Prof. Dr. Reinhard Herzog
„Flüssig sein“ beschreibt schon umgangssprachlich, worauf es im Privat- und Geschäftsleben ankommt: Stets genügend Geld zu haben, um nicht in Zahlungsprobleme (oder gar Insolvenz) zu geraten. So gilt immer noch: „Betriebe sterben oft nicht an mangelnder Rentabilität, sondern an mangelnder Liquidität.“
Viele Liquiditätsprobleme lassen sich durch vorausschauende Planung vermeiden – allerdings nicht alle. „Katastrophenszenarien“ können selbst den solidesten Betrieb überfordern. Der Kluge wird sich gegen solche Katastrophen und existenzbedrohenden Risiken durch Versicherungen und ein Risikocontrolling wappnen. Beispiele wären schwere Unfälle, Brand, Vandalismus, massive Gebäudeschäden und Naturereignisse, eigene Krankheit und Berufsunfähigkeit oder Haftpflichtfälle – diese können jede Liquiditätsplanung sprengen. Somit ist der erste Schritt auf dem Wege, Liquiditätsprobleme zu vermeiden, die existenziellen Risiken möglichst weitgehend vom Tisch zu nehmen und abzusichern. Das ist für seltene Ereignisse oft günstig machbar.
Dann schweift der Blick in den Betrieb – aber auch auf die private Situation. Als alleinhaftender Apotheker lassen sich Betrieb und Privatbereich nicht so ohne Weiteres (bzw. nur mit „Verrenkungen“) trennen.
Die klassische Betriebswirtschaft unterscheidet mehrere Liquiditätsgrade: den ersten, zweiten und dritten Grad. Zudem wird sinnvollerweise die Zeitachse (kurz- und langfristige Liquidität) betrachtet. Uns interessiert hier vor allem die kurze Sicht – drohen Engpässe?
Klassische Kennzahlen
- Auf der schnell verfügbaren Habenseite stehen flüssige Mittel (Kontoguthaben, Bar- bzw. Kassenbestände, Schecks, Wechsel) sowie kurzfristige Forderungen (vor allem gegenüber Kunden, Rezeptabrechnung) und weiterhin die Warenvorräte.
- Dagegen stehen die kurzfristigen Verbindlichkeiten wie offene Lieferantenrechnungen, Kontokorrentkredite, erhaltene Anzahlungen, Wechselverbindlichkeiten u.a., aber eben keine langfristigen Bankschulden.
Der Habenseite werden nun die kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Je nachdem, ob man der Habenseite nur die flüssigen Mittel zuschlägt oder zusätzlich die kurzfristigen Forderungen und zu guter Letzt noch die Vorräte, resultiert die Liquidität ersten, zweiten oder dritten Grades. Während das Verhältnis von liquiden Mitteln zu kurzfristigen Verbindlichkeiten nach „reiner Lehre“ zwischen 5% und 10% liegen sollte (nicht zu niedrig, nicht zu hoch, da sonst zu viel Geld unrentabel „geparkt“ ist), sollte sich die Liquidität zweiten und erst recht dritten Grades deutlich über 100% bewegen.
Soweit die graue Theorie. In der Praxis bewährt sich Folgendes:
- Behalten Sie die Zahlungsströme im Auge! Stellen Sie eine Planung auf Monatsbasis auf: Welche Gelder gehen ein, welche hinaus? Bilden Sie die jeweiligen Monatssalden. Machen Sie sich das Leben leichter, indem Sie Kleinposten sinnvoll pauschalieren – es kommt hier nicht auf 50€ an.
- Achten Sie auf die feststehenden Ausgaben für Steuervorauszahlungen, 13. Gehalt usw.
- Planen Sie einen Puffer für Unvorhergesehenes im täglichen Betrieb ein, je nach Betriebsgröße.
- Schauen Sie auf die Monate mit den größten Ausgaben: Klemmt es hier oder ist die finanzielle Beweglichkeit gesichert? Gegebenenfalls muss dann mehr finanzieller Puffer geschaffen werden.
- Sind die Salden kontinuierlich im Minus (was sich in sinkenden Kontoständen oder höheren Verbindlichkeiten zeigt) und kumuliert dieses Minus, gilt es rasch zu handeln!
Damit sollten Sie – ungeachtet der klassischen Liquiditätskennzahlen – gut über die Runden kommen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(07):8-8