Kapazitäten nutzen

Hochleistung ohne Anstrengung!?


Ute Jürgens

Wir sind es gewohnt, auf eine bestimmte, erprobte Art Leistung zu erbringen, nutzen dabei aber häufig nur einen Bruchteil unseres wirklichen Potenzials. Mehr Leistung heißt nicht unbedingt mehr arbeiten, sondern effektiver und mit mehr Energie, die man sich gezielt aufbaut.

Zu hohe bzw. vielfältige Beanspruchung führt heute bei vielen Führungskräften dazu, dass sie kaum noch die Leistung erbringen, die man eigentlich von ihnen erwartet – nämlich klug analysieren, führen, entscheiden, eine Organisation voranbringen. Die Anforderungen sind tatsächlich in etlichen Teilbereichen höher – wo gab es früher Internet, eine solche Informationsüberflutung oder eine ständige Erreichbarkeit dank moderner elektronischer Fessel namens Smartphone?

Im Grunde genommen sind wir für die heutige Arbeitsweise nicht geschaffen, weder körperlich noch geistig. Unsere Gewohnheiten bestimmen unsere Fähigkeiten, was Leidenschaft, Konzentration, Resilienz und Klarheit angeht. Das heißt: Wie Sie heute leben, bestimmt, ob Sie in fünf Jahren leistungsfähiger sind als jetzt. Unser größtes Kapital liegt in unserer menschlichen Arbeits- und kreativen Schaffenskraft. Diese entwickelt sich eher wenig durch äußere Impulse weiter, wir sollten das gar nicht erst erwarten. Die Anstöße müssen von innen heraus kommen (intrinsische Motivation), dies ist die Quelle für mehr Energie, mit der wir zudem effizienter umgehen sollten. Das legt die Basis für eine Erweiterung unserer Kapazitäten und die Ausschöpfung unseres Potenzials.

Der Schlüssel zu mehr Energie

Alles auf einmal angehen, den großen Sprung wagen? Schwierig für die meisten von uns! Der Erfolg versprechendere Weg liegt in der schrittweisen Änderung energiezehrender Angewohnheiten. Gehen Sie dabei mit so kleinen Schritten vorwärts, dass es für Sie keinen unangenehm spürbaren Aufwand bedeutet, sich klüger und gesünder zu verhalten. Hauptsache, die Richtung stimmt, und Sie gehen konsequent vorwärts, ohne dass sich Ihr „innerer Schweinehund“ dem ständig bremsend entgegenstellt. Dieser gedehnte, zeitaufwändigere Weg gibt Ihnen zudem mehr Möglichkeiten, sich selbst besser wahrzunehmen. Dies ist ein gutes Stück Arbeit, es dauert, bis Sie Ihre Gefühle, Ihre Hemmungen oder auch Überschwang und Ungeduld verstehen und im Griff haben. Der Lohn: Sie nutzen Ihre Stärken, Leidenschaften und Fähigkeiten optimal und umschiffen möglichst die Dinge, die Ihnen nicht liegen und bisher zu viel abverlangten. Allein dieser Erkenntnisprozess braucht seine Zeit.

Mens sana in ...

corpore sano – ein gesunder Geist braucht einen gesunden Körper! Was so selbstverständlich klingt, wird in der Praxis immer wieder konterkariert – gerade, wenn Sie nicht ausgeglichen sind, sich scheinbar ständig zwei Klassen über Ihren Möglichkeiten durchs Leben boxen müssen, weil Sie eben Ihre Potenziale (noch) nicht ausschöpfen. Wir brauchen Ihnen nicht die Bedeutung von gesundem Schlaf, Bewegung und guter Ernährung vorzubeten. Wichtiger vielleicht: Nehmen Sie sich die Zeit dafür, gönnen Sie sich die Mittagsruhe, wenn Sie Ihnen guttut, und hören Sie auf, die Signale Ihres Körpers (vom Blutdruck über das Magengrummeln bis zu den wachsenden „Rettungsringen“ um die Hüften) beständig zu ignorieren. Irgendwann rächt er sich, der Körper...

Psychische Stärke und Stresstoleranz wachsen mit der Stärke des Körpers. Nicht wenige haben daher schon von Kampfsportarten profitiert – wer körperlich wehrhafter ist, ist es auch psychisch. Weniger Negativ-Stress („Distress“) durch richtige Betriebsorganisation und Umgang mit fordernden Ereignissen, mehr Stresstoleranz durch gewachsene, eigene Stärke, verbunden mit einem geeigneten Zeitmanagement (u.a. genügend Zeit zur Regeneration, auch über jeden einzelnen Tag hinweg!) machen den Erfolg. Nicht zuletzt korreliert die eigene Körperhaltung mit unserer Spannung im positiven Sinne und Leistungsfähigkeit – achten Sie also darauf!

Kreativität – Währung der Zukunft

Waren bisher Logik und strategisches Denken Trumpf und der künstlerisch-kreative Bereich nicht so wichtig, wird immer deutlicher, dass nur beide Gehirnhälften zusammen das Optimum erreichen. Stets neue Aufgaben, immer wieder Steine im Weg, dem ist allein mit Logik nicht beizukommen. Sind wir kreativ und flexibel, fallen uns mehr und bessere Lösungen für die Probleme ein. Nebenbei macht Kreativität meist Spaß. Humor und Spaß sind in unserer ansonsten nüchternen Arbeitsrealität ebenfalls eine Währung, die immer höher im Kurs steht – zumal sie kreative Prozesse und Problemlösungsfähigkeiten positiv verstärken.

Imaginieren

Bilder prägen uns Menschen mehr als alles andere, die wir zu 90% der Sinneseindrücke Sehwesen sind. Stellen Sie sich daher Ihr gewünschtes Optimum immer wieder plastisch-bildlich vor – und fixieren Sie sich nicht vorrangig auf ein eventuelles Scheitern. Gewöhnen Sie sich an, abends den Tag Revue passieren zu lassen: Was hat funktioniert? Schreiben Sie es auf. Gehen Sie dann zu den Momenten über, in denen Sie nicht gut zurechtgekommen sind. Betrachten Sie dabei erst mal nicht das Missglückte, denn jeder Gedanke konzentriert und zementiert dieses Verhalten in unserem Gehirn. Stellen Sie sich lieber bildlich vor und notieren Sie, wie Sie das nächste Mal in der gleichen Situation vorgehen werden. Das Verschriftlichen hilft beim Verankern im Gehirn, übrigens besser per Hand als per Taste. Stellen Sie sich dieses Handeln in positiven Bildern mit einem „Happy End“ vor – beim Kundenkontakt, in der nächsten Verhandlungsrunde mit Lieferanten, im Gespräch mit Ihrem Hauptverordner. Was braucht es von Ihrer Seite für dieses „Happy End“?

Das Aufschreiben ist weiter sinnvoll, damit Sie sich Ihrer stetigen Fortschritte vergewissern können. Lesen Sie es nach dem Schreiben noch fünfmal durch.

Sie werden sehen: Mit zunehmendem Training strahlen Sie positiv auf Ihre Umgebung ab, und die Menschen in Ihrem Umfeld verhalten sich anders. Sie selbst sind dynamischer und fühlen sich sicherer, Ihre Kommunikation wird klarer. Sie steigern Ihre Resilienz, können Rückschlägen und Frustrationen im Arbeitsalltag gelassener begegnen, reagieren souveräner.

Gedanken sollten motivierende Energiequellen und keine Energiekiller sein. Wenn wir also lernen, bewusst Szenarien über positives Verhalten zu erzeugen und es uns immer wieder vorstellen, kommen wir diesem immer näher. Machen Sie eine Probe aufs Exempel: Entwickeln Sie ein Bild, in dem Sie morgens strahlend und voller Freude die Apotheke betreten, auch alle anderen sind bestgelaunt und lächelnd bei der Arbeit. Bleiben Sie im Bild, schon auf dem Arbeitsweg, immer wieder.

Das Gleiche funktioniert, wenn Sie sich morgens den Tagesablauf präzise vorstellen und sich genau auf die Situationen konzentrieren. Eine Besprechung, ein Telefonat, eine normalerweise unangenehme Situation: Alles verläuft bestens. Rufen Sie Ihre positiven Imaginationen wach, wenn die Realität eintritt.

Krisenmodus!?

Suchen Sie nicht nach Argumenten, um nichts ändern zu müssen, wie momentane Überlastung oder eine Krise im Betrieb, welche Sie völlig fordert. Sie täuschen sich: Es ist immer Krise, solange Sie im „Überlebensmodus“ kämpfen. Es gibt keinen Ersatz für aktives Handeln: Jetzt ist der Zeitpunkt dafür! Wie motivieren Sie sich? Einsicht in die Dinge reicht nicht, erinnern Sie sich daran, wie gut Sie sich bei früheren Veränderungen gefühlt haben. Stellen Sie sich Ihr bestmögliches Ich vor, zusammen mit dem, was Sie ausmachen soll und welche Empfindungen Sie bei anderen Menschen in Ihrer Umgebung auslösen möchten.

Mit welchen drei Handlungen werden Sie morgen früh beginnen?

Ute Jürgens, Kommunikationstrainerin und Einzelcoach, KomMed, 28865 Lilienthal, E‑Mail: KomMed@freenet.de

Buch-Tipp

Jogi Rippel, Scott Peltin: Sink, Float or Swim – Wie jeder dauerhaft Hochleistung erbringen kann. Redline Verlag 2015. 24,99€

zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon: 0711/2582 341, Telefax: 0711/2582 290, E‑Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de).

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(24):13-13