Karin Wahl
Der obligate Wandkalender wurde mit Frühbucherrabatt in diversen Formaten und Motiven bereits im Frühjahr geordert. Die Mitarbeiter können sich schon lebhaft ausmalen, welches Geschachere um diese Kalender entbrennen wird, da bestimmt eine große Zahl der Kunden vom „Stamme Nimm“ ist und alles was es gibt einfordert – am besten für die netten Mitbewohner und Bekannten gleich mit. Um des lieben Friedens Willen wird auch dieser Wunsch erfüllt, wissend, dass diese „netten Mitbewohner“ in einer anderen Apotheke einkaufen und dort wohl die gleiche Strategie fahren.
Kunden vom „Stamme Nimm“
Sind die Kalender eingeheimst, kommt ganz sicher noch die Frage: „Und was bekomme ich als guter, treuer Kunde sonst noch?“ Für viele Mitarbeiter und Chefs sind die vier Wochen vor Weihnachten Stress pur, und wenn dann noch der treuherzige Satz einer Kundin kommt: „Ihr Kalender hat bei mir einen Stammplatz auf dem Klo, deshalb sollte er immer das gleiche Format haben!“, ist der Weihnachtshorror eingeläutet.
Anbieter von Werbegeschenken fangen bereits im August an, mit ihren Give-aways für Weihnachten online, per Katalog oder durch persönlichen Blitzbesuch die Apotheken zu beglücken. Dabei gehen die Angebote von Kaffeebechern mit Logo, Christbaumkugeln einzeln verpackt, Kugelschreiber mit Notizblöckchen, Kerzen in allen Variationen, Duschgel mit Logo, Weihnachtstees bis hin zu Ton-Engelchen, Kleinteilen für Kinder u.a.m.
Ganz abgesehen davon, was ein Kunde mit einer einzelnen Christbaumkugel machen soll, muss man die Sinnhaftigkeit dieser Werbemaßnahmen hinterfragen.
Weihnachtstees und Duschgels mit Dekor eignen sich nämlich ebenso wunderbar als günstige Verkaufsartikel und kleine Geschenkideen für Nikolaus oder Wichtelaktionen. Aber als Streuartikel für jeden in der Vorweihnachtszeit führen sie nur zu dem Effekt der möglichen Ungerechtigkeit, weil womöglich so großzügig an alle Kunden vom „Stamme Nimm“ verteilt wurde, dass für Stammkunden in der Woche vor Weihnachten dann nichts mehr da ist. Das führt dann erst recht zu Stress und Frust beim Kunden wie beim Bediener und zu teuren „Hilfs-Ersatz-Geschenken“, um ja den Stammkunden nicht zu verprellen.
Wo gibt es noch Geschenke?
Apotheken dürften inzwischen die letzte Branche sein, in der man zu Weihnachten etwas geschenkt bekommt. Dabei sollten Apotheker die Vorgaben des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) sowie das Antikorruptionsgesetz nicht aus dem Auge verlieren. Andere Branchen haben diese Zugabenpolitik schon lange verlassen zugunsten anderer Strategien.
Warum tun sich manche Apotheker so schwer mit einem Strategiewechsel? Sie befürchten, dass Kunden dann nicht mehr ihre Apotheke aufsuchen. Wäre das wirklich so, wäre das ein Armutszeugnis für die Jahresleistung eines ganzen Apothekenteams! Denn ein begeisterter Kunde wird einen Strategiewechsel im Geschenkverhalten eher fördern und nicht wegbleiben, weil er einen geringwertigen Massenartikel nicht mehr bekommt! Und auf die Schnorrer, die nur in der Weihnachtszeit und dafür öfters aufschlagen, kann jede Apotheke verzichten.
Mut beweisen!
Wer ganzjährig gute und intelligente Marketingstrategien fährt, wird seine Stammkunden immer bei der Stange halten. Das Ende vom Jahr kann er im Ansehen der Kunden krönen, indem er zu Weihnachten eine Social sponsoring-Aktivität durchführt, in welche die Kunden sogar noch einbezogen werden können. Der Vorteil des Social sponsoring ist, dass man damit breit werben und das publikums- und medienwirksam nutzen kann. Die regionale Presse wird sehr gerne darüber berichten, dass ein Scheck oder ein repräsentativer Gegenstand, den sich die Zielgruppe gewünscht hat, an die Einrichtung XY übergeben wurde. Dabei hält sich der Aufwand für solch eine Aktion absolut in Grenzen. Wie geht man vor?
In einer Teambesprechung werden alle lokalen Einrichtungen, mit denen die Apotheke unterjährig und regelmäßig zu tun hat, aufgelistet, wie:
- Alten- und Pflegeheime,
- Kindergärten, KITAs,
- Selbsthilfegruppen,
- Schulen aller Art,
- Jugendfarmen,
- soziale Einrichtungen für benachteiligte Mitmenschen,
- Naturschutzgebiete,
- Tierheime oder Tierparks,
- örtliche kleine Sportvereine,
- Vesperkirchen,
- lokale Integrationsprojekte.
Kann man sich nicht für ein Projekt entscheiden, befragen Sie Ihre Kunden! Erstellen Sie eine Liste und lassen Sie die Kunden abstimmen. Diese werden sich dann viel eher aktiv an der geplanten Spende beteiligen und damit identifizieren!
Um den Spendenbetrag zu ermitteln, hat sich ein Blick in die Werbeausgaben der letzten Jahre bewährt. Man ist immer wieder überrascht, wie sich die vermeintlich kleinen Rechnungen für dies und das aufsummieren.
Je nach Apothekengröße und Umfeld – Stadt- oder Landapotheke – lobt man einen Betrag zwischen z. B. 1.000 € und 2.500 € als Geld- oder Sachspende aus. Da wohl selten eine Apotheke einen Kleinwagen für ein Altersheim alleine stemmen kann, ist zunächst eine Scheckübergabe mit einem übergroßen Scheck ratsamer.
„An die große Glocke hängen“
Bereits Mitte November dekoriert man im Schaufenster die Spendenaktion zu Gunsten der XY-Einrichtung. Man hängt den übergroßen Scheck mit dem Betrag X Euro und Fotos der Menschen und der Einrichtung auf und beschreibt, was man mit dieser Aktion unterstützen will. Fordern Sie auf einem Plakat Ihre Kunden auf, diese Aktion mit zu unterstützen. Dazu werden große, schön weihnachtlich dekorierte Weithals-Standgefäße in Kassennähe platziert. Ist die Einrichtung gemeinnützig, kann diese nach Absprache sogar ab einem bestimmten Betrag einen Spendenbeleg ausstellen, das motiviert zum Mitmachen.
Damit die Kunden nicht „ganz leer“ ausgehen, verteilen Sie an jeden einen schön gestalteten Flyer (lassen sich günstig drucken, z. B. Flyeralarm.de), auf dem die Aktion vorgestellt wird, und überreichen dazu ein Tütchen Apotheken-Pfefferminz, eine Lippencreme (vielleicht sogar selbst hergestellt?) oder einzeln verpackte Lebkuchen. Eine Apotheke, die das seit vielen Jahren praktiziert, zieht eine sehr positive Bilanz. Sie hat im Laufe der Jahre ...
- die alten Trikots der Fußball-Jugendmannschaft mit viel Resonanz ersetzt bei Presse, Verein und Verwandten der Jugendkicker,
- einen kleinen Zoo mit Hasen und Katzen für ein Seniorenheim gesponsert und betreut diesen durch eine tierliebe Mitarbeiterin,
- die Anschaffung eines Fahrzeugs unterstützt zum Transport von Senioren für Ausflüge,
- eine neu gegründete Selbsthilfegruppe finanziell und personell unterstützt,
- einen Zuschuss geleistet für einen nahe gelegenen Bärenpark, ein gesundes Frühstück im Kindergarten und für die Bezahlung von Dolmetschern für ein nahe gelegenes Flüchtlingsheim.
Die Apotheke ist inzwischen für ihr Social sponsoring weithin bekannt und erhält oft schon im Frühjahr Bewerbungen für die Projekte zu Weihnachten. Dabei lobt die Apotheke einen festen Spendenbetrag aus und die sehr wohlwollende Kundschaft unterstützt dies tatkräftig, so dass oft der eingesetzte Betrag sogar verdoppelt werden kann.
Die Kunden sind stolz auf ihre Apotheke. Sowohl die lokale Presse als auch die Lokalpolitiker loben dieses vorbildliche bürgerschaftliche Engagement, das einem Heilberuf angemessener ist als das Verschenken von Taschenmessern, Regenschirmen oder einzelnen Christbaumkugeln. Dass ganz nebenbei sich über die Jahre konstant der Umsatz und der Ertrag steigern ließen, spricht für die Richtigkeit solcher Strategien. Haben Sie Mut und probieren Sie das einfach mal aus. Geringere Kosten und weniger Stress im Vorweihnachtsgeschäft inklusive!
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(17):9-9