Helmut Lehr
Steuerpflichtige haben die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen 30 % des Schulgelds für ihre Kinder als Sonderausgaben abzuziehen, maximal 5.000 €/Jahr. Allerdings sind die Teile des Schulgelds, die auf Beherbergung, Betreuung und Verpflegung entfallen, keine Sonderausgaben.
Es muss sich um eine Schule in freier Trägerschaft oder eine überwiegend privat finanzierte Schule handeln. Außerdem muss die Schule in Deutschland oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) liegen. Der Abzug von Schuldgeldzahlungen als Sonderausgaben setzt nach neuerer Rechtsprechung nicht voraus, dass die Eltern selbst Vertragspartner des mit der Privatschule abgeschlossenen Vertrags sind.
Hinweis: Schulen in der Schweiz sind insoweit nicht begünstigt. Nach Ansicht der Gerichte rechtfertigt auch das Freizügigkeitsabkommen zwischen den EU-Staaten und der Schweiz keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Privatschulen in der EU oder im Europäischen Wirtschaftsraum.
Hochschulen sind dem Grunde nach nicht begünstigt
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Hochschulen einschließlich der Fachhochschulen keine Schulen im Sinne der Begünstigungsvorschrift (§10 Absatz1 Nr.9 Einkommensteuergesetz) sind, sodass Gebühren für deren Besuch – insbesondere Studiengebühren – vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen werden. Dahinter steckt die Intention, dass grundsätzlich nur allgemeinbildende Schulen bzw. Abschlüsse begünstigt sein sollen, insbesondere der Haupt- oder Realschulabschluss, die Fachhochschulreife oder das Abitur.
Klage vor dem Finanzgericht erfolglos
Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob auch Studiengebühren für eine Fachhochschule als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Konkret ging es um den Studiengang zum „Bachelor of Science“ an einer staatlich anerkannten privaten Fachhochschule. Der Kläger hatte geltend gemacht, dass die Begünstigungsvorschrift übergreifend den Begriff „Schule“ verwende und dass nach dem Wortlaut des Gesetzes hierunter durchaus auch Hochschulen fielen. Außerdem verfüge der Studiengang des Kindes über allgemeinbildende Elemente, so z.B. die ausdrücklich angestrebte Vermittlung interkulturellen Verständnisses sowie umfassender Sprachkenntnisse.
Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg1). Nach Ansicht des Finanzgerichts wurde im Streitfall kein lediglich allgemeinbildender Abschluss vermittelt. Außerdem sei insoweit strikt zwischen (begünstigten) Schulen und (nicht begünstigten) Hochschulen zu unterscheiden. Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 vorgenommene Änderung der Vorschrift2) rechtfertige insoweit keine andere Sichtweise.
Hinweis: Das Gericht wies ergänzend darauf hin, dass im Rahmen des Studiengangs auch kein berufsbildender Berufsabschluss vermittelt wird, sondern – bei erfolgreichem Abschluss – ein akademischer Grad.
Bescheide offenhalten
Im Hinblick auf die wachsende Anzahl privat finanzierter Hochschulen geht das Finanzgericht von einer grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits aus und hat daher die Revision ausdrücklich zugelassen. Vor diesem Hintergrund sollten Studiengebühren in einschlägigen Fällen als Sonderausgaben beantragt und ablehnende Bescheide vorsorglich offengehalten werden. Es empfiehlt sich sodann, einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen zu stellen. Sobald das/ein Revisionsverfahren anhängig ist, ruhen Einsprüche kraft Gesetzes.
1) Vgl. Urteil vom 14. August 2015, Aktenzeichen 4 K 1563/15 E.
2) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 24 vom 15. Dezember 2010, Seite 18 und 19.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2015; 40(24):17-17