Prof. Dr. Reinhard Herzog
Wer in den vergangenen Jahren auf Anleihen setzte, kann zufrieden sein: Dank des kontinuierlichen Zinsrückgangs sind die Kurse umlaufender Papiere deutlich gestiegen. Das Problem: Die Kurse der meisten Anleihen notieren heute weit über der 100%-Marke. Zurückgezahlt werden sie jedoch nur zum Nennwert, sodass Verluste in den kommenden Jahren vorprogrammiert sind – allerdings ausgeglichen durch die noch vergleichsweise hohen Zinszahlungen.
Bedeutender ist das Risiko steigender Kapitalmarktzinsen: Die (Buch-)Gewinne der vergangenen drei Jahre schmelzen wie Schnee in der Sonne, wenn die Renditen zulegen. Niemand kann heute zwar sagen, wann die Notenbanken ihre Zinszügel wieder anziehen werden, dennoch ist davon auszugehen, dass die Sohle des Zinstals mittlerweile erreicht ist.
Durchaus überlegenswert ist daher, die hohen Kursgewinne der Vergangenheit durch Verkäufe zu sichern und sich gleichzeitig vor steigenden Kapitalmarktzinsen zu schützen. Hierzu bieten sich insbesondere variabel verzinste Anleihen an. Bei diesen „Floating Rate Notes“ – kurz: „Floater“ – wird der Nominalzins in regelmäßigem, meist viertel- oder halbjährlichem Turnus an die aktuelle Kapitalmarktentwicklung angepasst. Steigen die Zinsen, klettert also auch der Coupon der Papiere. Die angenehme Folge: Die Anleihen sind stets marktgerecht verzinst, sodass der Kurs nicht mehr nachgeben muss. Die meisten Floater notieren daher heute im Bereich ihres Nennwerts von 100%, Schwankungen halten sich in engen Grenzen.
Euribor als Maßstab
Messlatte für die meisten Floater ist der Drei-Monats-Euribor, also der Zinssatz, der für Geldanlagen mit drei Monaten Laufzeit zwischen Banken gezahlt wird. Aktuell liegt er bei rund 0,02% – mit steigender Tendenz. Zu diesem Zinssatz kommt bei den Floatern ein Aufschlag, der sich u.a. an der Bonität des Emittenten bei Ausgabe des Papiers bemisst. Hier reicht die Palette von Aufschlägen zwischen 0,1 und 0,3%-Punkten für erstklassige Emittenten bis hin zu mehr als 2,0%-Punkten für Unternehmen aus der zweiten oder dritten (Bonitäts-)Reihe.
Noch höhere Zuschläge werden für „nachrangige Anleihen“ bezahlt. Bei diesen meist von Kreditinstituten ausgegebenen Papieren wird der Gläubiger im Insolvenzfall „nachrangig“ befriedigt, d.h. er geht oft leer aus. Gegen nachrangige Papiere bestehen bei bonitätsstarken Anbietern – z.B. der Münchener Rück – keine Bedenken. Sollte es jedoch zu einer sehr großen (versicherten) Naturkatastrophe kommen und das Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, werden daran ggf. auch die Anleger beteiligt. Der „Lohn“ des Risikos ist ein erheblicher Mehrzins von einigen Prozentpunkten.
Der Markt der Floater ist breit gefächert: Aktuell werden mehr als 10.000 Papiere von über 300 Emittenten gehandelt. Das Problem liegt jedoch in den Details. Neben den „klassischen“ Floatern, bei denen die Zinsen regelmäßig angepasst werden und sonst keine Besonderheiten zu beachten sind, gibt es Papiere mit Emittenten-Kündigungsrecht, manche sehen bonitätsabhängige Zinsanpassungen vor und wieder andere sind – wie das Papier der Münchener Rück – als nachrangige Anleihen konzipiert. Vor dem Kauf sollten sich Anleger also sehr genau informieren, wobei ein auffälligerMehrzins bereits ein Signal für „Sonderbedingungen“ darstellt.
Darüber hinaus sollte ein Blick auf die Mindest-Stückelung geworfen werden: Viele Floater sind erst in Einheiten ab 50.000€ oder sogar 100.000€ handelbar, sodass der Einstieg für Kleinanleger ausscheidet. Wichtig ist schließlich – insbesondere bei Nachrang-Titeln – auch die Wahl gut handelbarer Papiere, damit ein jederzeitiger Verkauf im Krisenfall zu fairen Kursen möglich ist.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(08):13-13