Jasmin Theuringer
Im Gegensatz zu Gehaltserhöhungen, die oft nur kurzfristig wirken, beeinflussen variable Vergütungsbestandteile meist nachhaltig die Mitarbeitermotivation.
Weihnachtsgeld
Das Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung, deren Gewährung allein vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängt. Mit dem Weihnachtsgeld wird der individuelle Erfolg des Einzelnen oder der Erfolg der Apotheke nicht honoriert.
In der Praxis werden die Arbeitnehmer dagegen häufig am Misserfolg der Apotheke beteiligt. War das Wirtschaftsjahr schlecht, stellt sich schnell die Frage, ob das Weihnachtsgeld der Mitarbeiter ganz oder anteilig gestrichen werden kann. Völlig unabhängig davon, wie der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld im Einzelfall geregelt ist und ob rechtlich eine Kürzungsmöglichkeit besteht – die Arbeitnehmer kalkulieren mit der jährlichen Sonderzahlung. Eine Streichung oder Kürzung trifft sie oft hart und wirkt sich entsprechend demotivierend aus. Mittelfristig gedacht ist die Kürzung des Weihnachtsgeldes daher kontraproduktiv. Mit unzufriedenen Mitarbeitern im Handverkauf wird sich keine Apotheke gegen den wachsenden Konkurrenzdruck behaupten.
Der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) sieht eine jährliche Sonderzahlung vor. Ist der BRTV jedoch auf die Apotheke gar nicht anwendbar, etwa weil der Apothekenleiter nicht Mitglied im ADA bzw. der TGL ist, kann anstelle eines jährlich gleichbleibenden Weihnachtsgeldes eine leistungs- und erfolgsabhängige Vergütung gezahlt werden. Aber auch wenn ein fester Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung besteht, ist die zusätzliche Vereinbarung eines variablen Vergütungsbestandteils zur Motivation der Mitarbeiter sinnvoll.
Einmalig gezahlte Prämien
Der Arbeitgeber kann jederzeit, so z.B. in besonders guten Wirtschaftsjahren oder bei herausragendem Einsatz Einzelner, ohne vorherige Ankündigung eine Prämie zahlen. Vorteil solcher Prämien, die ohne arbeitsvertragliche Zusage einmalig gezahlt werden, ist die fehlende Rechtsbindung für die Zukunft. Eine einmalig gezahlte freiwillige Prämie muss in den Folgejahren nicht wiederholt werden. Nachteilig ist jedoch, dass aufgrund der fehlenden vorherigen Zusage keine Motivationswirkung bei den Mitarbeitern entsteht. Die Zahlung wird dankend entgegengenommen, mangels Aussicht auf Wiederholung ist aber ein besonderes Engagement der Arbeitnehmer in der Zukunft nicht unbedingt zu erwarten.
Tantiemen
Eine Tantieme ist ein variabler Bestandteil der Vergütung, dessen Höhe vom Erfolg der Apotheke abhängt. Grundlage für die Zahlung ist eine vorherige vertragliche Zusage, die den angestrebten Erfolg definiert. Das kann z.B. das Erreichen eines bestimmten Rohertrags sein oder die Steigerung des Gewinns im Vergleich zum Vorjahr um einen vorher festgelegten Prozentsatz. Wird das Ziel erreicht, erhalten die Mitarbeiter eine Tantieme.
Provisionen
Provisionen sind Zahlungen, die vom Erfolg eines einzelnen Mitarbeiters abhängen. Typischerweise wird ein Prozentsatz des Gewinns, der mit dem Verkauf vorher definierter Produkte erzielt wird, an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Im Unterscheid zu einer Tantieme ist hier also der individuelle Erfolg des Einzelnen Grundlage für die Sonderzahlung. In Apotheken mit angeschlossenem Kosmetikstudio bietet sich eine solche Regelung zur Förderung des Absatzes von Kosmetikprodukten an.
Zielvereinbarungen
Bei einer Zielvereinbarung werden betriebliche mit persönlichen Zielen, sog. weichen Zielen, kombiniert. Weiche Ziele sind z.B. Freundlichkeit, Teamfähigkeit, Beratungskompetenz oder erreichte Kundenzufriedenheit. Je nach Grad der Zielerreichung werden Prämien ausgezahlt. Durch Zielvereinbarungen werden die individuellen Leistungen des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigt, was zu mehr Gerechtigkeit und auch zu einer gesteigerten Motivation jedes einzelnen führt. Ein nicht zu unterschätzender Nachteil der Vereinbarung weicher Ziele ist jedoch deren fehlende Messbarkeit. Diskussionen mit den Arbeitnehmern am Jahresende sind so vorprogrammiert.
Teamprämien
Ein Unterfall der mit jedem Mitarbeiter individuell ausgehandelten Prämie ist die Teamprämie. Hier wird ein fester Betrag ausgelobt für den Fall, dass die angestrebten Ziele erreicht werden. Die Verteilung dieses Betrags auf die einzelnen Mitarbeiter hängt dann von deren jeweiliger persönlicher Mitwirkung an der Zielerreichung ab. Durch das Ausloben einer Teamprämie können auch die schwächeren Mitarbeiter vom Team mitgezogen und motiviert werden. Umgekehrt kann sich ein Druck innerhalb des Teams auf Einzelne entwickeln, was dazu führt, dass bei Nichterreichen des Ziels ein „Low Performer“ als vermeintlicher Verursacher definiert wird. Das Betriebsklima kann also durchaus leiden. Hinzu kommen gefühlte Ungerechtigkeiten bei der Verteilung des Gesamtbetrags auf die einzelnen Mitarbeiter.
Vertragliche Ausgestaltung
Bei der Formulierung der Zusage einer variablen Vergütung ist darauf zu achten, dass die Ziele unmissverständlich definiert werden. Jede Unklarheit bei der vertraglichen Ausgestaltung führt zu Streitigkeiten. Notwendig ist, dass anhand der gewählten Formulierung die individuelle Vergütung konkret errechnet werden kann. Auch muss es sich um solche Ziele handeln, die tatsächlich erreichbar sind. Andernfalls macht sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer 100% der Vergütung zusteht, die er im Fall des Erreichens der Ziele hätte beanspruchen können (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008, 10 AZR 89/07).
Ist der Gewinn oder der Rohertrag der Apotheke Grundlage für die variablen Vergütung, so sollte im eigenen Interesse vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer in Zweifelsfällen keinen Anspruch auf Einsicht in die Bücher hat, sondern auf eigene Kosten einen Steuerberater mit der Überprüfung der vom Arbeitgeber mitgeteilten Zahlen beauftragen darf. Dabei sollte der Steuerberater hinsichtlich der absoluten Zahlen einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
Gleichbehandlungsgrundsatz
Auch bei der Zusage einer variablen Vergütung hat der Arbeitgeber den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Demnach dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Das bedeutet nicht, dass die variable Vergütung für jeden Mitarbeiter gleich hoch ausfallen muss, schließlich soll ja gerade der individuelle Einsatz honoriert werden. Es sollte aber jeder Mitarbeiter die gleichen Chancen haben.
Wichtig ist, dass nicht ohne Grund einzelne Mitarbeiter ausgenommen werden. Das gilt in besonderem Maße für Teilzeitbeschäftigte. Auch ihnen muss die Vergütung mindestens in dem Umfang gewährt werden, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Andere Regelungen würden gegen das in §4 Teilzeit- und Befristungsgesetz enthaltene Diskriminierungsverbot verstoßen.
Einfache Regelungen bevorzugen!
In der Praxis bewährt haben sich vor allem solche Modelle, die klar und einfach formuliert sind. So weiß der Arbeitnehmer, was von ihm verlangt wird, und dem Arbeitgeber geht das Festlegen der individuellen variablen Vergütung am Ende des Jahres leicht von der Hand. Einfach und nachvollziehbar formulierte Tantiemen sind daher ein guter Weg, Arbeitnehmer am Erfolg der Apotheke zu beteiligen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(05):11-11