Helmut Lehr
Im Bereich der Vermietung und Verpachtung ist die kostengünstige Überlassung von Wohnraum an nahe Angehörige ein probates Mittel, um Steuern zu sparen. Schließlich ist der volle Werbungskostenabzug für das Mietobjekt möglich, sofern die tatsächlich gezahlte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt1). Wird die 66%-Grenze nicht erreicht, ist das Mietverhältnis für steuerliche Zwecke in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, was faktisch zu einer Kürzung des Werbungskostenabzugs führt.
Hinweis: Bis einschließlich 2011 lag die Grenze bei 56 %. Betrug der Mietzins aber weniger als 75 % der ortsüblichen Miete, prüfte die Finanzverwaltung in der Vergangenheit, ob auf Dauer gesehen überhaupt ein Überschuss erzielbar ist (sog. Totalüberschussprognose). Seit 2012 müssen sich Steuerpflichtige nur noch an der 66%-Grenze orientieren.
Grundsätzliche Voraussetzungen für die Anerkennung
Ein (verbilligtes) Mietverhältnis unter nahen Angehörigen wird generell nur dann steuerlich anerkannt, wenn der Mietvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen wurde und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird. Vertragsinhalt und Durchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Fremdvergleich) – die Höhe der vereinbarten Miete ist dabei natürlich ausgenommen!
Maßgebliche Miete
Um die 66%-Grenze annähernd genau bestimmen zu können, muss die ortsübliche Miete (Vergleichsmiete) bekannt sein. Für die Ermittlung der Vergleichsmiete ist von der ortsüblichen Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung auszugehen. Die ortsübliche Marktmiete umfasst die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten2).
Beispiel: Apothekerin Cordel vermietet eine zuvor fremdvermietete Wohnung ab Januar 2015 an ihre Tochter. Das Mietverhältnis ist zivilrechtlich wirksam und wird auch wie vereinbart durchgeführt. Die Wohnung war zuvor für 500€ zuzüglich 150€ Umlagen vermietet. Die Tochter übernimmt sämtliche Umlagen und zahlt darüber hinaus eine Miete in Höhe von 285€.
Die tatsächlich gezahlte Warmmiete (285 € zuzüglich 150 € = 435 €) beträgt rund 66,9 % der ortsüblichen Warmmiete (500 € zuzüglich 150 € = 650 €) und führt deshalb zur steuerlichen Anerkennung des Mietverhältnisses. Das bedeutet: Frau Cordel kann die entstandenen Ausgaben für das Objekt (Werbungskosten) in voller Höhe absetzen.
Hinweis: Bei einem Vergleich der (nicht maßgeblichen) Kaltmieten zueinander zahlt die Tochter lediglich 57 %.
Fehlende Vergleichsmiete
Wurde die Wohnung zuvor nicht fremdvermietet, fehlt häufig eine entsprechende Vergleichsmiete. In diesen Fällen ist die ortsübliche Miete grundsätzlich anhand der örtlichen Mietspiegel zu ermitteln. Enthält der Mietspiegel Rahmenwerte, ist jeder der Mietwerte als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen der Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist. Seitens der Finanzverwaltung bestehen auch keine Bedenken, wenn sich der Vermieter am unteren Rahmenwert orientiert3).
Existiert kein Mietspiegel, müssen sich Steuerpflichtige anderweitig behelfen, beispielsweise durch gründliche Recherchen in „Immobilienportalen“ wie etwa www.immobilienscout24.de. Zur Dokumentation sollten die gefundenen Werte natürlich möglichst schriftlich archiviert werden. Denkbar sind auch qualifizierteBestätigungen eines Maklers.
Hinweis: Die hessischen Finanzämter greifen beispielsweise bei der (regelmäßig nachträglich stattfindenden) Prüfung der ortsüblichen Miete und fehlenden Mietspiegeln auf sog. Mietwertkalkulatoren (Mika) der hessischen Ämter für Bodenmanagement und Geoinformation zurück, die diese für ihre Regionen zur Verfügung stellen4).
Umlagen mitunter entscheidend
Wie das obige Beispiel zeigt, kommt den Umlagen bei der Prüfung der 66%-Grenze in vielen Fällen entscheidende Bedeutung zu. Zu den umlagefähigen Kosten gehören nach §2 Betriebskostenverordnung insbesondere die Grundsteuer, die Kosten für Wasserversorgung, Entwässerung, Heizung, Straßenreinigung und Müllbeseitigung, Beleuchtung, Gartenpflege, Schornsteinreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung und für den Hauswart. Kosten für Instandsetzung und Instandhaltung gehören nach §1 Betriebskostenverordnung nicht dazu.
Auch wenn die Umlagen nicht „eins zu eins“ weiterbelastet werden, prüfen die Finanzämter ggf. die Höhe der Umlagen und fordern entsprechende Unterlagen an. Sind keine getrennten Zähler vorhanden, spricht nichts dagegen, die Umlagen anhand der tatsächlichen Kosten und einer Aufteilung dieser nach der Anzahl der Bewohner bzw. nach Flächen sachgerecht zu schätzen.
Hinweis: Generell gilt nach wie vor die Empfehlung, dass die 66%-Grenze in der Praxis nicht allzu genau ausgelotet werden sollte, da die Ermittlung der ortsüblichen Warmmiete natürlich immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden ist. Es hat sich bewährt, eine möglichst exakt ermittelte Vergleichsmiete zusätzlich mit einem 5%-igen oder 10%-igen Sicherheitszuschlag zu belegen und erst danach als Grundlage für die tatsächlich vereinbarte Miete heranzuziehen.
1) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 21 vom 1. November 2011, Seite 11 bis 13.
2) Vgl. Richtlinie 21.3 Einkommensteuer-Richtlinien 2012.
3) Vgl. bereits AWA-Ausgabe Nr. 22 vom 15. November 2011, Seite 18 und 19.
4) Vgl. Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main, Verfügung vom 22. Januar 2015, Aktenzeichen S 2253 A – 85 – St 227.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(07):18-18