Steuer-Spartipp

Betriebsvermögen: Aktien und andere Wertpapiere


Helmut Lehr

Der Gedanke klingt verlockend: verlustreiche Wertpapiere dem steuerlichen Betriebsvermögen zuweisen und die Verluste voll mit den übrigen (betrieblichen) Einkünften verrechnen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn Wertpapiere sind bei Gewerbetreibenden und Selbstständigen in der Regel (zumindest) kein notwendiges Betriebsvermögen.

Sie können allerdings zum sogenannten gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn sie objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie als Kreditgrundlage oder Liquiditätsreserve geeignet sind oder z.B. höhere Erträge bringen1) (könnten). Außerdem muss die Widmung von „Geldanlagen“ als gewillkürtes Betriebsvermögen eindeutig dokumentiert und in der Buchführung entsprechend zeitnah ausgewiesen werden.

Hinweis: Die Finanzverwaltung erkennt eine Zuordnung von Wertpapieren zum (gewillkürten) Betriebsvermögen nicht an, wenn bereits bei Erwerb bzw. Einlage in das Betriebsvermögen erkennbar ist, dass sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen. Deshalb ist es auch nicht möglich, die Papiere erst nachträglich, nämlich bei sich abzeichnenden Verlusten, dem Betriebsvermögen zuzuweisen.

Teilwertabschreibungen möglich

Wurden Wertpapiere erfolgreich dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet, sollen sie regelmäßig dauerhaft dem Betrieb dienen. Ihr steuerlicher (Buch-)Wert ist dann an jedem Bilanzstichtag neu zu überprüfen. Ist der Teilwert aufgrund einer „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ niedriger, kann dieser angesetzt werden. Dieser niedrigere Ansatz kann durch eine steuerwirksame Teilwertabschreibung erreicht werden.

Hinweis: Das Bundesfinanzministerium hat die Rahmenbedingungen für steuerliche Teilwertabschreibungen kürzlich neu gefasst und amtlich veröffentlicht2). Nachfolgende Beispiele orientieren sich deshalb an der aktuellen Verwaltungsauffassung.

Beispiel: Apotheker Hennemann hat festverzinsliche Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von vier Jahren, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb der Apotheke zu dienen (Verstärkung des Kapitals), zum Wert von 102% des Nennwerts erworben. Die Papiere werden bei Fälligkeit zu 100% des Nennwerts eingelöst. Aufgrund einer nachhaltigen Änderung des Zinsniveaus unterschreitet der Börsenkurs den Einlösebetrag auf Dauer und beträgt zum Bilanzstichtag nur noch 98%.

Eine Teilwertabschreibung ist nur auf 100% des Nennwerts zulässig, weil die Papiere bei Fälligkeit zum Nennwert eingelöst werden. Der niedrigere Börsenkurs am Bilanzstichtag ist für den Steuerpflichtigen auch nach neuerer Rechtsprechung3) nicht „von Dauer“ und berechtigt daher nicht zu einer weitergehenden Teilwertabschreibung unter den Nennwert.

Börsennotierte Aktien

Bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursverlust eine Bagatellgrenze (5% der Notierung bei Erwerb) überschreitet. Bei einer vorangegangenen Teilwertabschreibung ist für die Bestimmung der Bagatellgrenze der Bilanzansatz am vorangegangenen Bilanzstichtag maßgeblich.

Hinweis: In früheren Verwaltungsanweisungen galten deutlich höhere Bagatellgrenzen, sodass die Voraussetzungen für eine steuerwirksame Teilwertabschreibung nun etwas erleichtert wurden.

Beispiel: Apothekerin Lessing hat Aktien der börsennotierten X-AG zum Preis von 100€/Stück erworben und ihrem Betriebsvermögen als langfristige Kapitalanlage zugeordnet. Der Kurs der Aktien schwankt nach der Anschaffung zwischen 70€ und 100€. Am Bilanzstichtag beträgt er 90€.

Frau Lessing kann eine Teilwertabschreibung auf 90€ vornehmen, da der Kursverlust am Bilanzstichtag im Vergleich zum Erwerb mehr als 5% beträgt.

Abwandlung: Der Börsenkurs beträgt am Bilanzstichtag 98€ und am Tag der Bilanzaufstellung 80€.

Frau Lessing darf keine Teilwertabschreibung vornehmen, da der Kursverlust am Bilanzstichtag im Vergleich zum Erwerb nicht mehr als 5% beträgt. Die Erkenntnisse zwischen Bilanzstichtag und Aufstellung der Bilanz (weiterer Kursverlust!) bleiben bei der Feststellung einer voraussichtlichen dauernden Wertminderung außer Betracht.

Teileinkünfteverfahren beachten

Eine gezielte Zuordnung von Aktien zum gewillkürten Betriebsvermögen könnte sich auch anbieten, um etwaige Nachteile der Abgeltungssteuer zu vermeiden. Schließlich gelten dann lediglich 60% der Erträge als Betriebseinnahmen (Teileinkünfteverfahren) und es könnten immerhin auch 60% der damit zusammenhängenden Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden, während im Privatbereich bislang ein vollständiges Werbungskostenabzugsverbot besteht4).

Darüber hinaus mindern etwaige Verluste den Gewinn (zu 60%), während sie im Privatbereich nur mit Aktiengewinnen verrechenbar wären.

1) Vgl. Hinweis 4.2. Absatz 1 Amtliche Einkommensteuer-Hinweise 2013.

2) Vgl. Schreiben vom 16. Juli 2014, Aktenzeichen IV C 6 – S 2171-b/ 09/10002.

3) Vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. Juni 2011, Aktenzeichen I R 98/10.

4) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 17 vom 1. September 2014, Seite 17.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(19):18-18