Finanzielle Vorsorge

Gemeinsame Sicherheit für Ehepaare


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Geht es um die Absicherung der finanziellen Zukunft, herrscht vielfach Verunsicherung. Gerade Paare sollten sich jedoch frühzeitig Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen sich aus unterschiedlichen Lebenssituationen ergeben können.

Schule, Studium und Berufsausbildung sind abgeschlossen, der Aufstieg auf der Karriereleiter bzw. die Selbstständigkeit können beginnen. Auch privat tut sich einiges: Immobilienkauf, Hochzeit, Nachwuchs – drei Eckpfeiler, die das Leben grundlegend verändern. Das Thema „Vorsorge“ wird dabei jedoch gerne gemieden, denn welcher 25- oder 30-Jährige möchte sich jetzt schon mit seinem Rentenalter befassen.

Allerdings beginnt die Vorsorge längst nicht erst in Hinblick auf das Rentenalter. Bereits nach der Hochzeit sollten sich Ehepaare Gedanken über das „Was wäre, wenn...?“ machen. Zwei Fragen stehen dabei im Vordergrund: Was geschieht im Fall einer Scheidung? Und welche finanziellen Konsequenzen ergeben sich, wenn einer der Lebenspartner stirbt?

Gerade das Thema „Scheidung“ ist heute aktueller denn je: Rund 37% aller in Deutschland neu geschlossenen Ehen enden innerhalb der ersten 25 Jahre durch die Trennung vor Gericht – finanzielle Probleme sind damit nicht selten vorprogrammiert. Die Möglichkeiten der Vorsorge erstrecken sich insbesondere auf die frühzeitige Aufteilung freier Vermögensteile. Es ist – allen möglichen Ausgleichsansprüchen zum Trotz – durchaus sinnvoll, wenn z.B. die Altersvorsorge nicht allein auf den Hauptverdiener abgestimmt wird. Vielmehr sollte auch der andere Ehepartner eigene Ansprüche aufbauen, z.B. in Form entsprechender Lebens- bzw. Rentenversicherungen.

Auch die Geldanlage sollte so gestaltet werden, dass sie sich für den „Fall der Fälle“ vernünftig aufteilen lässt. Wird das gesamte Vermögen allein langfristig in Immobilien, Versicherungen und Steuersparanlagen investiert, droht bei einer Scheidung die Zwangsverwertung. Die dabei erzielbaren Erlöse entsprechen jedoch – gerade heutzutage – selten dem realen Wert der Anlage.

Die Immobilie wird schnell zum Sorgenkind

Besser ist es daher, wenn das Kapital nach Möglichkeit so gestreut wird, dass bei der Aufteilung keine Nachteile entstehen. Eine Gratwanderung ist dabei jedoch oft unvermeidbar, denn schließlich bindet die selbst genutzte Immobilie gerade bei jungen Familien einen erheblichen Teil des eigenen Vermögens. Daher sollte zusätzliches Ansparpotenzial in liquide Geldanlagen investiert werden, z.B. in festverzinsliche Wertpapiere oder Fonds. Denn hier lässt sich im Zweifel eine Aufteilung sinnvoller gestalten. Im Übrigen ist es stets eine Überlegung wert, ob mit einem Ehevertrag spätere Ungerechtigkeiten im Fall einer Scheidung frühzeitig vermieden werden können.

Für den Fall des Todes eines Ehepartners lässt sich hingegen vergleichsweise leicht vorsorgen. Risikolebensversicherungen sind – vor allem in jungen Jahren – schon für wenig Geld zu haben und erlauben einen soliden Schutz. In diesem Zusammenhang bieten sich auch kombinierte Varianten an, z.B. Ehepartner-Policen, bei denen beide Ehepartner gleichermaßen oder aber im Verhältnis zu ihrem eigenen Einkommen abgesichert werden. Bei einer bestehenden Immobilienfinanzierung kann auch eine „Risikolebensversicherung mit fallender Versicherungssumme“ eine interessante Lösung darstellen: Hier sinkt die Absicherung mit fortschreitender Tilgung, sodass die Kosten auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

Beim Abschluss einer Risikopolice gilt die Grundregel „Die billigste ist die beste“. Denn während bei anderen Versicherungsarten wie etwa der Kfz-Versicherung auch der Service des Vermittlers vor Ort einen sicherlich bedeutenden Vorteil darstellt, gibt es bei einer Lebensversicherung keinen Diskussionsbedarf: Im Schadensfall – sprich beim Tod des Versicherten – kommt der Vertrag zur Auszahlung, die Fristen sind konkret festgelegt, Kulanz gibt es nicht.

Soll neben der reinen Absicherung auch gespart werden, kommen die Vermittler gern auf die Kapitallebensversicherung zu sprechen. Doch dies ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits stellt die relativ schwere Kündigungsmöglichkeit ein Argument dafür dar, die Police nicht gleich bei der ersten finanziellen Notlage wieder zu kündigen. Andererseits sind bei einer Auflösung z.B. im Rahmen einer Scheidung auch erhebliche Verluste zu akzeptieren. Nicht zuletzt sind die Renditen derzeit so niedrig, dass die Kombination z.B. aus einer Risikolebensversicherung und einem Investmentfonds-Ansparplan meist die bessere Lösung darstellen wird.

Vollmachten erleichtern die Verfügung

Bei allen Formen der Geldanlage sollte man Sorge tragen, dass die Verfügung im Fall des Todes eines Ehepartners weitgehend problemlos möglich ist. Dies kann durch entsprechende Vollmachten geschehen, aber auch durch die Ausgestaltung des Kontos/Depots als „Oder“-Konto/Depot. Hier haben beide Ehepartner dieselben Rechte und Pflichten – und dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn einer von beiden stirbt. Wissen sollte man dabei aber, dass die einfache Verfügung jederzeit bis auf Widerruf möglich ist. Nach einem heftigen Streit könnte also jeder Ehepartner das Geld auf ein eigenes privates Konto umbuchen.

Alternativ bietet es sich im Fall getrennter Vermögen an, zumindest eine „Vollmacht auf den Todesfall“ bei der Bank zu hinterlegen, damit der überlebende Ehepartner in seinem finanziellen Spielraum nicht übermäßig eingeschränkt wird.

Mit zunehmendem finanziellen Wohlstand stellt sich auch zwangsläufig die Frage nach der Altersvorsorge. Hauptbestandteil ist dabei das Versorgungswerk der Apotheker, das solide Leistungen sicherstellt. Weitere Bestandteile können ggf. beim Ehepartner die gesetzliche Rentenversicherung, eventuell in Verbindung mit einer betrieblichen Altersversorgung, Direktversicherung oder ähnlichen Produkten sein. Auskünfte über die aktuellen bzw. zu erwartenden Leistungen erteilen die jeweiligen Versicherungsträger. Allerdings sollten die Zahlen kritisch gelesen werden. Eine prognostizierte Rente von z.B. 3.000€ pro Monat erscheint zwar auf den ersten Blick als „ganz ordentlich“. Je länger jedoch die Wartezeit bis zum Beginn dieser Rente ist, umso mehr zehrt die Geldentwertung an der Kaufkraft dieser Leistung. Zwar sehen die meisten Vorsorgeeinrichtungen entsprechende Ausgleichsfaktoren vor, die jedoch möglicherweise nicht genügen, um den tatsächlichen Kaufkraftverlust auszugleichen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Renten in den kommenden Jahren zunehmend steuerpflichtig werden. Der Steueranteil bemisst sich künftig nicht mehr nach dem Lebensalter bei Renteneintritt, sondern ausschließlich nach dem Jahr des Renteneintritts. So wurden alle Bestandsrenten und die im Jahr 2005 neu gewährten Renten zunächst zu 50% besteuert. Der steuerpflichtige Rentenanteil steigt in 2%-Schritten auf 80% im Jahr 2020 und in Schritten von 1% ab dem Jahr 2021 bis 100% im Jahr 2040 an. Die daraus resultierende Steuerbelastung kann die Rentenansprüche spürbar mindern.

Bei Ehepaaren ist ein weiteres Problem zu beachten: Die Hinterbliebenenrente liegt deutlich unter der „selbst verdienten Rente“ – und diese Leistungen werden in den kommenden Jahren nochmals reduziert. Im ungünstigsten Fall muss beim frühzeitigen Tod die Witwe bzw. der Witwer damit rechnen, erheblich weniger Geld zu erhalten als zunächst geplant. Für einen angemessenen Lebensstandard oder gar die Tilgung noch bestehender Darlehen reicht dies jedoch selten aus.

Chancenorientierung contra Sicherheit

Mit fortschreitendem Lebensalter sollte also auch hier ausreichend Vorsorge getroffen werden. Neben staatlich geförderten Möglichkeiten wie etwa der Riester- bzw. Rürup-Rente – die sich nur im Einzelfall eignen – bietet sich insbesondere die eigene Geldanlage an. Dabei gilt: Je länger der Zeitraum bis zum voraussichtlichen Renteneintritt, umso chancenorientierter kann das Investment gestaltet werden. Denn schließlich ist es eine alte Regel, dass sich an der Börse Hausse und Baisse jeweils ablösen. Wer also Aktien oder Aktienfonds in regelmäßigem Turnus, aber unter langfristigen Gesichtspunkten erwirbt, findet immer einen Zeitpunkt, um die Gewinne mitzunehmen und das Ersparte zu sichern. Mit fortgeschrittenem Lebensalter kann dann eine Umschichtung in risikoarme Produkte erfolgen, etwa in Anleihen und Rentenfonds.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(08):14-14