Andreas Kinzel
Jeder in der Apotheke kennt sicher die Situation – der Kunde sagt: „Das möchte ich, das habe ich in der Werbung gesehen!“ Ein erfolgreiches Ergebnis von Consumer-Marketing. Dabei spricht der Hersteller direkt den Endkunden an. Der Apotheker hat dann mit einer adäquaten Beratung kaum Chancen, weil der Kunde bereits eine gefestigte Meinung und Überzeugung mitbringt und für objektive Argumente wenig empfänglich ist. Im Gegensatz dazu soll das Trade-Marketing die Apotheke dabei unterstützen, den Kunden von einem Produkt zu überzeugen.
Während die Apotheke mit den klassischen sogenannten vier „P“ (Produkt, Preis, Promotion und Platzierung) arbeitet, setzen Hersteller beim Trade-Marketing auf folgende Instrumente: Sortiment, Beziehungen, Logistik, Konditionen, Promotion und Information. Fragen Sie sich nun: Wird ein optimales Sortiment geboten? Was davon passt zur Apotheke? Wie gestaltet sich die Beziehung? Autoritär oder partnerschaftlich? Wichtig für die Zusammenarbeit sind dabei die Kommunikation (Terminabsprachen!), aber auch die Kooperation und Flexibilität (z. B. Menge/Qualität der Proben, Bestell- und Retourenmodalitäten). Kann der Lieferant, Hersteller oder Großhandel, seine logistischen Versprechen (Liefertreue) einlösen? Werden optionale Teillieferungen angeboten? Ist eine Jahresbevorratung nötig oder kann die Apotheke flexibel bestellen? Übernimmt der Lieferant Aufgaben, um die Apotheke zu entlasten, damit sie ihre Logistik und Lagerhaltung einfach gestalten kann? Wie werden ggf. Sortimentsumstellungen und Neueinführungen gehandhabt?

Partnerschaftliche Informationspolitik
Zu einer partnerschaftlichen Informationspolitik gehört aber auch, die Apotheke über Fehl- und Doppelbestellungen zu informieren und auf anstehende Sonderangebote hinzuweisen. Bei der Promotion ist es wünschenswert, die Apotheke einzubeziehen, z. B. mittels einer vom Hersteller organisierten Aktion, die individuell auf die Apotheke abgestimmt ist. Durch eine solche Partnerschaft kann man Prozesse vereinfachen und den Umsatz zum Vorteil beider erhöhen.
Oft entstehen allerdings zwischen dem Marketing der Apotheke und dem der Hersteller Zielkonflikte. In der Sortimentspolitik streben beide einen Aufbau von Produkt- und Markenimage an, jedoch gelingt dies der Apotheke meist nur mit dem Angebot verschiedener Hersteller. Sie möchte sich in der Regel nicht zu sehr an einen einzigen binden. Ebenso ist die Apotheke an umsatzstarken Produkten interessiert, während Hersteller oft Neueinführungen und Prestigeprodukte pushen wollen. Im Verkauf versucht der Hersteller, seine Produkte immer bestens zu positionieren, z. B. in der Sichtwahl auf Augenhöhe, im Aufsteller oder als Zweitplatzierung. Die Apotheke hingegen bevorzugt dort meist umsatz- und renditestarke Produkte, unabhängig von einer bestimmten Firma, oft in thematischen Zusammenhängen.
Bei der Preispolitik möchte die Apotheke für den Kunden wertgerechte Preise und für sich einen annehmbaren Gewinn. Die Preise können dabei ganz individuell gestaltet sein. Der Hersteller hingegen wünscht sich meist einen festen und stabilen Preis für die Kunden und eine flexible Preisgestaltung in Bezug auf Produkte der Mitbewerber. In der Kommunikation versucht sich die Apotheke als beratungsaktiv und kompetent in allen Gesundheitsfragen darzustellen, durch ihren Einzugsbereich regional beschränkt. Abverkaufshilfen sind hier nur im individuellen POS-Bereich sinnvoll. Hersteller werben oft, auch gegenüber der Apotheke, mit großen Kampagnen, die dann manchmal an den konkreten Bedürfnissen der Apothekenkunden vor Ort vorbeigehen. Ärgerlich ist dabei eine nur sehr temporäre Unterstützung. Ist die Werbung vorbei, bricht auch die Nachfrage ein. Hier sucht die Apotheke häufig vergebens nach echten Partnern.
Der Kunde muss im Mittelpunkt stehen
Beim idealen Zusammenwirken von Apotheken-Marketing, Consumer-Marketing der Hersteller und deren Trade-Marketing entsteht eine erfolgreiche Partnerschaft, bei welcher der Kunde stets im Mittelpunkt stehen sollte. Diese kann sehr vielseitig sein, jedoch sollte sie immer einen Informationsaustausch enthalten und die verschiedenen Marketing-Arten sollten ineinander greifen. Dabei geht dann das Marketing des Herstellers in das der Apotheke über.
Die oft zu stark betonte Sichtwahloptimierung in einer solchen Partnerschaft sollte möglichst objektiv im Sinne der Apotheke gestaltet sein. Die Werbung sollte den Kunden in die Apotheke „ziehen“, jedoch dieser Beratung und Verkauf überlassen. Idealerweise bindet die Werbung des Herstellers den Apotheker als kompetenten Ansprechpartner mit ein. Zusätzlich sollte der Hersteller individuelle Pakete des Sortiments, aber auch an Abverkaufshilfen bereitstellen. Sinnvoll sind Leerpackungen (zur Zweitplatzierung), Regalschienen, Wobbler, Informationsmaterial, Aktionen und ggf. auch Schulungen des Personals.
Vorhandene Konsum- und Verbrauchsgewohnheiten bedeuten eine Entscheidung und Bereitschaft zum Kauf. Die prinzipielle Entscheidung fällt meist schon vor Eintritt ins Geschäft. Selten kommt ein Kunde in die Apotheke, nur um „mal zu schauen“. Hier setzt vornehmlich das Consumer-Marketing an: Der Kunde soll mit einem konkreten Wunsch die Apotheke betreten. Weitere Möglichkeiten sind der Spontan- und Impulseinkauf, aber auch das Beratungsgespräch. Hier setzen Trade-Marketing und Apotheken-Marketing an. Sicherlich kann die Apotheke durch Angebotsflyer oder andere Maßnahmen den Apothekenbesuch als solchen im Vorfeld anregen, doch maßgeblich ist dann die konkrete Kaufentscheidung in der Offizin. Die letzte Entscheidung fällt bei der Anwendung: Nicht immer führt ein Kauf auch tatsächlich zum Verbrauch (siehe Arzneimittelmüll!). So arbeiten im Idealfall Consumer-, Trade- und Apotheken-Marketing miteinander, nicht gegeneinander.
Partnerschaftliches Trade-Marketing orientiert sich an den vornehmlichen Zielgruppen der Apotheke. Manchmal versucht ein Hersteller, aggressiv und am eigentlichen Kundenwunsch vorbei den Absatz anzuregen. Er konzipiert sein Marketing kompromisslos gegenüber den Bedürfnissen der Apotheke, arbeitet ihr gegenüber sogar kontraproduktiv – und erntet dann oft deren Ablehnung, die sich in einer entsprechenden Beratung der Kunden niederschlägt. Auch die Orientierung am Massenmarkt, sowohl im Consumer- als auch im Trade-Marketing, ist meist wenig erfolgreich. Die Apotheke vor Ort ist immer etwas Individuelles. Stimmt der Hersteller daher seine vorgefertigten Marketingelemente mit der Apotheke ab oder erarbeitet für sie gar eigene Konzepte bezüglich Werbung, Dekoration oder Platzierungen, wird das Trade-Marketing erfolgreich sein. Ist dies nicht der Fall, sollte die Apotheke Vorsicht im Beratungsgespräch, aber auch beim Einkauf walten lassen.
Fazit: Gutes Trade-Marketing erfüllt genau die Anforderungen der Apotheke als Bindeglied zwischen Hersteller und Kunde. Der Hersteller erkennt sowohl die Wünsche und Bedürfnisse des Handels als auch des Kunden. Die Apotheke wählt dann einen konkreten Hersteller als starken Partner und bevorzugten Lieferanten. Das sollte den Verkauf der Produkte nachhaltig forcieren. Trade-Marketing ist somit Kundenorientierung gegenüber dem Handel. Der Erfolg erfordert dabei eine konzentrierte Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Apotheke. Die Apotheke ist hier jedoch der Kunde, und „der ist König“. Das dreht vieles um. Erkennen Sie daher die Mechanismen dieses Marketings einschließlich seiner Fallen!

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(17):12-12