Dr. Bettina Mecking
Wer sich bei der Gestaltung seiner Werbung an ein paar „Leitplanken“ hält, kann sich viel Ärger ersparen. Die Rechtsfragen zu Werbeaktionen von Apotheken wie Rabatte, Boni und Werbegeschenke werden von Rechtsprechung und Gesetzgebung fortlaufend bearbeitet.
Rabatte
Der Gesetzgeber hat ein deutliches Statement zum einheitlichen Apothekenabgabepreis bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln abgegeben und mit der Ergänzung in §7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) klargestellt, dass sämtliche Bar- und Naturalrabatte verboten sind. Damit muss beim Verkauf rezeptpflichtiger Arzneimittel das Thema kostenlose Zuwendungen gänzlich ausgeblendet werden. Hier dürfen weder „Brötchengutscheine“, die in einer Bäckerei eingelöst werden können, noch Kuschelsocken oder Geschenkpapier ausgehändigt werden. Dieses Verhalten verstößt sowohl gegen das Berufsrecht als auch gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften. Auch Zuwendungen von geringem Wert können den Kunden veranlassen, bei nächster Gelegenheit wieder ein preisgebundenes Arzneimittel in der Hoffnung auf weitere Vergünstigungen in derjenigen Apotheke zu erwerben, in der er bei früheren Käufen etwas zusätzlich erhalten hat.
Wenn ein pauschales Rabattangebot – wie das Angebot von „10 % Preisnachlass für Kundenkarteninhaber“ – gemacht werden soll, ist wichtig, dass hier ausdrücklich und gut sichtbar darüber aufgeklärt wird, dass sich das Rabattangebot gerade nicht auf preisgebundene Ware bezieht („*ausgenommen Verschreibungen und Zuzahlungen“).
Bei der Preiswerbung für nur apothekenpflichtige Arzneimittel sind lediglich Barrabatte erlaubt, Naturalrabatte hingegen verboten. Aussagen wie „Zwei zum Preis von einem“ sind also nicht zulässig. Weiter steht hier vor allem die Zulässigkeit des Preisvergleichs mit einem „Apothekenverkaufspreis (AVP)“ oder der „unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (UVP)“ im Blickpunkt. Bis diese Fragestellung höchstrichterlich geklärt ist, sind Apotheken auf der sicheren – nicht irreführenden – Seite, wenn sie Preisvergleiche nur in Bezug auf die eigenen zuvor verlangten Preise vornehmen.
Zugaben
Wer in der Apotheke einkauft, wird oft mit kleinen Geschenken bedacht. Meist ist es nur eine Packung Papiertaschentücher. §7 HWG normiert als zentrale Vorschrift das Verbot sämtlicher produktbezogener Zugaben. Zulässig sind jedoch „geringwertige“ Kleinigkeiten. Dabei kommt es nicht auf den Einkaufswert der Sachprämie an, sondern auf den von einem Empfänger empfundenen Wert, der bei 1 € als geringwertige Zugabe liegt. Zugaben müssen übrigens nicht selbst apothekenüblich sein, sodass etwa die Abgabe einfacher Stifte oder Spielzeug zulässig ist.
Wird ein Geschenk mit einem Werbeaufdruck der Apotheke versehen, verliert es oft aus Kundensicht an Wertigkeit, was sich etwa bei der Abgabe selbst hochwertiger Kalender beobachten lässt. Die kostenlose Zugabe eines Thermobechers mit dezentem Werbeaufdruck beim Kauf eines apothekenpflichtigen Arzneimittels wurde hingegen untersagt, obwohl dessen Einkaufswert nur bei 1,05 € lag. Denn der Becher wirkte hochwertig. Der Kunde geht nach Auffassung des Gerichts davon aus, dass er andernorts für einen vergleichbaren Becher mehrere Euro aufwenden müsste, wodurch ein unzulässiger Anreiz erzeugt wird.
Wesentlich unkritischer ist die Gewährung handelsüblicher Nebenleistungen. Darunter fällt z.B. die bei den Kunden meist beliebte anteilige Erstattung von Parkgebühren oder der Kosten für öffentliche Nahverkehrsmittel.
Bonussysteme in Apotheken: Neue Rechtslage
Derartige Werbemaßnahmen sind in normalen Einzelhandelsgeschäften gängige und rechtlich unproblematische Praxis. Für Apotheken jedoch bestehen enge Grenzen hinsichtlich der Zulässigkeit von Bonussystemen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main (Urteil vom 10.07.2014, 6 U 32/14) musste über die Zulässigkeit von Rubbellosen entscheiden. Eine Apotheke hatte ihren Kunden Lose ausgehändigt, wenn diese bei ihr eine Verschreibung einlösten. Zu den Gewinnen, die auf dem Los freigerubbelt werden mussten, zählte auch ein Einkaufsgutschein über 1 €. Das Gericht untersagte diese Werbeaktion wegen Verstoßes gegen das arzneimittelpreisrechtliche Verbot der Gewährung von Vorteilen. Unerheblich sei dabei, dass es sich bei dem Los und der damit verbundenen Gewinnmöglichkeit nur um einen potenziellen Vorteil handelte. Selbst wenn der Einkaufsgutschein nicht „offen”, sondern nur als möglicher Gewinn gewährt werde, könne eine solche Gewinnaussicht den Kunden veranlassen, sich bei nächster Gelegenheit zur Einlösung eines Rezepts erneut an diese Apotheke zu wenden in der Hoffnung, wieder einen Einkaufsgutschein zu gewinnen.
Das Gericht sah in der Abgabe der Lose auch einen spürbaren Wettbewerbsverstoß, obwohl der Wert des möglichen Einkaufsgutscheins nur bei 1 € lag. Damit stellt es sich bewusst gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Bonussystemen (Urteil vom 09.09.2010, I ZR 193/07). Der BGH hatte bestimmte Kriterien aufgestellt, unter denen Bonussysteme keinen Wettbewerbsverstoß darstellen. Insbesondere sah er zumindest solche Systeme als rechtmäßig an, die lediglich einen Vorteil von 1€ gewähren, weil sie als geringwertige Kleinigkeit i. S. von §7 Absatz 1 Nr. 1 HWG (a.F.) anzusehen seien und daher keine spürbare Wettbewerbsverletzung darstellen.
Allerdings wurde die der BGH-Entscheidung zugrunde liegende Fassung des §7 Absatz 1 Nr. 1 HWG zum 13. August 2013 um einen verschärfenden Halbsatz ergänzt. Dieser regelt nun ausdrücklich, dass Zuwendungen stets unzulässig sind, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Angesichts dieser Gesetzesänderung sei der ursprünglichen Beurteilung des BGH die Grundlage entzogen, so das OLG Frankfurt/Main.
Nach dieser neuen Rechtsprechung, die explizit auf die Verschärfung des HWG abstellt, ist dringend von jeglichem Bonussystem für die Abgabe preisgebundener verschreibungspflichtiger Medikamente abzuraten.
Als zulässig anerkannt ist der Fall, dass Bonuspunkte unabhängig vom Rx-Arzneimittel für andere Unannehmlichkeiten vergeben werden, z.B. eine verlängerte Wartezeit in der Apotheke. Das Landgericht Bochum ist zudem so weit gegangen, keinen Wettbewerbsverstoß darin zu sehen, dass Apotheken ihren Kunden Taler für den nachgewiesenen Besuch eines Arztes gewähren. Eine andere Apotheke hatte beanstandet, diese Werbung ziele allein auf Patienten, die von ihrem Arzt ein Rezept erhalten haben. Die Entscheidung ist aber nicht rechtskräftig, das Oberlandesgericht Hamm wird sich nun mit dem Fall beschäftigen.
Wegen der ansonsten eingeschränkten Möglichkeiten, versuchen Apotheken auch mit Preisausschreiben Kunden zu gewinnen. Über einen Fall hatte das OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.01.2013, I-20 U 93/12) zu entscheiden: Eine Versandapotheke hatte ein Preisausschreiben veranstaltet, bei dem als Hauptpreis ein Fiat 500 zu gewinnen war. Im unmittelbaren Umfeld des Preisausschreibens war für verschiedene Arzneimittel geworben worden. Das OLG Düsseldorf hielt diese Werbung für zulässig. Einer übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln werde hier kein Vorschub geleistet, weil im Umfeld des Preisausschreibens lediglich für Arzneimittel geworben worden sei, die in der Regel in Hausapotheken ohnehin vorrätig gehalten würden.
Hierbei ist jedoch zusätzlich die Generalklausel zu übertriebenen Werbemaßnahmen in den apothekerlichen Berufsordnungen zu beachten, deren Anwendung zu wesentlich engeren Grenzen für die erlaubte Wertigkeit der ausgelobten Preise führt.
Fazit: Maßnahmen zur Kundengewinnung und -bindung lohnen sich, wenn sie mehr bringen als sie kosten. Werbeaussagen sollten daher stets gründlich geprüft werden, um das Risiko rechtlicher Verfahren mitsamt der erheblichen Kosten zu senken.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(24):15-15