Helmut Lehr
Dass ein gemeinschaftliches Ehegattenkonto (Oder-Konto) risikobehaftet ist und Schenkungsteuer auslösen kann, hat der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden1). Hier besteht nämlich insbesondere bei größeren Einzahlungen eines Ehegatten die Gefahr, dass der Betrag hälftig dem anderen Ehegatten zugerechnet und damit geschenkt wird.
Hinweis: Die Finanzverwaltung muss allerdings nachweisen, dass der Beschenkte tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Vermögen verfügen kann. Durch eine klare schriftliche Regelung wird die Schenkungsteuer womöglich vermieden2).
Risiko auch bei Einzelkonten
Natürlich bestehen vergleichbare Risiken auch bei der Übertragung/Verschiebung von Geldern zwischen Einzelkonten der Ehegatten, wie der Bundesfinanzhof aktuell nochmals klargestellt hat3). Im Streitfall hatte der Ehemann 1984 bei einer Schweizer Bank ein auf ihn allein lautendes Konto und Depot eröffnet. 2005 eröffnete die Ehefrau ebenfalls ein Konto/Depot bei dieser Bank, der Vermögensstand des Kontos/Depots des Ehemanns wurde dann vollständig auf das Konto/Depot der Ehefrau übertragen. Nach einer Prüfung der Steuerfahndung erklärte die Ehefrau einen schenkungsteuerpflichtigen Erwerb in Höhe der Hälfte des übertragenen Vermögens. Das Finanzamt versteuerte jedoch den gesamten Konto- und Depotwert.
Hinweis: Weil die Ehefrau bereits zuvor eine Kontenvollmacht für das Konto/Depot ihres Mannes hatte, vertrat sie „verständlicherweise“ die Auffassung, dass ihr wenigstens die Hälfte des Vermögens bereits zuvor zugestanden und sie deshalb nur die („andere“) Hälfte geschenkt bekommen habe. Gemäß einer internen Absprache habe ihr Mann ihren Vermögensanteil quasi treuhänderisch für sie verwaltet.
Beweislast liegt jetzt beim Steuerpflichtigen
Die Klage hatte keinen Erfolg. Im vorliegenden Fall konnte die Ehefrau nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht nachweisen, dass ihr bereits vor der Konto-/Depotübertragung die Hälfte des Vermögens zugestanden hatte. Entscheidend war, dass bei einem Einzelkonto mit Depot in der Regel davon auszugehen ist, dass dem Kontoinhaber der Vermögensstand (Guthaben, Wertpapiere etc.) allein zuzurechnen ist. Dies gilt auch bei Ehegatten. Sofern zugunsten des Steuerpflichtigen etwas anderes gelten soll, muss er dies konkret nachweisen, was im Streitfall nicht gelang.
Auch bei einem Einzelkonto können Ehegatten im Innenverhältnis eine Berechtigung des Ehegatten vereinbaren, der nicht Kontoinhaber ist. Um Nachweisschwierigkeiten, insbesondere bei großen Geldbeträgen zu vermeiden, sollte dies aber möglichst schriftlich und im Vorfeld erfolgen. Ebenso empfehlen sich klare schriftliche Vereinbarungen, wenn das Guthaben auf einem Oder-Konto abweichend von der regelmäßig hälftigen Beteiligung der Ehegatten in einem anderen Verhältnis zugeordnet werden soll.
Freibeträge beachten
Natürlich entsteht nicht bei jedem Vermögenstransfer zwischen Ehegatten sofort Schenkungsteuer, schließlich gilt ein persönlicher Freibetrag von 500.000 €. Eine unbedachte Vermögensübertragung kann aber zum Verbrauch des Freibetrags führen, der ggf. für weitere Erwerbe benötigt wird.
Hinweis: Andererseits kann eine frühzeitige Vermögensverschiebung in Einzelfällen auch gezielt zur Nutzung des Freibetrags eingesetzt werden, weil dieser nach Ablauf von zehn Jahren erneut zur Verfügung steht. Auch eine vorweggenommene Erbfolge lässt sich dadurch womöglich steuergünstig „vorbereiten“, insbesondere wenn die Kinder Schenkungen von beiden Ehegatten erhalten sollen.
1) Vgl. AWA-Ausgabe Mai 2002, Seite 24.
2) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 11 vom 1. Juni 2012, Seite 17.
3) Vgl. Urteil vom 29. Juni 2016, Aktenzeichen II R 41/14.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(19):17-17