Erbschaften

Schnelles Handeln bei Geldsegen


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Die Zahlen sind beeindruckend: 2,6 Billionen€ werden in den kommenden zehn Jahren in Deutschland vererbt, die Durchschnittssumme liegt bei 150.000€ je Todesfall. Gerade bei größeren Vermögen kann schnelles Handeln erforderlich sein, um Verluste zu vermeiden.

Geldanlage als Herausforderung­

Ein solches „Expertendepot“ kann zwar durchaus interessant sein und einem erfahrenen Börsianer Freude bereiten. Für einen Börsenlaien, der die Titel nicht einschätzen kann, ist ein derartiger Bestand jedoch ein Desaster: Er kann nicht beurteilen, welche Papiere chancenreich sind und welche nahezu wertlos. Erschwert werden Entscheidungen zudem durch den emotionalen Stress, der mit jedem Todesfall verbunden ist.

Sofern keine nennenswerten Bör­senerfahrungen vorhanden sind, ist bei einem eher spekulativen Depot in den meisten Fällen ein schnelles Handeln – sprich: der Verkauf – die einzig sinnvolle Lösung. Nur so lassen sich plötzlich eintretende Schieflagen vermeiden und Risiken begrenzen. Einziges Problem bei einem allzu schnellen Verkauf: Mögliche Chancen lässt sich der Anleger damit entgehen. Sinnvoll kann es daher sein, das Depot von einem erfahrenen Experten, etwa aus dem Freundeskreis, unter die Lupe nehmen zu lassen, um so zumindest solche Papiere auszufiltern, die ein angemessenes Chance/Risiko-Verhältnis aufwei­sen und damit weiterhin gehalten werden können. Auf die Unterstützung der Bank sollte man allerdings nur im Einzelfall setzen, denn gerade mit hochspe­kulativen Papieren sind die meisten Banker – die lediglich den geschickten Verkauf von Fondsprodukten gelernt haben – überfordert.

Einfacher ist es, wenn der Erblasser eher konservativ investiert hat. Hier kann die Geldanlage in der Regel so lange beibehalten werden, bis die Aufteilung komplett abgewickelt ist und die Erben entscheiden müssen, wie sie das Geld weiterhin anlegen. Oft ist es sinnvoll, wenn die einzelnen Depotwerte – etwa Fondsanteile – direkt übernommen werden: Der gezahlte Aus­gabe­auf­schlag ist ohnehin ver­loren und der Erbe kann selbst entscheiden, ob er die Anlage behalten oder verkaufen möchte.

Eingliederung in das eigene Vermögen

Wenn das Geld bzw. die Depotwerte übertragen sind, muss die weitere Strategie geplant werden. Relativ einfach ist dies, wenn das Erbe maximal in der Größenordnung der bereits vorhandenen Investments liegt. Dann wird es in die eigenen Geldanlagen eingegliedert, wobei im Gesamtdepot weiterhin auf eine breite Streuung zu achten ist. Aber auch bei umfassenderen Ver­mögen stellt die Übernahme keine große Hürde dar, sofern ausreichend Kenntnisse der Kapitalmärkte vorhanden sind, um eine sinnvolle Anlage sicherzustellen.

Übersteigt das Erbe jedoch das eigene Vermögen deutlich und halten sich – wie bei den meisten Bundesbürgern – die Erfahrungen hinsichtlich der Finanzmärkte in Grenzen, gilt es zu entscheiden: Investiert man selbst oder wählt man einen professionellen Ex­per­ten, der sich um die Anlage kümmert?

Die Eigenanlage ist kostengünstig, allerdings geht man das Risiko von Fehlentscheidungen ein. Zudem ist sie sehr zeitaufwendig und erfordert, sich in die Materie einzuarbeiten. Dann kann man mit einer soliden Mischung aus festverzinslichen Wertpapieren und z.B. Indexfonds einen durchaus guten Ertrag erwirtschaften. Meiden sollte man allerdings alle riskanten Formen der Geldanlage, die man selbst nicht überblickt. Dies gilt besonders für sämtliche nicht bank- bzw. börsengehandelte Produkte und alternative Investments, z.B. Beteiligungen an Windkraftanlagen: So lobenswert solche Investments auch sein mögen und so attraktiv die Chancen dargestellt werden – für einen Laien sind sie als Geldanlage absolut ungeeignet. Denn mehr als die Hälfte dieser Produkte entwickeln sich erfahrungsgemäß zum Flop, was den Totalverlust des eingesetzten Kapitals zur Folge hat.

Professioneller Verwalter

Mangelt es an Zeit und/oder Know-how, ist der Weg zu einem professionellen Anbieter häufig die beste Lösung. Banken und Sparkassen sowie freie Vermittler bieten hier unterschiedliche Formen an: Für kleinere und mittlere Beträge werden meist Fondskonzepte offeriert, d.h., der Anleger entscheidet sich lediglich in Hinblick auf die Quote der einzelnen Bausteine. Festgelegt wird also, wie viel Prozent des Gesamtbetrags in festverzinsliche Wertpapiere, Aktien, Devisen usw. fließen dürfen. Der Anbieter investiert dann analog zur vereinbarten Quote in passende Fonds, z.B. Renten- und Aktienfonds. Umschichtungen werden bei veränderten Kapitalmarktverhältnissen zentral für alle gleichermaßen geführten De­potmodelle vorgenommen. Ein Wechsel der Strategie durch den Anleger ist dabei jederzeit möglich.

In einer erweiterten Variante, der Vermögensverwaltung auf Fondsbasis, wird das Depot in­dividuell für den Kunden geführt, das Geld aber weiterhin in Investmentfonds angelegt. Umschichtungen erfolgen zentral durch den Verwalter, dem meist eine breite Palette unterschied­licher Fonds zur Verfügung steht.

Ab einer Größenordnung von 100.000€ bis 500.000€ ist schließlich auch eine individuelle Vermögensverwaltung mög­lich. Hier werden zunächst gewisse Rahmenvorgaben vertraglich ver­einbart, etwa in Hinblick auf die Risikobereitschaft des Kunden. Der Verwalter investiert das Geld dann unmittelbar in alle zur festgelegten Struktur passenden Finanzinstrumente, also z.B. direkt in Anleihen oder Aktien oder auch indirekt in chancenreiche Fonds.

Bei der klassischen Vermögensverwaltung wird hierfür eine Gebühr in einer Größenordnung von 0,8% bis 1,8% pro Jahr berechnet, manchmal ist auch eine Erfolgsbeteiligung vorgesehen. Anfallende Kosten werden dem angelegten Kapital belastet. Die Gefahr dabei jedoch: Der Verwalter investiert vorrangig in Produkte, die ihm selbst den besten Ertrag bringen, z.B. in hauseigene Investmentfonds. Sogar Fälle, in denen das Kapital „konser­vativ“ in Form von Festgeldern im eigenen Haus angelegt wird und damit nicht einmal die Verwaltungsgebühren erwirtschaftet werden, kommen immer wieder vor.

Überlegenswert sind daher Alternativen in Form einer Honorarberatung, wie sie etwa von CortalConsors oder der quirin bank angeboten wird. Hierfür fällt meist eine feste Basis-gebühr in einer Größenordnung von 1,0% bis 1,8% an, besondere Leistungen wie etwa die Analyse eines bestehenden Depots werden separat nach Stundensätzen abgerechnet. Der Vorteil jedoch: Alle von der Bank erzielten Erträge – etwa Rückerstattungen von Ausgabeaufschlägen und Bestandsprovisionen für Fonds – werden dem Kunden gutgeschrieben. Damit kann der Verwalter ohne Rücksicht auf eigene Provisionsinteressen in alle Finanzmarktprodukte investieren und so letztlich flexibler handeln.

Vermögensverwaltungen werden allerdings nicht nur von Banken und Sparkassen, sondern auch von zahlreichen freien Anbietern offeriert. Viele davon haben sich einen guten Ruf gemacht und gelten damit als erfahrene Experten. Allerdings tummeln sich auch etliche schwarze Schafe in der Branche, die mit dem Angebot einer Vermögensverwaltung das „schnelle Geld“ machen wollen oder direkt betrügerisch agieren. Es lohnt sich also eine sorgfältige Prüfung, wobei Publikationen wie etwa der jährlich erscheinende „Elite Report“ (www.elitereport.de) wertvolle Hilfestellung bieten können.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(13):15-15