
Gerade hinsichtlich der verschärften gesetzlichen Bestimmungen interessieren sich Bankangestellte besonders auch für die Sicherstellung ausgegebener Darlehen. Grundregel hier jedoch: nur so viel wie unbedingt erforderlich. Ein Darlehen über 100.000€ muss nicht mit einer Grundschuld über diesen Betrag und gleichzeitiger Forderungsabtretung abgesichert werden, für einen Kleinkredit für ein neues Firmenfahrzeug ist – bei ansonsten intakter Geschäftsbeziehung – keine Absicherung durch eine zusätzliche Lebensversicherung erforderlich. Vermeiden sollte man darüber hinaus nach Möglichkeit, „private“ Sicherheiten wie etwa die persönliche Altersvorsorge in Form einer Rentenversicherung einzubringen.
Eine Absicherung in realistischer Höhe bietet darüber hinaus den Vorteil, dass im Fall eines weiteren Kreditbedarfs immer noch ein ausreichender Spielraum besteht. Denn einer Tatsache sollte man sich stets bewusst sein: Kredit erhält am leichtesten, wer ihn eigentlich nicht braucht – z.B. weil er über ausreichend andere Vermögenswerte verfügt. Nicht umsonst heißt es in einer spöttischen Umschreibung, die Kreditwirtschaft „verteilt Regenschirme bei Sonnenschein, die sie bei den ersten Gewitterwolken wieder einsammelt“.
Auch wenn derzeit ein Trend zu beobachten ist, dass Banken und Sparkassen insbesondere dem Mittelstand die Finanzierungen massiv kürzen und Darlehensanfragen daher zunehmend grundsätzlich ablehnen, sollte man eine eventuelle kritische Meinung des Bankangestellten zumindest bei den Überlegungen berücksichtigen. Denn Tatsache ist, dass viele Unternehmer den Erfolg geplanter Investitionen – aus psychologischen Gründen durchaus verständlich – überschätzen. Hingegen kann ein neutraler Beobachter wie etwa ein Bankangestellter oder auch ein Steuerberater die Situation oft wesentlich realistischer betrachten und einschätzen. Möglicherweise ist es ja durchaus vorteilhaft, geplante Neuanschaffungen zunächst zurückzustellen oder das Investitionsvolumen zu begrenzen.
Ein bedeutsamer Punkt sind schließlich die Konditionen, speziell in Hinblick auf Zins und Tilgung. Überteuert wäre ein Firmendarlehen, wenn z.B. die Zinssätze einer Privatkundenfinanzierung von mehr als 10% zugrunde gelegt würden. Realistisch sind vielmehr Zinssätze, die – abhängig wiederum von den gestellten Sicherheiten – zwischen den Realkreditkonditionen (zurzeit rund 3,0%) und dem durchschnittlichen Kontokorrentzinssatz (zurzeit rund 10,0%) angesiedelt sind.
Die Tilgung sollte im Vergleich zum Investitionsobjekt angemessen sein: Kurzfristige Finanzierungslücken, z.B. für den Wareneinkauf, sollten mit kurzfristigen Mitteln geschlossen werden, langfristige Investitionen durch langfristige Darlehen finanziert werden.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(10):15-15