Helmut Lehr
Für Mietobjekte in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen können die Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des §177 Baugesetzbuch (BauGB) nach erhöhten Abschreibungssätzen steuerlich geltend gemacht werden (vgl. §7h Einkommensteuergesetz). In den ersten 8 Jahren können je 9 % der Kosten abgesetzt werden, in den folgenden vier Jahren nochmals je 7 %. Wer ein solches Objekt zu eigenen Wohnzwecken nutzt, kann die Kosten zehn Jahre lang in Höhe von 9 % als Sonderausgaben geltend machen.
Liegen die Voraussetzungen des §177 BauGB nicht vor, können Aufwendungen ggf. dennoch begünstigt sein, wenn das Objekt wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll (z.B. Umbau einer alten Fabrik oder einer nicht mehr genutzten Kaserne in Wohnungen).
Hinweis: Die erhöhten Abschreibungen kann auch der Erwerber einer bereits sanierten Immobilie in Anspruch nehmen, wenn der Kaufvertrag vor Beginn der Baumaßnahme abgeschlossen wurde.
Die Steuervergünstigung kann nur gewährt werden, wenn die zuständige Gemeinde bescheinigt, dass die Voraussetzungen des §7h Einkommensteuergesetz für das Gebäude und die jeweiligen Aufwendungen vorliegen. Die Bescheinigung gilt – steuertechnisch ausgedrückt – als Grundlagenbescheid, sodass die Finanzämter grundsätzlich daran gebunden sind und nicht nochmals eigenständig die Begünstigungsvoraussetzungen prüfen sollen. Lediglich wenn offensichtlich ist, dass die Bescheinigung für an sich nicht begünstigte Maßnahmen erteilt wurde, besteht ein sog. Remonstrationsrecht. Das bedeutet, das Finanzamt könnte die Gemeindebehörde zu einer Überprüfung veranlassen und sie bitten, die Bescheinigung zurückzunehmen – folgen muss die Gemeinde dem allerdings nicht!
Zweifelhafte Praxis der Finanzbehörden
In vielen Bundesländern haben die Finanzämter die erhöhten Abschreibungen nicht gewährt, obwohl eine Bescheinigung der Gemeinde vorlag. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Finanzverwaltung eigenständig prüfe, ob durch diejeweilige Baumaßnahme ein Neubau entstanden ist, der grundsätzlich nicht von der Begünstigung erfasst wird. Den Finanzbehörden stößt es auf, dass die Gemeindebehörden auch Baumaßnahmen zum Ausbau eines Dachgeschosses „bescheinigen“ und Fälle, in denen das vorhandene Gebäude praktisch abgerissen wird.
Die Finanzämter gehen teils sogar noch weiter und vertreten die Auffassung, ein „schädlicher Neubau“ liege bereits dann vor, wenn – rein steuertechnisch betrachtet – durch die Baumaßnahme ein neues bzw. anderes Wirtschaftsgut entstanden ist (z.B. bei Nutzungsänderung). Daher wurde die erhöhte Abschreibung zum Teil auch in Fällen nicht gewährt, in denen Gewerberäume zu Wohnungen umgebaut wurden.
Nur die Gemeinde entscheidet!
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass allein die Gemeinde zu prüfen hat, ob es sich um begünstigte Baumaßnahmen im Sinne des §177 BauGB handelt1). Aufgrund der Vorgaben/Wertungen des BauGB sei zu entscheiden, wie die Begriffe „Modernisierung“ und „Instandsetzung“ zu werten sind und ob darunter auch ein Neubau im bautechnischen Sinne fällt. Deshalb kann auch die Entstehung eines neuen Wirtschaftsguts im Sinne des Steuerrechts nicht schädlich sein, sofern die Gemeinde die Aufwendungen positiv bescheinigt hat.
Hinweis: Das bedeutet, dass die Finanzämter die erhöhten Absetzungen nicht mit dem Verweis auf ein „neu entstandenes“ Wirtschaftsgut nach Maßgabe des Steuerrechts versagen dürfen, solange die Gemeinde die Aufwendungen als „begünstigt“ bescheinigt und die Bescheinigung nicht zurückgenommen hat.
1) Vgl. Urteil vom 22. Oktober 2014, Aktenzeichen X R 15/13.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(13):17-17