Jasmin Theuringer
In §2 Arbeitszeitgesetz ist zwar gesetzlich definiert, dass „Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der täglichen Arbeit“ ist. Allerdings schweigt sich das Gesetz dazu aus, was genau zur Arbeit gehört.
Wegezeit
Vor Aufnahme der Arbeit muss der Arbeitnehmer sich auf den Weg von zu Hause in den Betrieb begeben. Auch wenn er diesen Weg nicht zu seinem Privatvergnügen macht, so entspricht es einhelliger Meinung, dass die Zeit, die ein Arbeitnehmer für den Weg zu seiner Arbeitsstätte braucht, keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellt.
Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn z.B. ein in der Hauptapotheke beschäftigter Arbeitnehmer vorübergehend in der Filialapotheke eingesetzt werden soll. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Wegezeit zu einem außerhalb der Betriebsstätte gelegenen Arbeitsort vergütungspflichtige Arbeitszeit ist (Urteil vom 8. Dezember 1960, 5 AZR 304/58). Sieht allerdings der Arbeitsvertrag vor, dass der Arbeitnehmer sowohl für die Haupt- als auch für die Filialapotheke eingestellt wird, so ist auch die Filiale als Betriebsstätte vertraglich definiert. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer auch einen weiteren Weg auf sich nehmen, ohne dass die hierfür benötigte Zeit als Arbeitszeit gilt.
Umkleiden
Die vergütungspflichtige Arbeitszeit beginnt nicht mit dem Eintreffen des Arbeitnehmers in der Apotheke, sondern mit Aufnahme der Tätigkeit. Vorher ist es zumindest in Apotheken, in denen eine Dienstkleidung verpflichtend ist, notwendig, sich umzuziehen. Es stellt sich also die Frage, ob das Anlegen der Dienstkleidung bereits den Beginn der Arbeitszeit markiert oder erst die Aufnahme der eigentlichen, vertraglich geschuldeten Tätigkeit.
Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage mit Urteil vom 19. September 2012 (5 AZR 678/11) beantwortet und entschieden, dass das Umkleiden dann zur vergütungspflichtigen Arbeitsleistung zählt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Direktionsrechts das Tragen einer Dienstkleidung abverlangt. Ist also das Tragen einer Dienstkleidung nicht freiwillig, sondern obligatorisch,dann zählt die zum Umziehen benötigte Zeit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Es wird also nicht möglich sein, seine Mitarbeiter zu bitten, doch zehn Minuten früher in der Apotheke zu erscheinen und sich umzuziehen, ohne diese Zeit zu vergüten.
Wird dagegen die Dienstkleidung bereits zu Hause angezogen und ist ein Umkleiden in der Apotheke nicht mehr notwendig, gehört diese Zeit nicht zur Arbeitszeit.
Rüstzeit
Botengänge
Wird die PKA gebeten, während der Arbeitszeit Sprechstundenbedarf in die Arztpraxis zu bringen, ist das natürlich Arbeitszeit. Gleiches gilt, wenn die PKA gebeten wird, diesen Botengang während der Mittagspause zu erledigen, denn in diesem Fall wäre die Pause keine Pause mehr. Nutzt dagegen umgekehrt die PKA den Botengang, um auf dem Weg noch private Einkäufe zu erledigen, ist diese nicht notwendige Mehrzeit keine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Ob und inwieweit sich das in der Praxis umsetzen und insbesondere überprüfen lässt, steht dabei auf einem anderen Blatt. An dieser Stelle sind Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit eher gefragt als exakte Zeitmessungen.
Raucherpausen
Raucherpausen sind eine Quelle häufiger Diskussionen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die dann auch oft vor Gericht weiter ausgetragen werden. Dass Raucherpausen Pausen sind und keine Arbeitszeit, dürfte dabei allen Beteiligten klar sein. Dennoch werden sie wegen ihrer kurzen Dauer oft als selbstverständlich betrachtet.
Wenn der Arbeitgeber dies nicht duldet und klare Weisungen erteilt, dass Raucherpausen entweder gar nicht oder nur ohne Anrechnung auf die Arbeitszeit erlaubt sind, sollten sich Arbeitnehmer tunlichst daran halten. So hat das Arbeitsgericht Duisburg sogar eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt erachtet, nachdem eine Arbeitnehmerin trotz vorheriger Abmahnungen weiterhin Raucherpausen während der Arbeitszeit eingelegt hatte (Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 14. September 2009, 3 Ca 1336/09).
Teambesprechungen
Teambesprechungen finden regelmäßig außerhalb der regulären Arbeitszeit statt. Damit diese Besprechungen auch Sinn machen, wird dabei regelmäßig eine Anwesenheitspflicht für alle Mitarbeiter ausgesprochen. Dennoch sind viele Arbeitgeber der Meinung, während dieser Besprechungen würde ja nicht gearbeitet, daher zählten sie auch nicht als Arbeitszeit.
Dem hat der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) nun einen Riegel vorgeschoben: Nach §3 Ziffer 3 zählen Teambesprechungen zur Arbeitszeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese während oder außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfinden. Außerhalb des Geltungsbereichs des Tarifvertrages gilt dies ebenso, wenn die Teilnahme an den Teambesprechungen für die Arbeitnehmer verpflichtend ist. Teambesprechungen sind dann nicht anders zu behandeln als angeordnete Überstunden.
Fortbildungen
Innerbetriebliche Fortbildungen, die während der regulären Arbeitszeit stattfinden, sind vergütungspflichtige Arbeitszeit. Der Arbeitgeber verlangt von seinen Arbeitnehmern im Rahmen seines Direktionsrechts, dass sie während ihrer regulären Arbeitszeit nicht ihrer üblichen Tätigkeit nachgehen, sondern stattdessen an einer Fortbildung teilnehmen. Damit verfügt er über die Zeit seiner Arbeitnehmer und muss diese auch vergüten.
Finden diese Fortbildungen außerhalb der regulären Arbeitszeit statt, z.B. am Wochenende, ist die hierfür von den Arbeitnehmern aufgewandte Zeit ebenfalls Arbeitszeit, wenn die Teilnahme verpflichtend ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Inhalte der Fortbildungen auch dem Arbeitnehmer zugute kommen, dessen berufliche Qualifikation sich dadurch ja verbessert. Ist die Teilnahme an außerhalb der Arbeitszeit stattfindenden Fortbildungen freiwillig und sind die dort zu erwerbenden Kenntnisse auch nicht zwingend für die Tätigkeit in der Apotheke nötig, so ist die Teilnahme an diesem freiwilligen Angebot grundsätzlich keine Arbeitszeit.
Pausen
Pausen gehören nicht zur Arbeitszeit, diese Selbstverständlichkeit ist zudem im Gesetz (§2 Absatz 1 Arbeitszeitgesetz) normiert. Der BRTV regelt in §3 Ziffer 2 eine weitere Selbstverständlichkeit, nämlich, dass die Arbeitnehmer während der Pausen ihren Aufenthaltsort frei bestimmen können. Ordnet dagegen der Arbeitgeber an, dass die Arbeitnehmer ihre Pausen z.B. in dem in der Apotheke gelegenen Pausenraum zu verbringen haben, um bei einem größeren Kundenandrang nötigenfalls auszuhelfen, ist das keine Pause. Diese Zeiten zählen vollständig als Arbeitszeit, unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einem Einsatz während der als Pause bezeichneten Zeit kommt.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(22):15-15