Klüger sparen

ABC der Kosten


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Selbst hohe Kosten werden heute stoisch hingenommen, bei anderen, nicht selten Minimal-beträgen, regiert bisweilen grotesker Sparwahn. Dabei sollte am Anfang stets die kluge Aufbereitung der Daten stehen – lassen Sie uns das ABC der Kosten durchbuchstabieren.

Trotz schöner Umsatzzahlen – unter dem Strich zählen Erträge und daraus resultierende Gewinne. Letztere stabil zu halten oder gar ähnlich zu steigern, wie es zwischenzeitlich infolge der guten Arbeitsmarktlage den meisten Angestellten zuteil wird, verlangt schon nach einigen Streckungen und Verrenkungen, wenn nicht gerade günstige Umstände auf einen steilen Wachstumspfad führen. Der Blick auf die Kosten kann dabei nicht ausbleiben. Doch wie geht man dieses für viele unangenehme und je nach der infrage stehenden Kostenposition konfliktbehaftete Thema an?

Typischerweise werden Ihre betrieblichen Vorgänge auf einzelne Konten gebucht und diese dann zu Kontenklassen zusammengefasst. Unter anderem in der monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) erscheint dann die Zusammenfassung dieser Konten und Kontenklassen. In der umfangreicheren Summen- und Saldenliste sehen Sie dann die jeweiligen Einzelpositionen aufgeschlüsselt.

Eine Bewertung nach Relevanz oder Veränderbarkeit ist damit jedoch nicht verbunden. So stehen dann Personalkosten, Raumkosten oder Marketing neben „sonstigen Kosten“, wobei dieser „Omnibus der BWA“ nicht selten mehr ausmacht als beispielsweise die Raumaufwendungen. Ähnlich die Summen- und Saldenliste, eine bloße Auflistung. Hier kann bereits hilfreich sein, sie sich nach der Höhe der Einzelbeträge sortieren zu lassen, für die EDV ein Klacks (Steuerberater dahingehend ansprechen!).

Ansatzpunkt Klassifizierung

Für die praktische Entscheidungsfindung, an welchen Kostenhebeln angesetzt werden sollte und kann, ist jedoch ein Ansatz der Klassifizierung zu bevorzugen.

Sinnvollerweise erfolgt diese im ersten Schritt nach der Höhe der Ausgaben in A (=größte Kostenpositionen), B und C. C-Kosten wären also der „Kleinkram“, der sich in der Summe aber auch kräftig bemerkbar machen kann.

Hierfür sind Grenzen zu setzen. Das kann absolut geschehen (z.B. 10.000 € Jahreskostengrenze für A-Kosten, 1.000 € für B-Kosten), bzw. relativ in Umsatzprozenten oder noch treffender in Prozent vom Rohertrag: z. B. 2 % vom Rohertrag bilden die Grenze zu den A-Kosten, 0,2 % grenzen B von C ab. Das Problem der prozentualen Grenzen ist ihre Variabilität, mit sich veränderndem Umsatz bzw. Rohertrag rutschen Kostenpositionen schnell in eine andere Klasse, zudem muss immer umgerechnet werden. Absolute Beträge sind leichter zu handhaben, diese Schwellen kann man ja ungefähr an Rohertragsgrenzen festmachen (was bei obigen Beispielgrenzen für eine durchschnittliche Apotheke mit etwa 500.000 € Rohertrag pro Jahr gemacht wurde).

Können Sie etwas ändern?

Das ist aber nur der erste Streich. Nun gilt es zu klären, ob Sie an den jeweiligen Kosten überhaupt etwas ändern können, bzw. mit welchem Aufwand oder Risiko. Diese zweite Klassifizierung ist ein ganz entscheidender Schritt. Hier müssen Sie nämlich überlegen: Kann ich überhaupt Hand anlegen? Lohnt es denn (A, B, C)? Und was handele ich mir ein, wenn ich da dran gehe?

So ist es sehr schwer, etwas am Mietpreis zu verändern; freilich ist es nicht völlig unmöglich. Somit wird die Miete in der Klasse „nicht/schwer beeinflussbar“ landen. Sie werden diesen Posten also in aller Regel (Sanierungsfälle etc. einmal außen vor) nicht als erstes anfassen. Ähnliches gilt für viele andere einmal geschlossene Verträge, ob mit größeren oder geringeren Zahlungsverpflichtungen (also wieder A, B oder C) verbunden: Pacta sunt servanda. Auch hier gibt es wieder Ausnahmen; je nach Konstellation kann man sogar aus dem einen oder anderen laufenden Vertrag ausbrechen, ggf. mit anwaltlicher Hilfe. Das ist aber wieder ein beträchtlicher Aufwand und nicht die Regel.

Der große Brocken Personal ist ganz klar die A-Klasse schlechthin, prinzipiell änderbar, aber eben mit Risiken aller Art verbunden (von Arbeitsrecht bis zu Rückwirkungen auf die Kundschaft und das Team bei beliebten Mitarbeitern) und oft eben recht aufwendig. Deshalb landen die Personalkosten in der Kategorie „beeinflussbar mit Risiken bzw. Aufwand“.

Dummerweise finden wir in der A-Klasse kaum Kosten, die in die nächste Kategorie „leicht beeinflussbar bzw. optimierbar“ fallen; allenfalls mögen das bei sehr marketingaktiven Apotheken einzelne Bausteine der Werbung sein, wie hohe Flyerauflagen, überbordende Zugaben oder Anzeigenwerbung.

Viele Schlachten werden also bei den B-Kosten geschlagen – und beim ganzen „Kleinkram“, den man vor allem in seiner Summe im Zaum halten muss. Hier sind wir dann bei so illustren Themen wie EDV, dem ganzen Bereich Steuer-, Rechts- und sonstige Beratung, aber auch Rezeptabrechnung oder den geliebten Autos. Marketing ist ebenfalls ein meist ergiebiger Posten.

Bei Licht betrachtet, finden sich hier viele Ansatzpunkte. Oft sind Sie hier in Leasing- oder Mietverträgen gefangen. Gleichwohl kann es gelingen, z. B. bei der EDV noch das eine oder andere Modul hineinzuverhandeln und dafür auf etwas anderes, kaum Benutztes zu verzichten. Auch sonst lohnt es, insbesondere bei langjährigen, fast schon automatisierten Geschäftsbeziehungen, bei denen sich kaum etwas an der Leistung geändert hat (und wenn, leider oft zum Schlechteren, Sie sind ja eine „sichere Bank“ ...), einfach mal „auf den Busch zu klopfen“. Oft kommt man Ihnen sehr rasch ein gutes Stück weit entgegen. Das gilt selbst für Dinge wie die regelmäßigen Kfz-Inspektionen und Reifenwechsel im langjährigen Autohaus. Auch hier bedarf es hin und wieder mal einer gewissen „Erdung“ auf typische Marktpreise.

Damit nähern wir uns dem großen „Sammelsurium“ an C-Kosten, dem ganzen Kleinkram. Das ist Chance und Gefahr zugleich. So kann man recht risikolos z. B. an vielem Verbrauchsmaterial (u. a. dem ganzen Bürobedarf, Etiketten, EDV-Kleinmaterial etc.) doch einige Euro sparen – indem man das z. B. bei professionellen Versendern bestellt. Ähnliches gilt im Bereich Marketing (Zugaben usw.), hier sind wir oft schon wieder bei B-Kosten. Viel gewonnen ist, wenn Sie sich diesen Bereich einmal von Zeit zu Zeit genauer anschauen, so wie Sie regelmäßig eine Wareninventur vornehmen. Manches können Sie „rückstandsfrei“ sofort streichen. Für den Rest setzen Sie eine Obergrenze, was in der BWA unter „Sonstiges“ aufscheint. Sorgen Sie u. a. dafür, dass hier tatsächlich möglichst nur noch diese C-Kosten erscheinen.

Doch kann man auch schnell über das Ziel hinausschießen und sich die Mitarbeiterstimmung verderben oder, noch schlimmer, seine Kunden verärgern. Den Mitarbeitern z. B. die jahrelang gewährten kostenfreien Getränke und den Obstkorb zu streichen, erscheint in der Kostenmatrix in Klasse C, allenfalls bei den B-Kosten am unteren Rand. In der Belegschaft setzen Sie damit Signale, die in ihrer Konsequenz weit über die Kostenersparnis hinausreichen können. Und sei es, dass sich gerade die Besten fragen, was in „Ihrem Laden“ los ist, wie das noch weitergehen mag und ggf. sogar Alternativen ins Auge fassen. Also keine so gute Idee. Genauso, wie Sie sich an Klopapier oder Licht nicht gesund sparen können (eine insgesamt effektivere Beleuchtungstechnik kann sich dagegen sehr wohl rechnen), ebenso nicht an den Blumen auf dem Tisch oder der hübschen Deko.

Deshalb lautet eine ganz wesentliche Botschaft: Lassen Sie das Innenverhältnis, die „große Familie“, möglichst lange unangetastet und halten Sie sie stark. Zur „großen Familie“ zählen übrigens Mitarbeiter und Kunden! Verlagern Sie das „Leiden und Zähneklappern“ lieber nach außen, also auf die Lieferanten und sonstigen Zulieferer aller Art. Deswegen können Sie trotzdem fair und freundlich sowie für manch Spaß und gutes Wort mit Ihren Lieferanten aufgelegt sein – aber in der Sache eben klar fokussiert und hart. Eine „Risikoklassifizierung“ (siehe Tabelle unten) kann hierbei hilfreich sein.

Oder beispielsweise die unten stehende Fragenliste, wie mit den einzelnen Positionen zu verfahren ist.

Eine weitere Erkenntnis lautet: Wegnehmen ist immer schwierig, deshalb überlegen Sie sorgfältigst, eine dauerhafte Leistung bei Mitarbeitern oder Kunden überhaupt erst einzuführen. Das Streichen fällt dann nämlich schwer und rückt die Position stets in eine „Risikoklasse“. Verteilen Sie lieber Prämien, spontane Belohnungen (und Lob!), oder überraschen Sie Ihre Kunden mit anlassbezogenen Zugaben „von Herzen“, fahren Sie mehr Aktionen und verstricken Sie sich weniger in zahlreichen „Systemen“.

„Klassen in Klassen“

Einzelne Kostenpositionen lassen sich wiederum klassifizieren, als prominentestes Beispiel dienen die Personalkosten: Wer sind die „teuersten Pferde im Stall“, zum einen hinsichtlich des absoluten Betrages pro Jahr, zum anderen nach ihrem Stundensatz zu Vollkosten? Und sind sie das „wert“? Für eine Vollzeitstelle können Sie 1.700 bis 1.750 effektiv geleistete Arbeitsstunden pro Jahr annehmen, diese rechnen Sie je nach Wochenstundenzahl um. Teilen Sie die Gesamtkosten (Faustformel: Bruttogehalt mal 16 bzw. 15 bei nur 12 Gehältern) durch diese Jahresstundenzahl, und Sie haben einen Vergleichswert für den Stundensatz. Und die Konsequenz für den „Stall“? Pflegen, aufbauen, schlimmstenfalls „peitschen“ und wechseln ...

Warenlieferanten

Für Ihren Wareneinkauf können Sie eine ähnliche ABC-Klassifizierung vornehmen, insbesondere für die ganzen Direktbestellungen. Die Grenze von B zu C kann z. B. bei 500 € bis 1.000 € liegen, erst dann machen die meisten Direktbestellungen Sinn. Als Konsequenz werden Sie feststellen, dass viele C-Bestellungen gestrichen und zu einem anderen Lieferanten umgepolt werden können. Das kann im Einzelfall ebenfalls ein Direktlieferant sein (z.B. Fokussierung auf weniger Firmen im OTC-Segment), oder eben der Großhandel. In jedem Falle ist das ABC-Prinzip auch beim Wareneinkauf zu empfehlen.

Fazit

Kosten und Wareneinkäufe strukturieren, klassifizieren und neutral hinterfragen lautet der Handlungsstrang. Das macht Arbeit, sollte sich aber alsbald auszahlen. Höhere Stundenlöhne werden Sie sonst kaum erzielen, gehen Sie das Thema also an.

Apotheker Dr. Reinhard Herzog, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(10):4-4