Andreas Kinzel
Ein Sprichwort lautet: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Dies gilt auch für die Apotheke. Hier entscheiden oft schon Kleinigkeiten in der Wahrnehmung der Apotheke über den Verkaufserfolg. Wie sind die Regale aufgebaut? Herrscht ein einheitlicher Stil? Wie tritt das Personal auf – in Kittel, „Uniform“ oder individuell?
All diese Aspekte verbinden Kunden mit Erfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen und ordnen dabei optische und verbale Reize in einen persönlichen Referenzrahmen ein. Dieser bewirkt, dass sie die Apotheke differenziert zu Mitbewerbern wahrnehmen, auch wenn in den unterschiedlichen Apotheken weitgehend dieselben Produkte angeboten werden. Unter sachlicher Betrachtung bleibt ASS immer gleich. Entscheidend sind jedoch die Marke sowie die Präsentation und wie dies in eine Gesamtkonzeption passt. Arbeitet die Apotheke z.B. vorwiegend mit Markenartikeln in der Sichtwahl, wird ein ASS-Generikum hier eher unangenehm auffallen.
Oft machen Kleinigkeiten den entscheidenden Unterschied. So können Preisschilder angenehm bzw. unangenehm, aber auch als Eyecatcher oder neutral ins Auge fallen. Sie wirken in auffälliger Signalfarbe abwertend, in rot signalisieren sie günstige Angebote, aber auch Restposten. Schwarz auf weiß wirkt neutral aber teurer, ein zusätzlicher silberner Hintergrund edler.
Visuelle Gestaltung der Offizin
Reale Bilder an oder über den Regalen können Emotionen steigern und damit einen Verkauf unterstützen. Hierfür bieten sich unter anderem auch kleinere Bilder an, beispielsweise von entsprechenden Hauttypen an Kosmetikregalen. In vielen Fällen kann die Apotheke dabei auf Firmenmaterial bzw. Regalunterstützung der Hersteller zurückgreifen. Ebenso können Bilder über Regalen mit Themenschwerpunkten verkaufsfördernd sein, z.B. ein lächelndes Baby neben einem Schriftzug „Familie“. Gleiches können Plakate oder Aufsteller mit Bildern bewirken.
Auch wenn die Apotheke in diesem Fall Kunden auf der emotionalen Ebene anspricht, ist Ordnung ein wichtiger Aspekt bei der visuellen Wahrnehmung. Der Kunde arbeitet hier ebenfalls mit einem Referenzrahmen und bildet innere Bilder. Wichtig im Gesamtkonzept der visuellen Gestaltung ist, einen roten Faden zu finden. Dazu gehören Schwerpunkte sowohl thematisch (Familie, Nahrungsergänzung, Kosmetik etc.), als auch in der Gestaltung (starke Marken, Generika, innovative Produkte etc.).
Dies gilt insbesondere für den HV-Tisch als zentralen Punkt in der Apotheke. Dort häufen sich oft Neuheiten, Aktuelles und Ladenhüter in größerer Menge an. Wie auch im Regal, ist im Allgemeinen eine Bestückung von mindestens drei Verpackungen nebeneinander sinnvoll, um das Angebot ausreichend visuell zu präsentieren. Eine thematische und farbliche Harmonie beruhigt das Auge des Kunden und lässt ihn entspannt einkaufen. Dennoch können Eyecatcher, also optische Reizpunkte, partiell verkaufsunterstützend sein. Hier wird das Auge und dann der Kunde selbst „magisch“ angezogen und zum Kauf „verführt“. Zusätzlich können Regalstopper wie Wobbler oder auffällige Packungen eingesetzt werden.
Insgesamt gilt bei der Sicht- und Freiwahlgestaltung oft „weniger ist mehr“. Der Kunde ist nicht nur mental, sondern auch optisch bei zu viel Auswahl überfordert. Seine Gedanken schweifen dann vom zentralen Thema und von seinem Gegenüber ab, da er mit der inneren Sortierung der Auswahl beschäftigt ist.
Doch auch Unordnung kann verkaufsfördernd sein. Bei Aufstellern und Regalen ist es trotz des „schönen“ Bildes der Blockbildung manchmal hilfreich, Lücken zu generieren oder mit Treppen zu arbeiten. Ansonsten denkt der Kunde möglicherweise, es ist alles vollständig, weil kein anderer Interesse daran hat. Dies wiederum verbindet er ggf. mit schlechter Qualität und Unwirksamkeit. Ebenso hat er eventuell „Angst“, das „schöne Bild“ zu zerstören.
Bei Schütten wird unterbewusst nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage ein Überangebot suggeriert und damit ein günstiges Angebot. Doch auch hier vergleicht der Kunde mittels des Referenzrahmens, sodass solche vermeintlichen Sonderangebote nur funktionieren, wenn die Produkte auch typische Schüttenware sind. Dies bedeutet, sie dürfen nicht zu teuer und auch nicht zu hochwertig sein, da sie der Kunde sonst meist nicht mit Überangebot und damit günstigen Preisen in Verbindung bringen kann. Auch eher hochpreisige Firmen eignen sich, sofern die einzelnen Produkte die betreffenden Kriterien erfüllen, beispielsweise ein entsprechendes Duschgel um die fünf Euro in ausreichender Menge.
Der Kunde macht sich zudem von den Mitarbeitern selbst ein Bild. Deshalb bietet es sich an, entweder einheitliche „Uniformen“ wie Polohemden zu nutzen oder bewusst auf individuelle Kleidung zu setzen, um Offenheit und vorurteilsfreies Entgegenkommen zu signalisieren. Bei weißen Kitteln besteht die Gefahr, dass der Kunde damit Arztbesuche in der Kindheit, und somit unangenehme Erinnerungen, verbindet. Solche unangenehmen Bilder lassen sich aber auch nutzen. So kann man im richtigen Moment mit der Aussage: „Das schmeckt nicht besonders, hilft aber...“ die Qualität eines Arzneimittels unterstreichen. Hier erinnert sich der Kunde bestenfalls an eine umsorgende Mutter, die mit schlecht schmeckenden Säften versucht, einen wieder auf die Beine zu bringen.
Die Kraft der Worte
Eine bildhafte Sprache mit gefühlvollen Adjektiven wie „angenehm“, „aktiv“ oder „einzigartig“ kann Ihre Kunden regelrecht verzaubern. So emotionalisiert man mehr als mit sachlichen Adjektiven. Die bildhafte Sprache hilft dem Kunden, innere Bilder zu ganzen Filmen zu verknüpfen. Beim sogenannten „Storytelling“ können Sie mit Geschichten weit mehr Emotionen wecken als mit viel Fachwissen.
Besonders wirkungsvoll ist dies, wenn Sie mit Beispielen aus der Verwandtschaft oder dem Freundeskreis arbeiten („Meine Kinder nehmen auch immer...“). Damit werden Analogien im Kopf des Kunden hervorgerufen, der innere Film beginnt. Zusätzlich unterstützt dies die Vertrauensposition des Apothekenmitarbeiters („Wenn er es selber nimmt...“). Jedoch darf man nicht zu kreativ sein. Muss die Oma oder Schwiegermutter immer wieder als Basis einer bilderhaften Geschichte dienen, verliert man schnell an Glaubwürdigkeit. Oberstes Gebot ist hier Authentizität.
Auch allein mit Körpersprache können der Apothekenleiter und seine Mitarbeiter ein positives Bild abgeben. Schon ein einfaches Lächeln kann beim Kunden positive Bilder hervorrufen. Es signalisiert Freundschaft, Vertrauen und Glaubwürdigkeit. In Kombination mit einem sicheren Auftreten und Augenkontakt, schafft es ein sympathisches und kompetentes Bild. Spiegelt man den Kunden, d.h. übernimmt man subtil Mimik und Gestik von ihm, sieht sich der Kunde selbst, sodass er mehr Vertrauen in die Person vor ihm hat. Bedeutend dabei ist, dass er es nicht als „nachäffen“ empfindet.
Fazit
Visuelle Eindrücke haben einen hohen Stellenwert im Verkauf, wobei sie – ähnlich einem Eisberg im Wasser – neben realen Bildern noch viel mehr von imaginären geprägt sind. Letztere entstehen aus realen Bildern, der Wortwahl und dem Auftreten des Apothekenpersonals. Dabei spielen Erfahrungen des Kunden aus früheren Zeiten eine entscheidende Rolle. Sie bilden einen Rahmen, der beim Kunden durch optische Reize und entsprechende Botschaften der Apotheke innere Bilder hervorruft.
Auch wenn manchmal punktuelle „Farbtupfer“ Kaufanreize bieten, sollte die Apotheke mit einem stimmigen Gesamtkonzept auftreten. Wichtig ist nach dem Motto „weniger ist mehr“, den Kunden optisch nicht zu überfordern. So muss sich der Apothekenleiter immer fragen: Wie sieht der Kunde die Apotheke? Wie interpretiert er dieses Bild? Wie kann ich ihn dabei „abholen“? Welche optischen Reize kann ich ihm bieten? Hinsichtlich der reinen Fakten bleibt ASS immer ASS. Bei entsprechender Präsentation entsteht aber ein Mehrwert, der sich in Umsatz und Gewinn bezahlt macht.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(22):13-13