Jasmin Theuringer
Gerade in alteingesessenen Apotheken, deren Inhaber sich in den letzten Jahren vor dem Verkauf immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat, werden häufig überproportional viele Approbierte oder PTAs beschäftigt. Dadurch werden zwar Engpässe im Handverkauf vermieden, gleichzeitig führt aber eine solche Personalstruktur häufig dazu, dass sich überqualifizierte und entsprechend hoch entlohnte Arbeitnehmer damit beschäftigen, Ware zu verbuchen oder Botengänge wahrzunehmen.
Adäquater Personaleinsatz?
Eine kritische Überprüfung des Personalbestands mit besonderem Augenmerk auf der Frage, ob die Arbeitnehmer berufsspezifisch eingesetzt werden, offenbart mögliche Unausgewogenheiten. Erforderliche und sinnvolle Änderungen in der Personalstruktur rechtfertigen nötigenfalls auch in Apotheken, auf die das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen.
Ebenso häufig sieht sich der neue Inhaber einer alteingesessenen Apotheke damit konfrontiert, dass überproportional viele ältere Arbeitnehmer beschäftigt werden. Einerseits profitiert jede Apotheke vom Einsatz älterer Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Berufserfahrung oft schneller, sicherer und effektiver arbeiten als jüngere und zudem im Idealfall auch noch über eine gewachsene Kundenbindung verfügen. Andererseits sind die Personalkosten dadurch im Vergleich zu dem Apothekendurchschnitt von etwa 11 % deutlich höher, da der Gehaltstarifvertrag Gehaltssteigerungen an Berufsjahre und damit mittelbar an das Lebensalter knüpft. Auch beziehen viele langjährig beschäftigte Arbeitnehmer Gehälter, die deutlich über Tarif liegen.
Zu hohe Gehälter reduzieren?
Um in diesem Fall Personalkosten einzusparen, drängen sich zwei Lösungsansätze auf: Die Gehälter müssen gekürzt oder weniger Arbeitnehmer mit überproportional hohen Gehältern beschäftigt werden. Beide Wege sind ebenso steinig wie radikal und in der Regel einseitig nicht durchsetzbar. Dies gilt insbesondere in den Apotheken, in denen aufgrund der Anzahl der Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz beachtet werden muss.
Eine Kürzung des Gehalts mit dem Argument, 30 % über Tarif sei heutzutage nicht mehr üblich, ist rechtlich nicht durchsetzbar (siehe auch AWA Nr. 23 vom 1. Dezember 2016, Personalkosten zu hoch (Teil2)). Zu hohe Lohnkosten sind auch kein Grund, der die Kündigung eines vermeintlich zu teuren Arbeitnehmers vor Gericht rechtfertigen könnte.
Falle Renteneintritt
Handelt es sich bei dem „teuren“ Arbeitnehmer um jemanden, der kurz vor dem Renteneintritt steht oder möglicherweise das Rentenalter bereits erreicht hat, ist das arbeitsrechtlich ebenfalls nicht relevant. Ein Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch, nur weil der Arbeitnehmer das Renteneintrittsalter erreicht hat. Es ist allerdings möglich, in Arbeitsverträgen zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Renteneintrittsalter des Arbeitnehmers automatisch endet. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, ist eine Kündigung oder eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses notwendig.
Viele Arbeitnehmer wollen – oder müssen – trotz eines möglichen Rentenbezugs jedoch weiterhin arbeiten und kündigen von sich aus nicht. Es stellt sich dann die Frage, ob eine Kündigung durch den Arbeitgeber möglich ist. Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine Altersrente hat, rechtfertigt eine Kündigung durch den Arbeitgeber nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Eine Kündigung mit dem Argument, der Arbeitnehmer sei pensionsberechtigt, stellt eine Diskriminierung wegen des Alters dar. Dies gilt selbst in einem Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist (Bundesarbeitsgericht BAG vom 23.7.2015, 6 AZR 457/14), das Antidiskriminierungsgesetz aber sehr wohl. Auch in einem Kleinbetrieb sollte daher eine Kündigung weder mit dem Alter des Arbeitnehmers noch mit dem Rentenanspruch begründet werden.
Betriebsbedingte Kündigungen mit Sozialauswahl
Wenn in der Apotheke der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen unvermeidlich ist, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl vornehmen. Er muss also abwägen, wen die Kündigung unter sozialen Gesichtspunkten am wenigsten hart trifft. Das wird in der Regel ein jüngerer Arbeitnehmer sein, der auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen hat und gleichzeitig weniger Unterhaltspflichten.
Um dennoch zu verhindern, dass Betriebe so nach und nach „überaltern“, gibt das Gesetz einem Arbeitgeber die Möglichkeit, aus der Sozialauswahl einzelne Arbeitnehmer herauszunehmen, um so eine ausgewogene Altersstruktur in seinem Betrieb zu sichern (§ 1 Absatz 3 Kündigungsschutzgesetz).
Gruppenbildung
In der Praxis wird das regelmäßig so gehandhabt, dass der Arbeitgeber Altersgruppen bildet und die Sozialauswahl dann innerhalb der Altersgruppen vornimmt. Es wird also nicht mehr zwischen der sozialen Schutzwürdigkeit der 30jährigen PTA und der 55jährigen PTA entschieden, sondern die Abwägung geschieht nur innerhalb der jeweiligen Altersgruppe. Das Bundesarbeitsgericht hält zwar die Bildung solcher Altersgruppen für zulässig. Jedoch muss der Arbeitgeber zusätzlich begründen können, welche Nachteile der Betrieb hätte, würde man eine übliche Sozialauswahl durchführen, und wie eine Altersgruppenbildung dem entgegenwirken kann.
An dieser Stelle sind hohe Lohnkosten älterer Arbeitnehmer kein Argument. Es muss tatsächlich dargelegt werden können, weshalb die Apotheke auf eine ausgewogene Altersstruktur der Arbeitnehmer angewiesen ist. Diese Rechtsprechung entspricht der Tendenz des Bundesarbeitsgerichts, die Latte für den Arbeitgeber so hoch zu legen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten nur noch unter größten Schwierigkeiten ausgenutzt werden können.
Kündigungsschutzgesetz
Beschäftigt die Apotheke in der Regel höchstens 10 Arbeitnehmer, gilt das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich nicht. Der Ausspruch einer Kündigung muss also weder begründet noch vor Gericht gerechtfertigt werden. Das gilt für die Kündigung eines jungen Arbeitnehmers ebenso wie die eines älteren. Im Wege einer sogenannten Änderungskündigung ist es zudem möglich, Arbeitnehmer vor die Wahl zu stellen, ob sie künftig zu einem geringeren Gehalt beschäftigt werden möchten oder den Betrieb verlassen. Diese Maßnahmen reduzieren zwar die Personalkosten, sind jedoch im Hinblick auf die Zufriedenheit und Motivation der Arbeitnehmer in höchstem Maße kontraproduktiv.
In Apotheken, die nicht zuletzt von der Freundlichkeit, Motivation und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter im Handverkauf leben, ist die Wichtigkeit eines guten Betriebsklimas nicht zu unterschätzen. Bevor also Kündigungen oder Änderungskündigungen in Betracht gezogen werden, um Lohnkosten zu senken, sollte das Gespräch gesucht werden mit dem Ziel, zumindest einen Teil der übertariflich gezahlten Gehälter künftig als Tantieme auszuzahlen, die sich am Erfolg des einzelnen Arbeitnehmers und am Erfolg der Apotheke orientiert.
Fazit: Mitarbeiter sollten entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden. Eine PTA sollte nicht regelmäßig mit Aufgaben der Warenwirtschaft betraut werden, eine PKA keine Botengänge machen. Notwendige Änderungen in der Personalstruktur sollten umgesetzt werden. Überproportional hohe Gehälter sollten mit den Arbeitnehmern verhandelt werden mit dem Ziel, künftig die Höhe des Gehalts weniger an den Berufsjahren, sondern mehr an der individuellen Leistung auszurichten.
Die folgende Abbildung fasst das Thema „zu hohe Personalkosten“ zum Abschluss der Serie noch einmal synoptisch zusammen.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(01):14-14