Prof. Dr. Reinhard Herzog
Sterben kann teuer werden: Schon eine einfache Beerdigung kostet heute mindestens 3.000€, eine standesgemäße Bestattung schlägt schnell mit 5.000€ bis 8.000€ zu Buche und wenn sich die Angehörigen für die „Luxusvariante“ entscheiden, können – einschließlich Grabkosten – selbst fünfstellige Summen nicht zu hoch gegriffen sein. Auf staatliche Hilfen darf man dabei nicht hoffen: Das gesetzliche Sterbegeld – bis 1989 waren es immerhin rund 2.100€, zuletzt indes nur noch maximal 525€ – ist bereits vor zehn Jahren den Einsparungsmaßnahmen im Gesundheitswesen zum Opfer gefallen. Allenfalls einzelne private Krankenversicherungen sehen – tarifabhängig – gewisse Leistungen vor.
Grund genug für einige Versicherungsgesellschaften, unter Hinweis auf die gestrichenen oder nicht versicherten Leistungen ihre Sterbegeldversicherungen jetzt wieder zu bewerben. Zugute kommen ihnen dabei die zumindest auf den ersten Blick niedrigen Kosten: Jüngere Menschen zahlen monatlich zwischen 5€ und 15€, auch für ältere Versicherte kostet eine Police über die übliche Versicherungssumme von 5.000€ selten mehr als 40€. Weitere Werbeargumente sind die Beitragsfreistellung ab dem 80. oder 85. Lebensjahr und – vor allem – die Aufnahme ohne jegliche Gesundheitsprüfung.
Doch der auf den ersten Blick interessant erscheinende Abschluss hält einem genaueren Nachrechnen selten stand. Der Grund: Bei einer Sterbegeldversicherung handelt es sich um nichts anderes als um eine schlichte Kapitallebensversicherung mit einigen Sonderbedingungen. Dies beginnt beim Versicherungsschutz: Um zu vermeiden, dass sich Schwerkranke kurzfristig noch versichern und die Angehörigen die Leistungen frühzeitig in Anspruch nehmen können, werden in den ersten 12 bis 36 Monaten nach Vertragsabschluss im Todesfall meist nur die bis dahin gezahlten Beiträge zurückerstattet (Ausnahme: Unfalltod).
Gezahlte Beiträge übersteigen oft die Versicherungssumme
Aber auch die Höhe der Beiträge relativiert sich schnell: Eine stets monatlich abgerechnete Prämie von z.B. 15€ summiert sich in einem Jahr auf immerhin 180€. Wenn dafür jedoch für einen 55- Jährigen eine Versicherungssumme von nur 2.700€ geboten wird, lässt sich errechnen, dass bereits nach 15 Jahren die Versicherungssumme allein mit den Prämien aufgebracht wurde – von einer angemessenen Verzinsung ganz zu schweigen. Und damit erscheint auch die Begrenzung der Beitragszahldauer auf das 80. oder 85. Lebensjahr in einem anderen Licht: Die Sterbegeldtarife sind regelmäßig so kalkuliert, dass der Versicherte mit Erreichen seiner statistischen Lebenserwartung schon 100% bis 120% der Versicherungssumme an Beiträgen aufgewendet hat, bei einem 5.000-€- Vertrag also bis zu 6.000€.
Kritischen Stimmen begegnen die Versicherungsgesellschaften mit dem Argument, dass schließlich neben der Versicherungssumme auch die Überschussbeteiligung zur Auszahlung kommt. Tatsache ist hier allerdings, dass die Policen mit ihren Kleinstbeiträgen und hohen Risiken oftmals keine oder allenfalls eine sehr geringe Überschussbeteiligung abwerfen. Versicherte können also kaum damit rechnen, dass im Todesfall eine wesentliche Zusatzleistung erbracht wird – wie auch die meisten der derzeit fälligen Policen belegen.
Dies zeigt: Eine Sterbegeldversicherung lohnt sich nur selten. Sinnvoller ist es hingegen in den meisten Fällen, eigene Vorsorge zu betreiben – etwa in Form einer ohnehin bereits vorhandenen Lebensversicherung oder über einen schlichten Ansparplan, der zwar keine Todesfallabsicherung vorsieht, dafür aber eine wesentlich höhere Rendite erwarten lässt. Ganz verzichtbar erscheint die Vorsorge im Übrigen, wenn ohnehin ausreichend Vermögen vorhanden ist, um die Begräbniskosten zu finanzieren.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2014; 39(19):16-16