Jasmin Theuringer
Im Wesentlichen finden wir drei Ursachen für zu hohe Kosten:
- Der Personalbestand an sich ist zu hoch,
- die Gehälter sind überdurchschnittlich hoch,
- die Personalstruktur ist unausgewogen.
Ein zu hoher Personalbestand soll den Auftakt unserer Beitragsserie bilden. Dieser kann verschiedene Ursachen haben. Nach Übernahme einer Apotheke besteht ein Überhang an Approbierten, während der Elternzeit wurde eine Ersatzkraft unbefristet eingestellt und nach Rückkehr der Mitarbeiterin aus der Elternzeit ist nun ein Arbeitsplatz doppelt besetzt oder der Umsatz bricht weg, sodass nicht mehr genug zu tun ist für alle Mitarbeiter.
Einvernehmliche Lösungen
Vor Ausspruch einer Kündigung sollte überlegt werden, ob es nicht „sanftere“ und auch sinnvollere Möglichkeiten gibt, die Arbeitszeit der Mitarbeiter der Arbeitsmenge anzupassen. Viele Arbeitnehmer sind einer Reduzierung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Reduzierung der Vergütung nicht abgeneigt. Es ist (unabhängig von Betriebsgröße und Kündigungsschutzgesetz) jederzeit möglich, einvernehmlich die Bedingungen des Arbeitsvertrages zu ändern. Sind sich beide Parteien einig, sind hierbei auch keinerlei Fristen zu beachten. Der Steuerberater kann zur Veranschaulichung für den Arbeitnehmer eine fiktive Gehaltsabrechnung erstellen. Aufgrund der Steuerprogression wirkt sich eine Reduzierung des Bruttogehalts oft weniger auf das Nettogehalt aus als befürchtet.
Denkbar ist auch die Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten, siehe z. B. §4 Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter zur Vereinbarung und Umsetzung flexibler Arbeitszeiten. Allerdings bleibt bei diesem Modell das monatliche Gehalt stets das gleiche, sodass eine Flexibilisierung nur Sinn ergibt, wenn vor allem saisonal zu wenig Arbeit vorhanden ist, auf das gesamte Jahr gerechnet jedoch die Personaldecke dem betrieblichen Bedarf entspricht.
Einseitige Lösungen
Kommt eine gütliche Einigung nicht in Betracht oder ist der Apothekenleiter darauf angewiesen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, muss eine Kündigung ausgesprochen werden. Für den Fall, dass einseitig die Reduzierung der Arbeitszeit und damit der Vergütung durchgesetzt werden muss, existiert das Instrument der Änderungskündigung. Dabei spricht kein Arbeitgeber leichtfertig eine Kündigung aus. Zusätzlich fürchten viele Arbeitgeber, eine Kündigung sei stets mit hohen Kosten verbunden, verursacht durch teure Gerichtsverfahren und Abfindungen.
Ob tatsächlich mit der Zahlung einer Abfindung zu rechnen ist, hängt ganz wesentlich von der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ab. Nur wenn ein Arbeitnehmer sich auf Kündigungsschutz berufen kann, hat er die Möglichkeit, eine Klage zu erheben, in deren Verlauf es dann nahezu zwangsläufig zu Verhandlungen über die Zahlung einer Abfindung kommt. Ist das KSchG hingegen nicht anwendbar und besteht zudem kein besonderer Kündigungsschutz, z. B. aufgrund einer Schwangerschaft oder Schwerbehinderung, so kann eine Kündigung auch ohne Vorliegen einer der im Gesetz genannten Gründe ausgesprochen werden. Mit einer Abfindungszahlung ist dann nicht zu rechnen.
Die Frage, ob das KSchG anwendbar ist, hat daher für jede Personalentscheidung zentrale Bedeutung. Das KSchG nimmt sogenannte Kleinbetriebe aus seinem Geltungsbereich aus. Das sind Betriebe, in denen nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Existiert eine Filialapotheke, so sind in der Regel auch deren Arbeitnehmer mitzuzählen. Ausnahmen gelten nur dann, wenn es sich bei der Filiale um einen eigenständigen Betrieb und nicht nur um einen unselbstständigen Betriebsteil handelt. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, ob es in der Filiale einen verantwortlichen Leiter gibt.
Damit ist nicht der Filialapotheker als verantwortlicher Leiter im Sinne des Apothekengesetzes gemeint, sondern ein „Geschäftsführer“, der betriebswirtschaftlich relevante Entscheidungen trifft und das Recht hat, selbstständig Mitarbeiter einzustellen und zu entlassen. Bei einer Filialapotheke bleiben die Kernkompetenzen aber regelmäßig beim Inhaber, sodass es sich bei der Filiale meist nicht um einen selbstständigen Betrieb handelt. Grundsätzlich sind daher Haupt- und Filialapotheke als einheitlicher Betrieb anzusehen und die Arbeitnehmer zusammenzurechnen.
Betriebsbedingte Kündigung
Ist das KSchG anwendbar, muss eine Kündigung durch einen der im Gesetz genannten Gründe gerechtfertigt sein. Dann kommt zur Personalreduktion auch eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Nicht jeder Beweggrund des Arbeitgebers kann jedoch vor Gericht eine Kündigung rechtfertigen, nur weil ein irgendwie gearteter betrieblicher Zusammenhang besteht. Vereinfacht gesagt, ist es nicht ausreichend darzulegen, dass sich Gewinn oder Umsatz verringert haben oder durch die Kündigung gar eine Gewinnsteigerung beabsichtigt ist.
Eine betriebsbedingte Kündigung kommt vielmehr dann in Betracht, wenn sich die Arbeitsmenge reduziert hat und damit einhergehend mehr Arbeitskraft dem Betrieb zur Verfügung steht, als vernünftigerweise notwendig wäre. Dann entfällt der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer. Ein Gewinnrückgang hat nicht zwingend Einfluss auf den Umsatz und die zu bewältigende Arbeitsmenge. Etwas anderes kann aber für einen Rückgang des Umsatzes infolge einer verringerten Kundenfrequenz gelten.
Liegt ein solcher Kündigungsgrund vor, ist zwingend eine Sozialauswahl vorzunehmen. Im ersten Schritt ist zu prüfen, für wen die Beschäftigungsmöglichkeit entfällt, also ob zum Beispiel eine Approbierten-Stelle oder eine PKA-Stelle entfällt. Sodann ist aus der Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer derjenige auszuwählen, der am wenigsten schutzwürdig ist. Vergleichbar sind Arbeitnehmer mit derselben Qualifikation, also diejenigen, die sich gegenseitig vertreten bzw. ersetzen können. Handelt es sich bei einer Filialapotheke, wie es die Regel ist, nicht um einen selbstständigen Betrieb, sind auch die Arbeitnehmer der Filiale in den Vergleich mit einzubeziehen.
Dann ist von den vergleichbaren Arbeitnehmern derjenige auszuwählen, welchen die Kündigung sozial am wenigsten treffen würde. Das ist der Mitarbeiter, der die kürzeste Betriebszugehörigkeit, das jüngste Lebensalter und keine bzw. im Verhältnis zu seinen Kollegen weniger Unterhaltsverpflichtungen hat. Auf die Frage, ob dieser Arbeitnehmer mehr oder weniger Personalkosten verursacht als seine Kollegen, kommt es hierbei nicht an.
Angesichts der Schwierigkeiten, eine betriebsbedingte Kündigung rechtssicher auszusprechen, ergibt stattdessen oft ein Angebot an den Arbeitnehmer, gegen Zahlung einer Abfindung das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen, deutlich mehr Sinn. Verhandlungsbasis für die Höhe einer Abfindung ist in der Regel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Änderung der Arbeitsbedingungen
Soll eine Änderung der Arbeitsbedingungen einseitig durchgesetzt werden, kommt der Ausspruch einer Änderungskündigung in Betracht. Bei einer Änderungskündigung handelt es sich um zwei Erklärungen: Das bestehende Arbeitsverhältnis wird gekündigt, gleichzeitig wird angeboten, das Arbeitsverhältnis zu veränderten Bedingungen, z. B. mit reduzierter Arbeitszeit und Vergütung, fortzusetzen.
Bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes steht dem Arbeitnehmer die Möglichkeit offen, gegen die Änderungskündigung Klage zu erheben. In dem Prozess muss dann vom Arbeitgeber dargelegt werden, dass die angebotenen Änderungen betrieblich notwendig gewesen sind. Die Hürden, die ein Arbeitgeber hier zu nehmen hat, sind indes ähnlich hoch wie diejenigen in einem „normalen“ Kündigungsschutzprozess.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(21):15-15