Versicherungen

Schwachpunkt grobe Fahrlässigkeit


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Mit einer Wohngebäude- und einer Hausratversicherung sehen viele Bundesbürger ihren Besitz ausreichend abgesichert. Wenn dem Versicherten im Schadensfall jedoch „grobe Fahrlässigkeit“ zugerechnet werden kann, bietet die Versicherung allenfalls eingeschränkte Deckung.

Bis zum Jahr 1994 war sie in vielen Bundesländern Pflicht: Die Feuerversicherung, mit der jeder Hausherr sein Eigentum gegen Brand absichern musste und von deren Bestehen jede Immobilienfinanzierung abhängig gemacht wurde. Auch wenn dieser Versicherungsschutz längst nicht mehr obligatorisch ist, sollte auf ihn nicht verzichtet werden. Zu schnell kann ein Feuer entstehen, zu hoch sind die damit verbundenen Kosten.

Das Problem liegt jedoch – wie so oft – auch hier im „Kleingedruckten“. Die Versicherungen unterscheiden sehr genau nach der Ursache des Schadens: Bei „leichter Fahrlässigkeit“ wird uneingeschränkt gehaftet, bei „grober Fahrlässigkeit“ sind Diskussionen programmiert. Zwar dürfen die Versicherer die Leistungen seit 2008 nur noch bei besonders schwerer grober Fahrlässigkeit komplett verweigern, Kürzungen zwischen 30% und 80% sind jedoch mittlerweile üblich.

In den vergangenen Jahren hatten die Gerichte bereits über eine Vielzahl derartiger Fälle zu entscheiden. Denn dem Laien können die Feinheiten der rechtlichen Definition kaum vertraut sein, wie das Beispiel der Zigarette verdeutlicht: Wird abends im Bett geraucht und schläft der Hausbesitzer ein, hat er im Fall eines Brandes grob fahrlässig gehandelt und die Versicherung kann die Leistung einschränken oder verweigern. Wer jedoch morgens nach dem Aufwachen im Bett raucht, begeht im Fall eines Brandes lediglich leichte Fahrlässigkeit, sodass die Versicherung den Schaden komplett ersetzen muss.

In besonders typischen – und häufigen – Schadensfällen wird aber generell grobe Fahrlässigkeit angenommen, z.B. bei einem Feuer durch eine unbeaufsichtigte Kerze. Nur wenn der Versicherungsnehmer gute Gründe nennen kann, warum er z.B. eine Pfanne mit heißem Fett unbeaufsichtigt ließ, kann er mit einer zumindest gewissen Milde rechnen. Wer etwa seinem beim Spielen verletzten Kind helfen musste, kann sich im Brandfall auf ein „Augenblicksversagen“ berufen und im Regelfall die volle Leistung beanspruchen.

Hausrat ebenso betroffen

Die Problematik der groben Fahrlässigkeit gilt im Übrigen nicht nur in der Gebäudeversicherung, sondern gleichermaßen auch in der Hausratversicherung. Wer z.B. eine laufende Waschmaschine im Keller unbeaufsichtigt lässt, um zum Einkaufen zu gehen, kann im Fall eines Wasserschadens bestenfalls mit reduzierten Leistungen aus der Hausratversicherung rechnen. Auch bei Einbruchschäden kann ein während der Abwesenheit gekipptes Fenster oder eine lediglich zugezogene, aber nicht versperrte Haustür zu Problemen mit der Versicherung führen.

Allerdings wächst die Zahl der Versicherungsunternehmen, die auf die Fahrlässigkeitsklausel entweder ganz verzichten oder den Haftungsausschluss gegen Zusatzbeitrag anbieten. Gerade bei einer Police wie der Wohngebäudeversicherung – in der es schließlich um die finanzielle Existenz gehen kann – sollte diese Möglichkeit in jedem Fall genutzt werden. Aber auch bei der Hausratversicherung ist dies, selbst wenn die Schäden kaum existenzbedrohlich werden, durchaus sinnvoll. Im Übrigen müssen damit nicht einmal Mehrkosten verbunden sein. Wer aus einem teuren Versicherungsvertrag aussteigt, kann bei einem günstigen Anbieter trotz entsprechender Haftungsübernahme durchaus noch Geld sparen.

Wichtig jedoch: Sollte die Bank bei der Finanzierung der Immobilie eine „Sicherungsbestätigung“ oder „Realrechtsbestätigung“ von einer Versicherung verlangt haben, ist – auch bei bereits getilgten Darlehen – eine Zustimmung der Bank erforderlich. Diese wird aber im Regelfall problemlos erteilt, sofern weiterhin ein mindestens gleichwertiger Versicherungsschutz besteht.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(07):16-16