Helmut Lehr
Bundesfinanzhof erteilt Verwaltungsauffassung Absage
Zugunsten der Steuerzahler hat der Bundesfinanzhof3) nun erfreulicherweise klargestellt, dass nachträgliche Schuldzinsen unabhängig vom Veräußerungszeitpunkt steuerlich abziehbar sind! Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs entfällt ein einmal begründeter wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht allein deshalb, weil ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Objekt veräußert wird. Dies gilt allerdings nur, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
Hinweis: Ab sofort darf die Finanzverwaltung den Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht mehr mit der Begründung verweigern, das Objekt wäre außerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist (z.B. im Jahr 12 nach Anschaffung) und damit nicht steuerbar veräußert worden.
Refinanzierung/Umschuldung
Der Bundesfinanzhof hat ergänzend bestätigt, dass auch die auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlten Zinsen durch die frühere Einkünfteerzielung (Vermietung) veranlasst und somit weiterhin abzugsfähig sein können. Dies gilt, soweit der Betrag des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegt.
Verwendung des Veräußerungserlöses entscheidend
Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss im Falle der Veräußerung einer (vormals vermieteten) Immobilie für den nachträglichen Schuldzinsenabzug stets geprüft werden, was mit dem Veräußerungserlös konkret geschieht:
- Schafft der Steuerpflichtige damit ein neues zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt an, besteht der wirtschaftliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem ursprünglichen Darlehen und den Vermietungseinkünften in Höhe des verwendeten Erlöses am neuen Objekt fort – entsprechende Schuldzinsen sind weiter abzugsfähig.
- Erwirbt der Steuerpflichtige kein neues Objekt und auch keine andere Einkunftsquelle, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen. Reicht der Erlös aus, endet der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung – ein weiterer Schuldzinsenabzug ist nicht mehr möglich. Reicht der Erlös nicht aus, ist grundsätzlich ein nachträglicher Schuldzinsenabzug (ggf. anteilig) möglich.
Nachträgliche Schuldzinsen bei „Liebhaberei“
In bestimmten Fällen kann sich nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein weiteres Hindernis beim nachträglichen Schuldzinsenabzug ergeben. Es kann nämlich sein, dass ein Steuerpflichtiger bereits eine gewisse Zeit vor der Objektveräußerung nicht mehr die Absicht hatte, das Objekt zur Erzielung von Einkünften zu nutzen. Im Steuerrecht bezeichnet man das allgemein als Liebhaberei. Wird eine solche (innere) Tatsache von der Finanzverwaltung anhand objektiver (äußerer) Kriterien festgestellt, kommt ein Abzug der Schuldzinsen auch nach Objektveräußerung nicht mehr in Betracht.
In der Praxis kann sich diese Problematik ergeben, wenn beispielsweise ein Objekt seit einigen Jahren leer steht und sich der „Vermieter“ in dieser Zeit parallel zur Vermietung nachdrücklich auch um einen Verkauf bemüht. Die Finanzämter unterstellen dann womöglich, dass die Vermietungsabsicht bereits lange vor dem späteren Verkauf entfallen ist und deshalb Schuldzinsen auch nach der Veräußerung nicht mehr abzugsfähig sind.
Hinweis: Ergänzend hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die zum Werbungskostenabzug berechtigende Einkünfteerzielungsabsicht nur dann in Bezug auf das gesamte Grundstück zu prüfen ist, wenn auch die Vermietung einheitlich ausgerichtet ist. Werden hingegen auf einem Grundstück verschiedene Gebäude(-teile) einzeln vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht jeweils nur auf das entsprechende Objekt. Daher kann es in Extremfällen sein, dass für einzelne Wohnungen/Objekte ein Werbungskostenabzug entfällt, während er für andere Wohnungen/Objekte auf demselben Grundstück weiter möglich ist.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(12):18-18