Prof. Dr. Reinhard Herzog
Limitierte Stückzahlen, hochwertige Materialien und nicht zuletzt ein edles, nummeriertes Zertifikat – dies sind die wichtigsten Verkaufsargumente, mit denen immer wieder für Sammelteller, Gold-Briefmarken, Modellauto-Editionen, Gedenkmedaillen und vergleichbare Produkte geworben wird. Solche Sammelstücke sind zweifellos interessant, erinnern sie doch vielfach an besondere weltpolitische Ereignisse wie etwa den Mauerfall, die Einführung des Euro oder – ganz aktuell – die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Auch die künstlerische Gestaltung ist meist recht formschön und ansprechend.
Fehlender Zweitmarkt
Das Problem liegt jedoch an anderer Stelle: Die mit Hinweisen auf die niedrigen, „streng limitierten“ Auflagen suggerierten Wertsteigerungen bleiben praktisch in allen Fällen aus. Der Grund: Absetzen lassen sich derartige Editionen nur mit entsprechenden Werbebemühungen aus erster Hand, einen Zweitmarkt gibt es allein schon aufgrund der Vielzahl „sammelbarer“ Objekte nur bei wenigen Produkten. Wenn jedoch keine Interessenten da sind, lässt sich kein einziges dieser Sammelstücke wieder verkaufen – ob es davon nun 10, 100 oder 10.000 Exemplare gibt.
Vergleichbares gilt in vielen anderen Bereichen: So unterscheiden etwa Numismatiker fein säuberlich zwischen den amtlich ausgegebenen Münzen, deren Wert zumindest während der Kursgültigkeit durch den eingeprägten Nominalbetrag garantiert ist, und den Medaillen, die von privater Seite ausgegeben werden. Bei Münzen gibt es kaum Diskussionen um die Werthaltigkeit: Einerseits gewährleistet der eingeprägte Nominalwert einen gewissen Basispreis, andererseits sind die Auflagen – sofern es sich um Editionen eines renommierten Landes handelt – weitgehend bekannt. Auch für alte, nicht mehr kursgültige Münzen gibt es nach wie vor einen breiten Markt; die Preise sind in entsprechenden Sammlerkatalogen dokumentiert.
Wertlose Medaillen
Anders bei den meisten Medaillen, die zwar durchaus sammelwürdig sind, als Wertanlage jedoch – von sehr wenigen Ausnahmen wie etwa den Schweizer Schützenmedaillen abgesehen – kaum geeignet erscheinen. Hier gibt es praktisch keine Markttransparenz, die Auflagen werden im günstigsten Fall vom Hersteller garantiert, meist jedoch unter Verschluss gehalten. Auch Kataloge sucht man überwiegend vergebens. Die Folge: Selbst optisch oder thematisch interessante Medaillen lassen sich nicht zu einem angemessenen Preis wieder verkaufen – ob sie nun aus Gold, Silber oder einem weniger hochwertigem Material gefertigt sind. Letztlich zählt meist allein der Schmelzwert.
Besonders krass wird das Missverhältnis bei Produkten aus der Philatelie, die auch gerne an belebten Einkaufsstraßen angeboten werden: Tatsache ist, dass die Preise der „Wertpapiere des kleinen Mannes“ früher immer wieder für spektakuläre Schlagzeilen in den Medien sorgten. Heute sieht dies anders aus: Der Gilde der Briefmarkensammler fehlt der Nachwuchs, allenfalls erstklassige, seltene Ware lässt sich zu angemessenen Preisen veräußern – die freilich auch weit unter den Notierungen der einschlägigen Kataloge liegen.
Andererseits wird jedoch gerade jetzt eine Vielzahl von Pseudo-Sammelobjekten angeboten, die kaum noch in Zusammenhang mit der „echten“ Philatelie stehen. Dabei handelt es sich etwa um Künstler-Ersttagsbriefe mit aufgeprägtem Autogramm, aber auch um Erinnerungsstücke zu wichtigen und unwichtigen Anlässen. Daneben werden Motiv-Kollektionen offeriert, etwa mit allen zu einer Olympiade oder Fußballweltmeisterschaft angebotenen Briefmarken – selbstverständlich unter dem Hinweis auf die Bedeutung des Ereignisses und die daraus möglicherweise resultierenden Wertsteigerungen.
Eine solche Kollektion kann durchaus das Herz der Fans höher schlagen lassen, erscheinen die Marken aus fernen Landen doch recht attraktiv. Auch hier fehlt jedoch – entgegen der vielfach geäußerten Meinung der Anbieter – ein funktionierender Zweitmarkt, sodass ein Wiederverkauf letztlich schwierig bis unmöglich ist. Mancher Sammler, der sich etwa „Olympiade 1972“ komplett für umgerechnet rund 4.000€ gekauft hatte, wäre froh, heute einige hundert Euro für seine damalige Investition zu bekommen. Als Wertanlage sind mithin – dies gilt für nahezu alle künstlich gepuschten niedrigpreisigen Sammelprodukte – nur solche Objekte interessant, die auch im Verkaufsfall ihre Interessenten finden.
Fachkenntnisse zählen
Ganz anders ist die Lage bei zahlreichen hochwertigen Sammelstücken, die schon seit Jahrzehnten ihren Markt haben. Die Palette ist hier weit gefächert und reicht von Gemälden alter und neuer Meister über antike Möbel, Teppiche und Porzellan bis hin zur modernen Kunst oder – in jüngster Zeit – Fotografien bekannter Künstler. Hier gilt vieles nicht nur als begehrtes und leicht verkäufliches Sammelobjekt, auch bei den Preisen sind oftmals interessante Steigerungen feststellbar, die deutlich über den Zuwachsraten klassischer Geldanlagen angesiedelt sind. Zu beachten ist allerdings, das beim Kauf und Verkauf über den Fachhandel bzw. Auktionshäuser erst einmal die Handelsspanne bzw. die Auktionsgebühr – diese Beträge summieren sich schnell auf 30% bis 50% – durch Wertsteigerungen erwirtschaftet werden muss, bevor die Anlage in die Gewinnzone kommt.
Ohnehin ist es nicht sinnvoll, sich in der Hoffnung auf gute Erträge weitgehend ohne Erfahrung einem Sammelgebiet zu widmen. Denn ganz gleich, um welche Produkte es sich handelt, so gelten doch stets fachspezifische Besonderheiten. So gilt es, die Marktlage zu erkunden, denn Phantasiepreise werden auch bei klassischen Sammelgebieten wie etwa hochwertigem Meißner Porzellan immer wieder verlangt – und manchmal sogar bezahlt. Daneben sollte jeder Sammler wissen, was wirklich selten ist: Bei nahezu jedem Sammelgebiet gibt es tatsächlich interessante, selten angebotene Ware, aber auch eine Vielzahl von weniger sammelwürdigen, weil häufig offerierten Stücken. Und schließlich spielt beim Werterhalt auch die Qualität eine entscheidende Rolle. Wer etwa als Sammler alter Teppiche die verwendete Materialien und Farben nicht voneinander unterscheiden kann oder die Bedeutung der Knoten nicht kennt, wird zumindest unter finanziellen Gesichtspunkten wenig Freude mit seiner Kollektion haben.
Dabei stellt sich auch stets die Frage nach möglichen Einkaufsquellen. Hier gilt: Je komplizierter ein Sammelgebiet, umso mehr Vertrauen muss der Sammler dem Verkäufer entgegenbringen. Während beispielsweise die Qualität einer Porzellanfigur – abgesehen von möglichen Fälschungen – mit etwas Sachkenntnis auch von einem geschulten Einsteiger erkannt werden kann, bringt der Kauf eines Ölgemäldes von unbekannter Adresse manche Risiken mit sich. Gut beraten sind daher insbesondere Anfänger, wenn sie sich zunächst über den Fachhandel und renommierte Auktionshäuser engagieren – selbst wenn damit möglicherweise höhere Preise verbunden sind.
Wer indes Erfahrungen hat, kann oftmals auch bei anderen Sammlern oder aber Marktplätzen wie dem Internet-Auktionshaus eBay fündig werden, manchmal winken auch heute noch Schnäppchen auf den Flohmärkten. Vor allem dann, wenn der Verkäufer sein Produkt zur falschen Zeit anbietet oder nicht genau kennt oder einordnen kann, lassen sich vielfach interessante Preise erzielen. Typischer Fehler vieler Verkäufer von Ölgemälden ist etwa die Fehlinterpretation einer Signatur: Schon ein falsch abgelesener Buchstabe im Namen des Künstlers kann aus einem eigentlich wertvollen Stück ein preiswertes No-Name-Produkt machen – jedoch auch umgekehrt.
Dennoch sollte im Vordergrund jeder Sammlerbemühung stets das Interesse am Produkt, an seiner Seltenheit, an der historischen Bedeutung oder schlichtweg seinem Dekorationswert stehen. Wenn dann auch noch günstig eingekauft werden kann und sich Wertsteigerungen erzielen lassen, ist dies ein angenehmer Nebeneffekt, jedoch sollte dies niemals zum Hauptzweck erhoben werden. Die Freude am Objekt ist bei fast allen Sammelstücken weitaus wichtiger als die Wertsteigerung – und dann ist eine Sammlung wirklich etwas „wert“.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(17):14-14